Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
geschehen ist, bin ich zum Schluss gekommen, dass ich dich nicht länger beschützen kann. So sehr ich es auch wollte. Du sollst die Wahrheit erfahren. Du hast ein Recht darauf zu wissen, wer du wirklich bist.»
Katara schluckte. «Was meinst du damit?»
«Meine kleine Feuerblume, was ich dir sagen möchte, ist …» Er atmete tief durch und sah das Mädchen eindringlich und voller Liebe an. «Du bist nicht meine leibliche Tochter, Katara. Und deine Mutter – Gott möge ihr Frieden geben – war nicht deine leibliche Mutter.»
Katara sah Goran verwirrt an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
«Ich weiß, das ist wahrscheinlich kein guter Zeitpunkt, dir das alles zu sagen. Aber deine Mutter und ich, wir hatten Befehl zu schweigen.»
«Von wem?», fragte Katara. Es war ihr auf einmal etwas schwindlig.
«Der Tag, an dem du geboren wurdest, wäre der Tag deines Todes gewesen. Der einzige Grund, warum du am Leben bist, ist, weil deine Mutter und ich geschworen haben, dir nie zu sagen, wer deine richtigen Eltern sind.»
«Aber warum?»
«Als dein leiblicher Vater erfuhr, dass seine Frau ihm keinen Sohn, sondern eine Tochter geboren hatte, wollte er dich töten lassen. Aber ich habe um dein Leben gefleht. Deine Mutter und ich konnten keine eigenen Kinder bekommen, hatten uns aber immer welche gewünscht. Also bat ich deinen leiblichen Vater, dich als unsere Tochter aufziehen zu dürfen. Er willigte ein – unter der einzigen Bedingung, dass wir niemals, unter gar keinen Umständen, deine wahre Identität preisgeben dürften. Denn der Tag, an dem du oder sonst irgendjemand das Geheimnis deiner Herkunft erfahren würde, so schwor mir dein leiblicher Vater, würde auch gleich dein Todestag sein.»
Er machte eine Pause, und Katara hörte ihm atemlos zu.
«Warum denn?», flüsterte sie und fürchtete gleichzeitig die Antwort auf diese Frage.
«Weil du von königlichem Blut bist, Katara», antwortete ihr Goran unverblümt, und die Wahrheit traf Katara mit einer solchen Wucht, dass sie das Blut in ihren Schläfen pulsieren spürte. «Dein leiblicher Vater ist Drakar der Erste. Und Drakar der Zweite ist dein Bruder. Du bist eine Prinzessin, Katara. Du bist die nächste Thronfolgerin von Dark City, falls dein Bruder keine Kinder zeugt.»
Ein Schauer durchfuhr Katara. Wie angewurzelt saß sie da und versuchte, das Gehörte irgendwie zu verdauen. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf.
Drakars Schwester … eine Prinzessin … die nächste Thronfolgerin … Das kann doch nicht sein!, dachte sie, während sie das Gefühl hatte, alles um sie herum würde zu schwanken beginnen.
«Weiß Drakar davon?», fragte sie leise.
«Er hat es immer gewusst», sagte Goran.
«Aber er würde mich doch nicht … töten lassen?»
Der schwarze Ritter gab ihr keine Antwort.
«Das würde er doch nicht tun, oder?»
Goran drückte ihre Hände noch fester. «Katara, du bist das Wertvollste, was ich im Leben habe. Ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren. Und darum musst du mir versprechen, all das, was ich dir gesagt habe, für dich zu behalten. Versprichst du mir das?»
Katara hörte gar nicht richtig zu. Ihre Gedanken kreisten noch immer um ein und dieselbe Frage, die ihr keine Ruhe mehr ließ.
«Bitte, Vater, sag mir die Wahrheit. Wenn Drakar wüsste, dass du mit mir geredet hast: Würde er mich … würde er mich umbringen, weil ich seine … seine Schwester bin? Würde er das tatsächlich tun?»
Der schwarze Ritter senkte den Blick, und ein tiefes Seufzen entfuhr seiner Brust. «Ich fürchte ja, mein Kind. Ich fürchte, er würde es tun.»
Kataras Augen flackerten in der Dunkelheit. Sie zog ihre Hände aus den Händen ihres Vaters, erhob sich und taumelte verstört davon. Goran ließ sie gehen und folgte ihr nicht.
Niemand bemerkte es, als sich wenige Stunden später ein Mädchen aus dem Lager stahl. Flink wie eine Katze schlängelte es sich zwischen den schnarchenden Männern hindurch, huschte lautlos an den Soldaten vorbei, die Wache hielten, und schlich sich zu den Pferden hinüber. Es suchte seinen Fuchs, sattelte ihn leise, schwang sich, ohne das Pferd auch nur zu berühren, hinauf und ritt in die finstere Nacht hinaus.
59
Das unverkennbare Geräusch von Hufen riss Joash jäh aus seinen Träumen. Die kalte Nacht war einer grauen, nebligen Morgendämmerung gewichen. Joash robbte nach vorn und lugte über den Rand der Felskante auf das Nachtlager seiner Freunde hinunter. Er hatte sich eine schmale
Weitere Kostenlose Bücher