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Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Titel: Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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Baumkrone, sich zu Aliyah hinunterzuneigen und sie an der Schulter nach unten zu pressen. Aliyah wand sich wie ein Wurm, und der Baum musste sich beinahe aus dem Boden reißen, um ihrer immensen Kraft zu widerstehen. Langsam gelang es den Bäumen, das Ungetüm in die Knie zu zwingen. Wurzeln schlugen von unten aus und legten sich wie eiserne Schnallen um ihre Gelenke und ihre Hüfte, bis sie schließlich gebändigt auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegen konnte.
    Sihana, Joash und Nayati sahen dem Spektakel aus sicherer Entfernung und nicht ganz unbesorgt zu. Miro näherte sich der riesigen Aliyah schweißüberströmt und außer Puste. Der innere Kampf hatte ihn körperlich völlig ausgelaugt.
    «Aliyah?», fragte er vorsichtig und berührte ihre Schulter.
    Erst rührte sie sich nicht. Aber dann wurde ihr Körper plötzlich von einem Weinkrampf geschüttelt. Sie begann zu weinen und klagen, und mit einem Mal wurde sie kleiner und kleiner, bis sie wieder auf ihre normale Größe zusammengeschrumpft und nur noch ein kleines, schluchzendes, nacktes Häufchen Elend war. Miro schickte die Schlingpflanzen und Äste fort, legte seinen Umhang um Aliyah und kniete neben dem Mädchen nieder. Auch Sihana, Joash und Nayati eilten herbei. Sihana legte ihr tröstend die Hand auf den Rücken. Nayati stupste sie von unten mit der Schnauze an und gab ebenfalls ein Winseln von sich. Aliyah kauerte gekrümmt auf dem Boden, hatte das Gesicht in den Händen vergraben und weinte bitterlich.
    «Mann, du hast uns vielleicht einen Schrecken eingejagt», sagte Joash und betastete seine Wange, die noch immer schmerzte von dem Kinnhaken, den sie ihm verpasst hatte. «Wusste gar nicht, dass du so zuschlagen kannst, Kleine. Dein rechter Haken hat’s in sich. Voll die Tortur, ey. Und hätte mich die Liane nicht im letzten Moment aufgefangen, ich glaub, ihr hättet mich vom nächsten Baum abkratzen können. Ohne Scherz.»
    «Es tut mir so leid», schluchzte Aliyah, «das … das wollte ich nicht. Das wollte ich wirklich nicht. Es … es ist einfach passiert.»
    «Ist schon in Ordnung», beruhigte Miro sie. «Was auch immer das Dunkle war, das aus dir herausgekommen ist, wir haben es bezwungen.»
    «Danke», schniefte Aliyah. «Ich glaube … ich hätte es alleine nicht geschafft.»
    «Dazu sind Freunde doch da, oder?», sagte Miro großmütig.
    «Wenn ich ehrlich bin: Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ausgerechnet du dich in ein Monster verwandelst», gestand Sihana.
    «Tja, so kann man sich täuschen, nicht wahr, Leuchtkäfer?», knurrte Joash und warf Sihana einen betont finsteren Blick zu.
    «Ich war plötzlich so entsetzlich wütend», schluchzte Aliyah. «Es ist auf einmal … alles aus mir herausgebrochen, was sich über all die Jahre … in mir angestaut hat. Ich … ich konnte nichts dagegen tun. Ich habe mir … nicht ausgesucht, blind zu sein. Onkel Fingal hat mich, als ich damals mit neun Jahren blind wurde, wie ein … ein Stück Dreck behandelt. Er sagte, ich … ich hätte es nicht anders verdient, weil ich … eine Hexe sei. Ich kam mir so … so schlecht vor. Ich dachte, ich hätte alles falsch gemacht … Ich dachte, Gott hätte mich für irgendetwas bestraft … Ich war so wütend auf ihn … so wütend auf alle, die sehen können … auf euch … es tut mir so leid! Es tut mir so furchtbar leid!» Und wieder wurde ihr zarter Körper durchgeschüttelt, und sie schrie und weinte und wollte nicht mehr aufhören damit.
    «Schsch», machte Sihana leise und hielt Aliyah fest. «Jetzt ist alles gut, Aliyah. Es ist alles gut.»
    Aliyah richtete sich vom Boden auf und warf sich schluchzend in Sihanas Arme. Sie klammerte sich an sie und weinte mit geschlossenen Augen.
    «Ich will sehen können!», wimmerte sie verzweifelt. «Ich will doch nur sehen können!»
    «Und ich dachte immer, du steckst das alles so locker weg», murmelte Joash und sah das Mädchen liebevoll an. «Ich würde dir echt helfen, wenn ich es könnte, das kannst du mir glauben, Kleine.»
    Nayati schubste Miro an . Sag ihr, sie solle mich ansehen.
    Dich ansehen?, fragte Miro ungläubig. Aber sie ist doch …
    Sag es ihr!
    «Nayati sagt, du sollst ihn ansehen.»
    Aliyah ließ Sihana los und tastete mit ihrer Hand nach Nayatis Pfote, die er auf ihren Oberschenkel gelegt hatte.
    Sag ihr, sie soll die Augen öffnen und mich ansehen!
    «Öffne die Augen und sieh Nayati an!», sagte Miro, selbst überrascht von seiner festen Stimme.
    Aliyah rieb sich die Tränen aus

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