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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Gesicht zwischen seine Hände. Seine plötzliche Zärtlichkeit war so intensiv, dass sie mich zum Weinen brachte. Neel küsste mir die Tränen weg.
    »Das verstehe ich«, murmelte er an meiner Haut. »Ist schon gut, ich verstehe.«
    »Du bist nicht mehr böse?«
    »Ich war unglaublich wütend. Nicht, weil er da war. Ich hatte mir so sehr gewünscht, ihn wiederzusehen. Ich hätte mein Leben gegeben, um derjenige zu sein, der ihm diesen Bolzen in den Bauch jagt. Du hast mir nicht nur diesen Mann, den ich so gefürchtet habe, vor die Füße gelegt, du hast mir gleichzeitig meine Möglichkeit zur Vergeltung genommen. Du hast ihn gerettet. Ich konnte ihn nicht mehr töten. Das war das Schlimmste.«
    Ich verstand ihn. Wie konnte ich ihn nicht verstehen, da ich ihn doch in Matthials Verlies erlebt hatte.
    »Du brachtest ihn mir halb tot. Vollkommen hilflos. Ich konnte nichts tun, ich musste einfach zusehen, wie mein Wunsch nach Rache langsam verreckte.« »Es tut mir leid«, erwiderte ich, denn das tat es wirklich. »Und was ist mit Josh? Hegst du ihm gegenüber keine Rachegedanken mehr?«
    Neel schüttelte den Kopf, als hätte ich etwas Dummes gesagt. »Trägst du mir nach, dass ich dich fürs Chivvy hart trainiert habe?«
    »Du musstest das tun.«
    »Und ebenso musste Josh tun, was er getan hat. Er hatte keine Wahl, er traf keine eigenen Entscheidungen. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er etwas gelernt hat und heute anders entscheiden würde.«
    Ebenso wie Matthial, dachte ich, ließ den Einwand aber unausgesprochen. Stattdessen sagte ich: »Das geht vermutlich vielen so.«
    Ich musste an all die Menschen denken, von denen mich jetzt das Meer trennte. Amber. Alex. Valeria und Killian. Meinen Vater. Penny und ihren Sohn. Das Mädchen mit den hundert Zöpfen. Ob sie noch lebten?
    Auch an Rick und Rogue musste ich denken. Wie groß mochten die Chancen stehen, dass sie überlebt hatten?
    Sie alle waren halb durchsichtig in meinem Kopf, weil unsere Leben sich getrennt hatten und sie unerreichbar für mich geworden waren. Ich würde vermutlich nie erfahren, was mit ihnen geschehen war. Trotzdem waren sie so schwer in meinem Herzen.
    Doch andererseits ... wollte ich denn, dass sie gingen und ich nicht mehr an sie denken und über sie nachgrübeln musste?
    »Joy? Bist du in Ordnung?«
    Ob ich ... in Ordnung war? Ich war mir nicht sicher.
    »Sie fehlen mir alle so«, hauchte ich. Ich hauchte nie, es fiel mir auf und irritierte mich. »Hört das jemals auf?«
    »Soll es das denn?«, fragte Neel sanft.
    Ich überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. Nein. Das wäre nicht richtig. Man sollte sie nicht vergessen, um selbst leichter zu leben.
    Wir saßen eine lange Zeit dicht beisammen, als könnten wir uns nach der Einsamkeit der letzten Tage nicht mehr loslassen.
    »Würdest du heute auch anders entscheiden?«, fragte ich irgendwann. »Wenn die Möglichkeit bestanden hätte, mit Edison dortzubleiben, wärst du dann wirklich in der Stadt geblieben?«
    Er sah mich an. »Ich weiß nicht. Während der Gefechte habe ich keinen Moment daran geglaubt, eine Wahl zu haben. Es war keine Entscheidung, ich habe nur die einzige Möglichkeit gewählt. Aber ... ich bin froh, jetzt hier zu sein.«
    »Ich auch. Habe ich dir je für das Schiff gedankt?«
    Er kratzte sich verlegen an der Wange. Ich hatte das eine Ewigkeit nicht mehr bei ihm gesehen, aus irgendeinem Grund machte es mich glücklich. Er tat das nur, wenn er entspannt war, wenn er sich sicher fühlte und niemandem Stärke vorspielen musste, die er nicht fühlte. »Musst du nicht.«
    Doch da irrte er sich. Ich musste ihm danken: für mein Leben, denn ohne das Schiff wäre ich früher oder später in diesem Krieg gefallen. Und ich wollte nicht als Kämpferin sterben, das war mir inzwischen bewusst. Kämpfe kosteten einen zu hohen Preis. Ich wollte nicht mehr kämpfen, nie mehr.
    Wir legten uns gemeinsam hin, seine Brust an meinem Rücken, und ohne dass wir darüber sprachen, war uns beiden klar, was der andere in den nächsten Stunden tat. Wir dachten an all jene, denen niemand eine Wahl oder ein Schiff geschenkt hatte.

40
    Freiheit bedeutet« dass man gehen kann,
    wohin man will.

    Der nächste Tag erweckte den Eindruck, wir würden zwischen vielen Dark Canopys umhersegeln. Wolken kamen, bedeckten den Himmel und waren ebenso plötzlich wieder verschwunden. Neel, Graves und Edison schlug das ständige Hin und Her zwischen Deck und Verschlag auf die Stimmung. Josh und

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