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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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kaum möglich. Gute Clanführer bringen Opfer. Gute Menschen nicht.«
    »Dann hat sich Matthial entschieden, ein guter Clanführer zu werden«, warf ich leise ein.
    Myria schüttelte den Kopf. »Es war doch nur ein Percent. Wenn die mit ihren Gefangenen so umgehen würden wie wir mit unseren, hätten wir kaum einen Grund, sie zu hassen.«
    Da lag sie nicht ganz falsch. Allerdings hatte ich das gar nicht gemeint. Matthials erste Opfer waren zu einer Zeit erfolgt, als er nicht im Traum daran gedacht hatte, Clanführer zu werden. Und das eine Opfer, das ich ihm nie verzeihen würde, war ausgerechnet er selbst. Er hatte sich, oder vielmehr den guten Menschen in ihm, geopfert.
    Während mir immer bewusster wurde, dass Neel lebte, begann Matthial für mich zu sterben.
    Ich trat ans Fenster. Man gewöhnte sich schnell an das leichte Hin und Her im Inneren des Baumhauses, aber als ich hinaussah und feststellte, wie stark die anderen Hütten schwankten, wurde mir doch wieder ein wenig schwindelig.
    »Bemerkenswert, nicht wahr?« Jamie trat hinter mich. Aus seiner Stimme sprach Stolz, aber auch ein wenig Sorge. Er wusste, wie zerbrechlich die Sicherheit des Dorfes war.
    »Ich frage mich, wie ihr sie gebaut habt. Wie habt ihr die Materialien hier hochbekommen?«
    »Seilzüge.« Er wies auf ein Haus, wo gerade ein großer Korb, gefüllt mit Brettern und Baumaterialien, hochgehievt wurde. In der Hauswand öffnete sich eine Klappe und der Korb wurde hineingezogen. Ich verglich das Baumhaus mit den anderen. Es schien an allen einen solchen Seilzug zu geben. Wie auch die Strickleitern konnte man sie hochziehen, sodass das Haus vom Boden aus nicht mehr zu erreichen war, außer, der Eindringling konnte den Stamm hochklettern wie manche Tiere. In den Seitenwänden der Häuser bemerkte ich Schlitze. Jetzt, da es kalt war, hatte man diese mit Stoffen und Polsterresten zugestopft, um den Wind auszusperren. Aber im Handumdrehen konnte man sie öffnen und dann hatte man Schießscharten.
    »Ich verstehe langsam, warum die Percents mit euch Handel treiben«, sagte ich und Jamie hob gespannt die Brauen. Meine Bewunderung schmeichelte ihm unverkennbar. »Sie bekämpfen nichts, was sich nicht besiegen lässt.«
    Während ich ihm weiter Honig ums Maul schmierte, plante ich meine Flucht. Wenn mich nicht alles täuschte, befand sich die Klappe für den Seilzug in der Wand hinter mir. Etwa zehn Meter Tiefe und ein paar Laufschritte trennten mich von den Pferden.
    »Ich hoffe, du verstehst mich nicht falsch, Joy.« Jamie spielte mir die Beklemmung nicht vor, er fühlte sich wirklich schlecht. »Ein kluges, kampferprobtes Mädchen wie du wäre eine Bereicherung für unser Dorf.«
    Ich hielt die Luft an. Was, wenn er mir vorschlug, zu seinem Clan zu wechseln? Könnte ich das ablehnen?
    »Aber du bist den Percents vermutlich auch einiges wert. Du hast das Chivvy überstanden. Aber statt dich dafür ehren zu lassen, hast du dich in der Wildnis versteckt. Sie dürften sich beleidigt fühlen.«
    Daran hatte ich nie gedacht. Es war nicht meine Entscheidung gewesen, mich bei meinem alten Clan zu verstecken. Ich war verletzt gewesen. Und davon abgesehen auch zu Tode verängstigt. Doch vermutlich hatte Jamie recht, die Percents würden sich nicht für meine Erklärungen interessieren. Ich hatte gewonnen, aber ich hatte auch die Regeln gebrochen.
    »Um es mal so zu sagen: Du bist einen Preis wert, auf den ich nicht verzichten kann, Joy. Das hier zu bewahren«, er wies mit der Hand auf die anderen Hütten, »erfordert sehr viel Arbeit und Disziplin.« »Und manchmal ein Opfer«, ergänzte ich. Jamie nickte langsam. »Dich den Percents auszuliefern, würde mir mehr Respekt verschaffen. Es tut mir wirklich leid um dich, du bist ein kluges Mädchen. Aber ...«
    Ich imitierte sein trauriges Lachen. »Jeder denkt an sich und die Seinen.« Er würde bald merken, wie ernst mir das war. Die Frage war nicht,
    ob  ich floh. Sie lautete,
    wann  ich mich traute. Es war so verdammt hoch und ich würde so schnell wie möglich nach unten kommen müssen, was nicht schwierig war. Die Herausforderung war, mir dabei nicht sämtliche Knochen zu brechen.
    Der Wind schien stärker geworden zu sein. Der Baum ächzte und die Holzdielen antworteten mit einem Knirschen. Ganz weit entfernt glaubte ich, das Krächzen einer Krähe zu vernehmen. Der Wald flüsterte mir Zweifel zu, Zweifel, die so leise klangen und doch so laute Echos in meinem Kopf hervorriefen.
    Ich betrachtete Kinder,

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