dark destiny
die zwischen den Bäumen mit drei jungen Hunden Fangen spielten. Die Gerbermädchen hatten ihre Arbeit wieder aufgenommen. Sie schwatzten und steckten immer wieder die Köpfe zusammen. Als ich in ihrem Alter gewesen war, hatte meine Arbeit darin bestanden, die Hühner zu versorgen und zu rupfen. Manchmal war es hart gewesen, vor allem, wenn wir sie lebendig rupften, weil wir so viele Federn brauchten und zu wenige Hühner hatten. Ich erinnerte mich an den Stolz, den mir keiner hatte wegnehmen können, wenn ich ein neues Kissen gefüllt hatte, auf dem jemand wohlig schlafen würde.
Damals war alles noch so einfach gewesen. Mars hatte eine Illusion aus Sicherheit geschaffen, so wie Jamie es tat. Nur dass Jamies Sicherheit realer war. Unter anderem, weil er bereit war, mich zu verkaufen.
War ich wirklich so viel wert? Konnte mein Opfer diese Kinder schützen? In meinem Nacken kribbelte es. Die Versuchung, einfach nachzugeben, lockte mich. Ich wäre in Neels Nähe, wenn Jamie mich in die Stadt brachte. Ich wäre in seiner Nähe - alles andere würde sich schon ergeben, wenn wir nur ein bisschen Glück hatten.
Aber würde er mich finden? War er noch in der Lage, mich vor den anderen zu beschützen? Würde er mich überhaupt noch beschützen wollen?
Neel hatte Freunde in der Stadt. Wie mochten die über mich denken, nachdem mein Clan ihn gefoltert und ich es nicht verhindert hatte?
Die Entscheidung fiel, als ich mir vorstellte, vor Neel zu stehen und in seine anthrazit schimmernden Augen zu sehen. Augen wie aus geschliffenem Metall. Ihr Anblick fehlte mir so. Ich schüttelte den Kopf, suchte nach Bildern, die nicht meinen Wunschträumen entsprachen, sondern der Realität.
Und dann sah ich Neel fast bildlich vor mir. Er blickte mich an, blickte eine Joy in Fesseln an, und seine Augen spiegelten nichts außer Enttäuschung wider.
»Joy?« Jamie riss mich aus meinen Gedanken. Hatte er etwas zu mir gesagt?
»Entschuldige, ich habe nachgedacht.« »Worüber?«
Ich fühlte mich ertappt und wandte das Gesicht ab, damit er mich nicht erröten sah.
Myria erhob sich und begann, die Tassen zusammenzuräumen. Draußen kreischte ein Kind und Hunde bellten.
»Über unser Leben. Über Entscheidungen. Über Richtig und Falsch.«
»Und zu welchem Ergebnis bist du gekommen?« Jamie hatte dunkelbraune, freundliche Augen. Das fiel mir erst jetzt auf, als ich mich ihm zuwandte. Ich senkte den Blick. Als ich wieder aufsah, schaute ich an ihm vorbei. Lächelte. Da war die Luke, verschlossen nur mit einem hölzernen Riegel. Dahinter musste der Seilzug sein.
Musste, musste, musste!
»Zu gar keinem«, antwortete ich. Und obwohl es klüger gewesen wäre zu schweigen, sprach ich meine Gedanken aus, weil ich wollte, dass Jamie mich verstand. So wie ich ihn und seine Pläne verstand, auch wenn ich sie verhindern musste. »Ich weiß nur, dass ich frei sein muss. Frei oder tot.«
Myria blickte alarmiert auf. Jamie dagegen seufzte und ließ die Schultern hängen, als befürchtete er eine Diskussion. Und damit schenkte er mir den winzigen Augenblick, in dem er unaufmerksam war, den winzigen Augenblick, den ich brauchte.
Ich stürmte los. Krümmte beim Laufen den Oberkörper und rammte Jamie meine Schulter in den Bauch. Er fiel nicht, aber er geriet ins Wanken und schaffte es nicht, mich aufzuhalten. Myria tat, was ich angenommen hatte: Sie rannte zur Bodenluke und sicherte den Ausgang zur Strickleiter. Ich krachte gegen die kleine Tür in der Außenwand, hinter der sich der Seilzug verbarg, sie flog auf. Meine Füße verloren den Kontakt zum Holz und traten ins Leere. Der Wind erfasste mich, raubte mir den Atem. Meine Hände griffen nach einem Halt. Griffen in die Luft.
Es dauerte quälend lang, bis ich einen Widerstand in meinen Handflächen spürte. Das Seil.
Ich fiel, wusste nicht, wie weit, griff fester zu. Das Seil war hart und spröde und riss mir die Haut auf. Mein erster bewusster Gedanke war:
Es geht schief.
Ich fiel zu schnell. Das Gegengewicht war zu leicht.
Ich Idiot! Es war nicht dafür ausgelegt, Baumaterial zu transportieren, sondern allenfalls Vorräte.
Doch als ich schon glaubte, dass meine Beine, meine Hüften und der Rest von mir gleich zerschmettert am Boden liegen würden, verlangsamte sich mein Flug mit einem Mal. Meine Füße prallten schmerzhaft auf die Walderde, ich rollte mich ab, spürte einen Schlag gegen die Nase und Schnee, Laub und kleine Äste im Gesicht. Aber ich kam wieder auf die Beine.
Die Pferde!,
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