dark destiny
damals, in jener Nacht, den Himmel betrachtet hatten. Ich wünschte mir so sehr, dass er sich erinnerte, denn dann würde ihm auch wieder bewusst werden, dass wir schon einmal eine schier aussichtslos große Kluft zwischen uns überwunden hatten. »Die Witwen hüllen sich in Silber statt in Schwarz.«
Er tat so, als hätte er mich nicht gehört. Nicht ein Wort kam über seine Lippen, er sah mich nicht einmal an. Aber er ging auch nicht weg, und das war viel mehr, als ich für den Moment erwartet hatte.
• • •
Als der Tag anbrach, begann es zu regnen. Der Himmel hing tief und nass über unseren Köpfen und das bewahrte Graves, Neel und Edison davor, sich verstecken zu müssen. Wir brauchten ihre Hilfe auch dringend, denn gegen Mittag kam ein Sturm auf.
Josh und ich standen Todesängste aus, die Erschütterungen, wenn eine Welle das Boot von der Seite packte, gingen uns durch Mark und Bein. Wassermassen schwappten über die Reling, als hätten sie ihren Spaß daran, und wir mussten aufpassen, nicht mit ebensolcher Leichtigkeit herausgeschubst zu werden. Der Mast ächzte unter der Belastung und ich fürchtete, er würde entzweibrechen. Schließlich war es das Segel, das dem Sturm Tribut zollte. Es riss mit einem Laut, der an einen Schuss erinnerte, aus seiner Befestigung, und wir alle schrien auf oder zuckten zusammen. Der plötzlich befreite Segelbaum trat aus wie ein wildes Pferd und erwischte Neel auf Höhe seiner Knie. Das Segel schlug nach Josh, der beinahe über Bord gegangen wäre. Gegen den Wind brüllte ich ihn an, Edison unter Deck zu bringen, und versuchte, den tanzenden Stoff einzufangen. Der Wind riss mit ungeheuerlicher Kraft daran. Nur mit Mühe gelang es Graves und mir, das Segel notdürftig zusammenzurollen. Wir vertäuten alles, immer von der Angst begleitet, der Sturm würde unser ganzes Boot umreißen, während Neel mit schmerzverzerrtem Gesicht weit über der Reling hing und sich übergab. Sein Bein war voller Blut.
Bis der Sturm sich legte, konnten wir nichts anderes tun, als uns irgendwo festzuklammern, Wasser mit den bloßen Händen von Bord zu schütten und darauf zu hoffen, nicht in eine völlig falsche Richtung - schlimmstenfalls zurück nach England - getrieben zu werden.
Erst am Abend beruhigte sich das Meer. Unser Segel ließ sich flicken, fing wieder den Wind und ich konnte Neels Wunde verbinden.
Mein Drang, ein paar Worte mit ihm zu wechseln, ihn zu berühren und berührt zu werden, war überwältigend. Doch ich hielt mich zurück, aus Angst, er würde mich abweisen.
Das Schweigen zwischen uns war leer. Meine lautlos geflüsterten Bitten um Entschuldigung verschwanden in dieser Leere, als gäbe es sie gar nicht.
Graves schickte mich schließlich unter Deck, damit ich mich ausschlief. Ich tastete im Dunkeln nach einer Decke, fand jedoch keine und legte mich vor Erschöpfung einfach auf die nackten Holzplanken, bettete den Kopf auf meinen angewinkelten Arm. Binnen weniger Augenblicke war ich eingeschlafen. Als ich angesichts eines Geräuschs plötzlich hochschreckte, saß Neel neben mir.
Ich konnte ihn in der Finsternis kaum ausmachen, aber ich spürte, dass er da war, spürte es so deutlich, als würde ich ihn mit beiden Händen anfassen.
»Kannst du verstehen, warum ich es tun musste?«, fragte ich und lauschte lange, lange auf seinen Atem. Ich hätte ihm sagen können, dass Matthial mir das Leben gerettet hatte. Dass ich ihm den Versuch einer Rettung schuldig gewesen war. Aber es fühlte sich nicht richtig an, Erklärungen abzugeben, die nicht der Wahrheit entsprachen.
Meine Schuldgefühle hatten mich immer wieder in die ausweglosesten Situationen geführt. »Alle Katastrophen geschahen immer dann, wenn ich glaubte, etwas ganz besonders richtig machen zu müssen. Ich hatte immer diese steinharten Erwartungen an mich, alles, was meinetwegen passiert ist, wiedergutmachen zu müssen. Daran ist alles zerbrochen.«
»Und diesmal waren keine Erwartungen im Spiel?«
»Nein.« Ich richtete mich auf und stieß mir den Kopf an der Decke. Trotz der ernsten Situation mussten wir beide ein bisschen kichern. »Ich habe ihn nicht mitgenommen, um Schuld gutzumachen, weil ich von mir nicht länger erwarte, ein Mensch ohne Schuld zu sein. Ich wollte einfach nicht allein sein. Und ich wollte an den guten Menschen in ihm glauben. An den, der in einer anderen Welt seinen Hass ablegen kann. Denn das hätte er geschafft, Neel, da bin ich mir sicher. Ich wollte ihn retten.«
Er nahm mein
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