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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Neel entgingen die Blicke nicht, die vor allem der Junge um sich warf: kurze Kontrollen der potenziellen Fluchtwege.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Aber denk nicht einmal daran. Spar dir deine Spucke für den Prozess.« Du wirst kluge Worte brauchen, um eine milde Strafe auszuhandeln.
    Der Junge sah auf seine Schuhe.
    »Wir mussten es versuchen!«, stieß das Mädchen plötzlich hervor. Ihre Stimme klang sehr hoch und etwas abgehackt, schon die ersten Treppenstufen strengten sie an. »Wir haben zu Hause nichts mehr zu essen. Sollen wir verhungern? Draußen kann man jagen und Beeren und Früchte sammeln.« »Wir haben Winter«, erwiderte Neel trocken. »Da wachsen weder Früchte noch Beeren, und alles, was man jagen kann, hat sich schon ein besserer Jäger geholt.«
    Das Mädchen blieb stehen. Ihr Kopf zitterte, während sie Neel das Gesicht zuwandte, als müsste sie sich unter größter Anstrengung dazu zwingen. »Es gibt keine bessere Jägerin als mich.«
    Ihr Bruder stieß sie an. »Halt die Klappe, Valeria!«
    Neel schmunzelte, obwohl ihm nicht danach war. Eine Wiederholungstäterin also, das machte die Sache nicht besser. »Gute Jäger werden gemeinhin nicht erwischt.« Er sparte sich den Kommentar, dass sie auch nicht so aussahen, als wären sie Jagderfolge gewohnt.
    Ihre Augen wurden scharf und schmal. »Wir wurden verraten.«
    »Valeria!«
    Aber Neel war neugierig geworden und blieb stehen. »Von wem?«
    »Von unseren Nachbarn. Sie haben bemerkt, dass wir Fleisch hatten.« Die Kleine senkte den Blick. Sie hatte einen hübschen Mund und Augen von einem ungewöhnlichen Grün, von goldenen Sprenkeln durchzogen. Auf den ersten Blick war sie unauffällig, jedoch sehr bemerkenswert, wenn man genauer hinsah. Neel gefiel das immer weniger.
    »Ja«, warf der Junge bitter ein. »Weil du ihnen Essen gebracht hast.«
    »Sie waren hungrig! Der Mann ist krank, er brauchte etwas zu essen!«
    »Sie wollten mehr«, vermutete Neel.
    »Ja, so viel, dass für uns nichts mehr blieb. Und als wir ihnen nichts mehr gaben ...«
    Neel entwich ein Seufzen. Es war eine so typische Geschichte. Wie oft kamen solche Vergehen nur deshalb ans Licht, weil Menschen -oder Percents - aus Neid und Habgier zu Verrätern wurden. Oder aus Angst und Hunger - was schlimmer war, denn es war schwerer zu verurteilen.
    »Wenn wir gleich vor die Triade treten«, riet er den beiden, bevor er sie weiterführte wie Lämmer zur Schlachtband, »gebt ihr euch besser etwas weniger selbstbewusst.«
    • • •
    Der Raum war von Dunkelheit erfüllt. Neel wies die Menschenkinder mit einem lautlosen Befehl an, einzutreten, dann schloss er die Tür. Schwarz umfing seine beiden Gefangenen und ihn. Valeria zog die Nase hoch.
    Am anderen Ende des Saals wurden ohne einen Laut rote Fackeln entzündet, die kaum Licht spendeten, nur die rückwärtige Wand erhellten, als würde sie glühen. Drei große Schattenrisse ließen die Anwesenheit der Präsidenten erahnen.
    »Geht zu ihnen«, hauchte Neel. Ein verhaltenes Geräusch verriet ihm, dass das Mädchen zu weinen begonnen hatte.
    Er konnte es verstehen. Er hatte schon einige Prozesse mitangesehen, dennoch war es auch für ihn jedes Mal wieder ein beeindruckender Anblick. Wenn die Triade über Menschen richtete, tat sie es in Kriegsrobe, deren einziger Zweck es war, Angst zu erzeugen. Die Präsidenten standen auf Sockeln und waren in lange Umhänge gehüllt, die bis auf den Boden reichten, was sie wie Riesen wirken ließ. Ihre Gesichter - kaum zu erkennen in der Finsternis - waren schwarz bemalt und auf den Köpfen trugen sie die Schädel wilder Tiere, die ihre Stärken symbolisierten. Wolf und Bär hatten die ersten beiden Präsidenten ausgewählt. Neel war gespannt, für welches Tier sich Cloud entschieden hatte, bisher hatte er ihn weder in Kriegsrobe gesehen noch Gelegenheit gefunden, ihn danach zu fragen.
    Das Erste, was er wahrnahm, waren schattenhafte Hörner, was ihn an die Darstellung des Teufels in einem von Graves' zerrissenen Büchern erinnerte.
    Vermutlich konnten die beiden jungen Menschen vor Angst keinen klaren Gedanken mehr fassen. Selbst ihn ließ das Szenario erschaudern, aber wieder einmal stieß das Gefühl gegen seine nutzlose Haut und damit ins Leere. Die Furcht fand keinen Weg aus ihm heraus und wurde stattdessen zu Aggression. Unweigerlich ballte er seine Hände zu Fäusten.
    »Kniet euch hin«, presste er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor, als die Gefangenen vor den Sockeln der

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