Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
Mädchen wären ein unergründliches Phänomen. Er meint, das läge daran, dass Mädchen Sammler seien und Jungs Jäger.»
«Oh ja, und morgen gehen wir auf Drachenjagd!», grunzte Joash und knackte mit den Knöcheln. «Voll das Abenteuer, ey!»
Wollen wir bloß hoffen, dass er kein Feuer speit, dachte Miro.
Und dass uns Drakars Soldaten nicht vorher einholen, ergänzte Nayati, und Miro glaubte, Besorgnis in seiner sonst immer so ruhigen Stimme zu hören. Er versuchte es zu ignorieren und marschierte los. Nayati, Sihana, Joash und Aliyah folgten ihm.
58
Die Sicherheitsgarde hatte ihr Nachtlager in einem engen Seitental auf der Südseite des Cardona-Flusses, nordwestlich des Eulenwalds, aufgeschlagen. Auf Drakars Befehl hin hatte sich Goran in Mörthal noch mehr Männer für die Jagd nach den Jugendlichen besorgt und seine Truppe auf hundert Soldaten erweitert. Der Abstand zwischen den Flüchtigen und ihren Verfolgern wurde von Stunde zu Stunde geringer. Die neuste Schnellnachricht, die Drakar auf Gorans Kommunikator übermittelt hatte, besagte, dass die Jugendlichen den Wald der Offenbarung hinter sich gelassen hatten und sich seit über einer Stunde nicht mehr vorwärtsbewegten. Sie würden wohl erst am nächsten Morgen weiterziehen, und wo auch immer sie hinzugehen gedachten, die Soldaten würden sie einholen, auch wenn sie noch den Fluss überqueren mussten. Diesmal gab es kein Entkommen mehr. Morgen würden die jungen Hexer und Hexen endgültig gefasst sein.
Die hundert Männer hatten sich in kleine Gruppen aufgeteilt, und an mehreren Stellen köchelten Eintöpfe über Kochkerzen. Es war schon dunkel, als ein Soldat Goran und Katara die warme Mahlzeit mit einem Stück Brot und abgekochtem Wasser servierte. Vater und Tochter setzten sich etwas abseits der Männer auf einen Stein und aßen schweigend. Obwohl sie den ganzen Nachmittag nebeneinander hergeritten waren, hatten sie noch kein Wort gewechselt.
«Es tut mir leid, was heute passiert ist», sagte Goran schließlich und rührte mit einem Bissen Brot in seiner Schale herum. «Dass Mangol von dir verlangte, diesen Hexer zu töten, war nicht in Ordnung. Er wollte deine Loyalität Drakar gegenüber unter Beweis stellen.»
«Ich weiß», antwortete Katara trocken. «Er lässt keine Gelegenheit aus, um mich für das zu bestrafen, was ich getan habe. Ich spüre seine Missbilligung, seit wir die Burg verlassen haben. Er wartet nur darauf, dass ich einen Fehltritt mache.»
«Wenn es nach mir gegangen wäre, ich hätte dich nicht mitgenommen», sagte der erste schwarze Ritter, «aber Drakar hat darauf bestanden. Er meinte, du müsstest Gehorsam lernen.»
Katara seufzte. «Ich komm schon klar damit. Ich habe geschworen, meinem König zu dienen, und das werde ich tun. Ich werde dich nicht noch einmal enttäuschen, Vater.»
Goran runzelte die Stirn. Er ließ seine Augen über das Camp gleiten. Ein paar Soldaten tränkten die Pferde und fütterten sie mit dem Kraftfutter, das ihnen die Sicherheitsgarde von Mörthal mit auf den Weg gegeben hatte. Einige der Männer hatten sich bereits in ihre Decken gewickelt und versuchten zu schlafen. Andere spielten im Schein von Kerzen Karten. Ein Raunen war zu hören, ab und zu lachte jemand.
«Katara», sagte Goran ernst und sah zu seiner Tochter hinüber. «Es gibt etwas, das ich dir sagen muss.»
Katara nahm einen Schluck Wasser aus ihrem Becher und sah ihren Vater erwartungsvoll an. Er ließ sich Zeit. Offenbar fiel ihm das, was er sagen wollte, schwer.
«Ich möchte, dass du nie daran zweifelst, dass ich dich liebe», begann der schwarze Ritter, und Katara wurde es etwas mulmig zumute, als er das sagte.
«Ich weiß, dass du mich liebst», murmelte sie, «warum sagst du das?»
«Weil ich …» Er brach ab, drehte sich seiner Tochter zu und nahm ihre Hände in die seinen. «Hör mir zu, Katara: Es gibt etwas, das ich dir nie erzählt habe, weil ich um dein Leben fürchtete. Ich habe all die Jahre geschwiegen, um dich zu beschützen. Ich dachte, solange du das Geheimnis nicht kennst, wärst du in Sicherheit.»
«Was für ein Geheimnis, Vater?»
Goran suchte nach Worten. Und mit jedem Augenblick, der verstrich, wurde Katara unruhiger. Sie spürte das Gewicht von dem, was er ihr anvertrauen wollte, obwohl sie sich nicht im Geringsten ausmalen konnte, worum es eigentlich ging.
Der erste schwarze Ritter nahm einen weiteren Anlauf. «Nach all den Ereignissen in den vergangenen Tagen und vor allem nach dem, was heute
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