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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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uns weiter. Ziellos. Einfach nur, um nicht stehen zu bleiben, denn das hätte unseren Tod bedeutet.

6
    du hast mich großgezogen,
    Indem du mich mit erwartungen versorgt hast,
    oder hast du mich mit ihnen vergiftet?

    Neel wollte den Mann nicht sehen, der ihm gegenübersaß. Nicht ihn und niemanden sonst. Alles, was er sehen wollte, war die Holzmaserung des Schanktischs und die sich darin spiegelnde gleißend weiße Deckenlampe. Und seinen gefüllten Krug. Er wollte weißen Schaum auf dem Gebrauten sehen und einen Gebrannten daneben, das Gesöff so klar und durchsichtig wie das Gefäß und ebenso schmerzhaft in Mund und Kehle wie das Verschlucken von zerkautem Glas.
    Er griff nach dem Krug. Musste seine Hand langsam bewegen, um ihn nicht vom Tisch zu fegen. Seine Finger waren noch immer so ungeschickt.
    »Tu das nicht.« Der Mann ihm gegenüber sprach ernst und leise. Neel hätte ihn gern ausgeblendet. Bei den meisten gelang ihm das. Jedoch nicht bei Graves.
    Neel packte den Krug mit beiden Händen, führte ihn zum Mund und trank, bis er aufstoßen musste und sich verschluckte. Als er das Gefäß mit einem Knall wieder auf den Tisch stellte, senkte Graves den Kopf und legte die Stirn auf seine Fäuste. Die Ellbogen hatte er auf den Tisch gestützt. Graves sagte nichts, aber es waren auch keine Worte nötig, um die tiefe Ablehnung zu spüren.
    »Was?«, knurrte Neel durch die Zähne.
    Graves sah auf. »Was wohl?«
    Neel versuchte, abfällig den Kopf zu schütteln, aber dieser war zu schwer geworden. Selbst die Zähne bekam er kaum noch auseinander. »Willst du mir was sagen?«
    Was sollte Graves schon loswerden wollen? Er hatte nicht das Recht, Neel zu kritisieren. Neel war Hauptmann, Graves war gar nicht in der Position, ihn kritisieren zu dürfen - egal, wie viel Alkohol im Spiel war.
    Hatte er sich nicht ein einziges Mal ein bisschen Vergessen redlich verdient?
    »Du machst Fehler«, meinte Graves.
    Neel lehnte sich zurück und betrachtete seinen alten Freund. Graves nahm sich eindeutig Dinge heraus, die ihm nicht zustanden.
    »Ich habe gesehen, wie du deine Leute trainierst«, sagte Graves und Neel verschluckte sich ein weiteres Mal, obwohl er gar nichts getrunken hatte. Er hatte ... was?
    »Du trainierst sie nämlich gar nicht. Du triffst sie morgens zum Appell und dann schickst du sie auf Patrouille.«
    »Das ist in Ordnung«, erwiderte Neel, aber er wusste, wie lahm das klang. Hin und wieder war es nicht nur in Ordnung, die Männer patrouillieren zu lassen, sondern erwünscht. Das Trainieren, das Optimieren von Kraft, Konstitution und Kampfkünsten sowie das Planen und Weiterentwickeln von passiven und aggressiven Taktiken durfte dennoch nicht zu kurz kommen. Er wusste selbst, dass er all das sträflich vernachlässigte. Um die Männer gründlich auszubilden, musste er sie anführen. Von ihnen ernst genommen werden.
    Doch wie sollte er das anstellen, wenn sie nicht einmal seine Nähe ertrugen? Geschweige denn er die ihre?
    Neel schob seinen Krug hin und her. Warum war das verdammte Ding schon wieder leer? Mit einem Mal fühlte er sich nüchtern. Viel zu nüchtern. Abgesehen von Graves' Anklage hörte er plötzlich noch eine zweite Stimme, diesmal aber nur in seinem Kopf: das Jammern von Clouds Frau Mina, die ihn anflehte, die Anweisung seines Mentors zu befolgen und keinen Ärger zu verursachen.
    »Dass du Clouds Befehl missachtest und dir stattdessen das Hirn aus dem Schädel säufst, ist das auch in Ordnung?« Graves hatte beschlossen, in die gleiche empfindliche Kerbe zu schlagen.
    »Cloud ist Kummer gewohnt.«
    »Und du die Konsequenzen, ja?«
    Wider Willen musste Neel grinsen. Irgendwie schon. Die Vorstellung, Cloud würde ihn für den Ungehorsam vermöbeln, amüsierte ihn. Cloud war es, der ihn gesund gepflegt hatte, nachdem die Rebellen mit ihm fertig gewesen waren.
    »Er hat meine Knochen gerichtet und die Beine geschient«, sagte er und sah Graves direkt in die Augen. »Er hat Kräuter gegen die Entzündungen gepflückt und Bienenpropolis mit den Fingern auf meinen Wunden verteilt. Er hat mir die eiternden Krusten von der Haut geschält. Und jetzt ist er Präsident.«
    »Er würde nicht zögern, diese Haut, die er mühsam verarztet hat, in Fetzen peitschen zu lassen«, fuhr Graves ihn zornig an.
    Neel schüttelte den Kopf. Er musste sich noch immer ein Lachen verkneifen. »Nein, er würde es selbst tun. Mit Vergnügen.«
    »Wofür bestrafst du euch - dich und Cloud?«
    Augenblicklich verging Neel das

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