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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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hatte, wenn der Star pfiff, aber Matthial hatte eine Tracht Prügel dafür kassiert: Ein Vogel, der menschliche Geräusche nachahmte, konnte zum Verräter werden.
    Ich setzte mich neben die Frau ans Feuer, der Mann hockte uns gegenüber, seine Statur nur ein Schemen hinter Rauch und Flammen. Ich sorgte mich ein wenig um den Sauerstoff im Haus. Doch die Fleischstücke brieten bereits an Stöcken über dem Feuer und das tropfende Fett verteilte abgesehen von dem störenden Rauch auch einen köstlichen Geruch.
    »Wie heißt ihr?«, fragte ich.
    »Tara«, sagte die Frau und legte eine Hand auf ihre Brust. Dann wies sie auf den Mann. »Tom.«
    »Seit wann lebt ihr hier?«
    Tara schüttelte den Kopf, schien nicht zu wissen, wie sie mir antworten sollte. Tom sprach noch immer kein Wort. Vielleicht war das der Grund, warum Tara nur die einfachsten zu kennen schien. Offenbar unterhielten sie sich auf andere Weise; sie hatten unsere Sprache verlernt.
    »Ihr lebt gar nicht hier«, riet ich.
    Tara wirkte zufrieden, weil ich sie verstanden hatte. »Viele Ratten. Große Ratten. Wir kommen bei Hunger. Ziehen weiter.« »Zu einer Gruppe? Oder lebt ihr allein?« »Allein. Tom, Tara, Star.«
    Ob ich nach ihren Eltern fragen sollte? Nein, besser nicht, sicher waren sie tot. »Seit wann ist Star bei euch?« Tara zuckte verständnislos mit den Schultern. »Immer.« »Ist sie eure Schwester?«
    Sie lachte, als hätte ich einen Witz gemacht, legte ihre schmutzige Hand zwischen ihre Beine und sah zu Tom. »Kind.«
    Ich verstand. Star war ihre Tochter, das gemeinsame Kind von Bruder und Schwester. Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich das irritierte. Aber wenn man allein lebte, abgeschieden und ausgeschlossen von anderen Menschen, entwickelte man vermutlich ganz eigene moralische Vorstellungen, basierend auf Erfahrungen. Vermutlich war Tara bei der Geburt noch sehr jung gewesen - selbst noch ein Kind.
    Ich sah ins Feuer und bemerkte hinter den Flammen Toms stechenden Blick. In seinen Augen hatte sich etwas verändert, da war plötzlich eine Schärfe, die eben noch nicht zu sehen gewesen war. Tara mochte nicht erkannt haben, dass mich ihre Lebensweise verstörte - Tom hatte das sehr wohl. »Ist alles in Ordnung?«, fragte ich ihn geradeheraus. Tom antwortete nicht, aber sein Gesicht sagte sehr viel. Dass er mit seiner Situation zufrieden war und daran nichts ändern wollte. Dass ich mir kein Urteil erlauben durfte. Dass ich gefälligst den Mund halten sollte. Und dass er alles, was er hatte, verteidigen würde, selbst gegen mich und mein Wissen über gesellschaftliche Normen, und dass es andere Arten zu leben gab. Ihm war klar, wie leicht er Tara verlieren könnte, sobald sie von einem weniger entbehrungsreichen Leben erfuhr und die Möglichkeit bekam zu wählen. Er wollte sie nicht verlieren.
    Ich schluckte und senkte den Blick. Der Rauch im Zimmer war so dicht geworden, dass das Atmen schwerfiel. Mir wurde ein wenig schwindelig, aber ich konnte nicht ausmachen, ob es am Hunger, an der Erschöpfung oder am sterbenden Sauerstoff lag. Ich sah sehnsuchtsvoll zu der schmalen Lücke auf, aus der der Qualm abzog. Wie gerne hätte ich die Tür aufgerissen, die Bretter von den Fenstern gerissen. Aber dann würden die Ratten zurückkommen und außer ihren gebratenen Artgenossen auch uns fressen.
    »Habt ihr keine Angst um Star, wenn sie dort draußen ist?«
    Tara nahm die Stöcke aus dem Feuer. »Früher, ja. Habe gelernt. Star stark und schnell. Star sicher.« Es klang entschlossen, es klang nach: Frag nicht weiter!
    Tom machte eine knappe Kopfbewegung in Richtung einer toten Ratte und Tara lachte leise auf. »Tom sagt, Star selbst wie Ratte. Kluge Ratte.«
    Ich lächelte erst sie und dann Tom an, aber sein Blick blieb frostig, obwohl er neben dem Feuer schwitzte.
    Tara brach das am Holz festgebackene Fleisch von den Stöcken und reichte mir ein Stück. Es war so heiß, dass ich es kaum halten konnte, aber ich hielt den Schmerz aus, weil es einer Beleidigung gleichgekommen wäre, es auf den Boden zu legen. Mein Hunger war auch viel zu groß. Ich wartete nicht, bis die anderen aßen, sondern biss gleich hinein und verbrannte mir die Lippen am Fleischsaft, der unter der Haut hervorspritzte.
    Ich schlang mein Fleisch hinunter, bis mein Magen sich verkrampfte, und als Tara mir ein zweites Stück hinhielt, riss ich ihr es fast aus der Hand.
    Nur am Rande nahm ich wahr, dass Tom sehr langsam aß und mich die ganze Zeit im Blick

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