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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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registriert?«
    »Ist das wichtig?«
    Sehr wichtig. »Nicht wirklich.« Lebenswichtig! »Auf deinen Namen?«
    Er nickte und mir wurde schwindelig. »Was passiert mit dir, wenn sie erfahren, dass du sie mir gegeben hast?«
    Er lächelte. »Erzähl es besser keinem.«
    »Sag es mir, Neél!« Es war keine Frage, es war eine Forderung.
    »Dasselbe wahrscheinlich, was dir passiert, wenn du sie brauchst und nicht hast. Nimm sie schon, steck sie weg.«
    Widerwillig schob ich die Pistole zwischen meinen Bauch und den Hosenbund. Sie war eisig, ich lenkte mich davon ab, indem ich mich auf die kleine Tasche am Rücken meines Hemdchens konzentrierte. Genau zwischen meinen Schulterblättern lag sie und war ganz warm: meine wilde Malve.
    Ein letztes Mal nahm Neél mich in die Arme. Stark fühlte sich sein Körper an, sehnig und muskulös, und zum ersten Mal seit Langem versprach mir das keine Sicherheit mehr. Die anderen Percents waren nicht weniger stark.
    Es kam nicht mehr zu einem letzten Kuss. Seine Nase streifte meine, seine Fingerspitzen meine geschlossenen Lider. Dann hörten wir die Rufe. Es ging los - alle Chivvy-Teilnehmer machten sich gemeinsam auf den Weg.
    Wir gingen in Formation die Straßen entlang: zunächst ein Dutzend Percents, die die Jagd überwachten, zu zweit nebeneinander. Dann die Varlets, ihre Soldaten dicht hinter ihnen. Neél und ich gehörten zu den Letzten. Ich versuchte, die Menschen zu ignorieren, die in den Haustüren und hinter den Fenstern standen. Dabei fiel mir auf, dass Neéls lockere Haarsträhne nicht das einzige Zeichen war, das seinen Wunsch nach Veränderung ausdrückte. Alle anderen Varlets führten ihre Soldaten an einer Kette, die an einer Schelle um den Hals oder das Handgelenk befestigt war. Ich fing den einen oder anderen verwunderten Blick aus den Zuschauerreihen auf. Denn ich ging neben Neél. Frei. Mit erhobenem Kopf. Und so dicht, dass ich nur den Finger hätte ausstrecken müssen, um seine Hand zu berühren.
    Je näher wir der Stadtgrenze kamen, desto mehr Leute standen auf den Straßen. Manche wichen nur so weit zurück, dass wir gerade eben an ihnen Vorbeigehen konnten, ohne sie anzurempeln. Sie starrten uns Soldaten an - einer hob sogar die Hand und tastete den Mann vor mir ab wie ein Pferd, das zum Verkauf stand. Als der Typ sich mir zuwandte, bleckte Neél die Zähne und stieß ein Fauchen aus.
    »Wettorganisatoren«, erklärte er mit unbewegtem Gesicht, sobald wir außer Hörweite waren.
    »Oh ... okay. Wie ist meine Quote?«
    »Deine ist die höchste, was bedeutet, dass sie dir miserable Chancen zugestehen. Aber ich habe eine kleine Handvoll Münzen auf dich gewettet und morgen früh bin ich ein reicher Mann.«
    »Schön für dich«, antwortete ich sarkastisch.
    »Hab keine Angst. Du bist gut. Ich würde alles, was ich habe, auf dich verwetten.«
    Ich musste lächeln.
    Und dann verging es mir, mein Lächeln, denn die ersten Soldaten wurden von ihren Ketten befreit; nacheinander traten sie vor und gingen zum Stadttor. Das Chivvy begann.
    Einige Städter bildeten eine Gasse für die Soldaten, andere klebten regelrecht am Zaun, von wo sie die beste Sicht hatten. Beängstigend war die Geräuschkulisse. Es gab keine. Ich hätte nie geglaubt, dass so viele Menschen derart still sein konnten. Selbst die Vögel hörte man kaum, sie hatten sich vorsorglich zurückgezogen. Kluge, kleine Biester, auch ich hätte gerne die Flatter gemacht.
    »Joy. Viel Glück.« Neél berührte meinen Handrücken, dann bog er nach links ab, zum Treffpunkt der Varlets, während ich weiter geradeaus gehen musste. Zum Tor.
    Ich wollte ihm danken, noch etwas sagen, wenigstens mit einem Blick. Aber als ich über meine linke Schulter sah, war Neél bereits zwischen etlichen Rücken, Gesichtern und Haarschöpfen verschwunden.
    Nun galt es, nach vorn zu schauen, durch das Tor zu treten und dann um mein Leben zu rennen. Notfalls - nein, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - auch zu kämpfen. Ich hob meinen Kopf und biss die Zähne zusammen, was mir hoffentlich etwas Entschlossenes, Zorniges verlieh. In Wahrheit hielt ich mit all meiner Kraft die Tränen zurück.

39
    ich bin wie er.
    Ein letztes Mal zog Matthial Linien in den sandigen Boden und überprüfte die Pläne. Nicht dass es jetzt noch etwas genutzt hätte, denn alle Krieger - seine, die beiden Kämpfer von Jamie sowie Mars und Steven, den Mars mitgebracht hatte - waren auf dem Weg zu ihren Posten. Er tat es aus Gewohnheit, weil er es

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