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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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um ihn zu legen wie zwei steife Gummischläuche. Ich hasste es, Mitleid zu empfinden, aber es war überall in mir und ging nicht weg.
    »Erinnerst du dich daran, als du Penny und mir von dem Rebellenlicht erzählt hast? Ich habe eins gesehen, glaubst du mir das?«
    Er legte die Stirn in Falten. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Ein Lichtstrahl, der Dark Canopy durchdringt und die Erde berührt! Daran musst du dich doch erinnern.«
    »Wirklich nicht, tut mir leid.«
    Ich war fassungslos und versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen. Hatte er es vergessen, als er in die Stadt zurückgegangen war? Oder - diese Idee machte mich ganz beklommen - war es gar nicht er gewesen, der meiner Schwester und mir davon erzählt hatte, sondern jemand anders, und meine Erinnerung hatte das durcheinandergebracht? War es womöglich Mars gewesen?
    Meine Versuche, mich an früher zu erinnern, an den Mann, der mein Vater gewesen war, machten alles nur noch schlimmer. Ich wollte so gerne die Verbundenheit spüren, die einmal zwischen uns bestanden haben musste. Als ich ein Kind gewesen war, sein Kind. Ich hatte zu ihm aufgesehen und ihm ausnahmslos alles geglaubt.
    Aber alles, was ich nun zustande brachte, war Mitleid, Mitleid einem alten, kranken, stinkenden Mann gegenüber, der mit meinem Bild von meinem Vater nicht mehr viel gemein hatte.
    »Kann ich irgendetwas tun?«, fragte ich. »Braucht ihr Münzen, etwas zu essen? Hilfe beim ...« Ich stockte, da ich ihn nicht beschämen wollte, sprach aber trotzdem weiter. »Beim Saubermachen?«
    Er senkte den Kopf. »Essen ist immer knapp.«
    »Ich kann etwas auftreiben.«
    Er wechselte das Thema, es war ihm peinlich. Lieber wollte er wissen, wie ich gelebt hatte, wie ich in die Stadt gekommen war und was ich nun machte.
    Ich tat, was ich für das einzig Richtige hielt. Ich log und log und log. Es waren nur ein paar Punkte, die ich wegließ oder abänderte, aber es waren die entscheidenden Punkte: Amber, mein Bruch mit Mars, das Chivvy, mein Bruch mit Matthial. Neel. Selbst dass ich die Arbeit in der Bar - die ich für ihn in eine harmlose Garküche umwandelte - verloren hatte, erzählte ich ihm nicht.
    Es war meinem Vater nicht zuzumuten zu erfahren, was wirklich aus mir geworden war und wie unsicher sich mein Leben anfühlte. Wie soll ein Mann friedlich sterben, während seine Tochter im Sturm trudelt?
    »Und wie sehen deine Pläne aus, Kind?« Seine Frage berührte den wundesten Punkt überhaupt. Es gab keine Pläne, und das war das Problem, denn so, wie es war, konnte ich nicht weitermachen.
    »Mal schauen«, meinte ich ausweichend, »was sich so ergibt.«
    Ich musste an das Lied denken, das Tara für ihren Bruder Tom gesungen hatte. Wo sind all die Engel hin, von denen uns der Vater sang.
    Seit ich ihr gelauscht hatte, wünschte ich mir, meinen Vater nach diesen Engeln zu fragen - wer sie waren. Doch jetzt konnte ich es nicht mehr. Ich hatte zu viel Angst, er würde sich auch daran nicht erinnern, und das würde einen endgültigen Bruch zwischen meinem starken Vater von früher und meinem kranken Vater von heute bedeuten. Einen Bruch, den ich nicht wollte.
    Er musste einfach wissen, wer diese Engel waren. Ich fragte nicht.
    Als es an der Zeit war zu gehen, erhob sich mein Vater trotz offensichtlicher Schmerzen und umfasste meine Schultern. Erst jetzt registrierten wir beide, dass ich ein wenig größer war als er. Wie seltsam. In meinen Kindheitserinnerungen war er der größte Mann von allen - so groß wie die Percents. Auch er schien verwundert, ungläubig schüttelte er den Kopf.
    »Ich komme bald wieder«, versprach ich. Sehr bald. Mit allem an Nahrungsmitteln und Seife, was ich auftreiben konnte.
    »Das musst du nicht. Mach mir einfach Ehre und sei ein gutes Mädchen.«
    Mir wurde kalt. Erneut fand er genau die Worte, die ich am wenigsten hören wollte. Zu spät, hätte ich fast gesagt, aber ich erinnerte mich zu gut an das böse Gefühl, das dieser Vorwurf verursachte, wenn man für die vergangene Zeit nur begrenzt die Verantwortung trug. Versprechungen machen konnte ich ihm allerdings auch nicht. Ich war kein gutes Mädchen - weder aus menschlicher Sicht noch aus der der Percents.
    Schließlich sagte ich: »Ich bin schon lange kein Mädchen mehr. Tut mir leid.«

29
    wenn du mich je verläset,
    dann lass mich mit dir kommen.

    Joy war sehr still, als sie sich auf den Rückweg zu seiner winzigen Wohnung machten. Sie mieden die belebten Viertel der Stadt, hielten sich auf den

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