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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wagte ich mich noch einmal vor. »Ihr habt die Menschen unterschätzt. Das hat einige von euch das Leben gekostet.« Ich senkte die Stimme zu einem dunklen Raunen. »Und so wird es Weiteren von euch gehen. Vielen.«
    Noch ehe Widden sich brüskiert abwandte und die Straße entlangrauschte und Graves nach Luft schnappte, war mir klar, dass ich eine unaussprechliche Dummheit begangen hatte. Ich hatte eine Drohung ausgesprochen, Widden gegenüber. Und das auch noch in einer Situation, die nicht ungünstiger hätte sein können. Die Stimmung in der Stadt brodelte, weil unverhältnismäßig viele Rebellen gesichtet wurden. Irgendetwas ging da draußen vor sich - und ich bekam mein Mundwerk nicht in den Griff.
    Graves seufzte und holte mich jäh aus meinen Gedanken. Bevor ich mir weiter meinen Kopf über Widden zerbrach, musste ich ihm Rede und Antwort stehen. Einem früheren Freund, der jetzt nur noch Verachtung für mich übrig hatte und mir dennoch zu Hilfe gekommen war. Gab es noch kompliziertere Gespräche?
    »Was machst du hier?«, fragte Graves, nachdem wir einige Hundert Schritte still gewandert waren. So lange hatte ich Zeit gehabt, mir Antworten zu überlegen. Und ebenso lange, um sie alle wieder zu verwerfen.
    »Ich habe eine Arbeit gefunden.« Das war alles, was mir einfiel. »In einer Bar.«
    »Du hast das Chivvy gewonnen, um in einer Bar Getränke umherzutragen.« Sein Ton machte klar, dass ich mit dieser Information in seiner Achtung nicht gestiegen war.
    In mir kribbelte heißer Zorn. Warum glaubten sie alle, mich verurteilen zu können, für das, was ich getan oder nicht getan hatte? Interessierte es einen von ihnen, dass ich all das nie gewollt hatte?
    »Du putzt den Dreck anderer weg«, warf ich Graves an den Kopf, ohne meinen Blick zu heben. Mein Gesicht war rot vor Scham und Wut. »Also spotte nicht über mich. Ich habe meine Gründe.«
    Er lachte leise, es klang nicht wohlwollend, aber auch nicht mehr ganz so abschätzig. »Ich wische Dreck weg, weil sich unter Dreck interessante Dinge verbergen. Mich interessieren interessante Dinge.«
    Ich nickte. »Und ich bringe Männern Gebrannten, weil Betrunkene die Wahrheit sagen. Mich interessiert die Wahrheit.«
    Graves hob eine Braue. »Warum lügst du mich an, Joy?«
    »Würde dich die Wahrheit interessieren?«
    »Kommt auf die Wahrheit an.«
    Ich atmete ein. »Neel«, stieß ich hervor. »Ich suche nach ihm. Ich muss ihn sehen.«
    Erneut lachte er, diesmal schien es eine skurrile Mischung aus Bitterkeit und echtem Humor. »Was willst du noch von ihm? Kannst du ihn nicht in Ruhe lassen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Das ist grausam von dir.«
    »Ich will ihn doch nur sehen.« Ich musste flüstern, um Graves nicht anzuschreien, so viel Frust bereitete es mir, dass er mich verurteilte.
    »Du wolltest ihn ziemlich lange nicht sehen. Jetzt, kaum dass seine Wunden verheilt sind, kommst du zurück?«
    »Ich wäre früher gekommen, wenn ich nicht geglaubt hätte, er sei tot«, stieß ich zwischen den Zähnen hervor.
    »Es tut mir leid, Joy«, sagte Graves mit einer erschreckenden Endgültigkeit. »Ich fürchte, du bist zu spät.«
    Seine Worte erfüllten mich mit Angst, mit einer plötzlichen, alles beherrschenden Angst. »Wo ist Neel? Geht es ihm gut?«
    »Es geht ihm besser. Ohne dich. Er erholt sich.«
    Was glaubte Graves denn, was ich vorhatte? Neels Wunden wieder aufzureißen? Würde das geschehen - unweigerlich?
    »In den letzten Tagen habe ich ihm einen Gefallen getan, Joy. Ich habe jemanden beschützt, der ihm ans Herz gewachsen ist. Jemanden, der der Grund ist, warum er nicht mehr in der Bar sitzt. Ein Mädchen.«
    Es dauerte eine Weile, bis ich registrierte, dass meine Knie weich wurden. Ein Mädchen. Bedeutete das, Neel hatte eine neue Freundin? So schnell?
    »Okay«, sagte ich schließlich und schaffte es, Graves' kritischen Blick zu erwidern. »Ich bin nur hier, um Neel zu sehen. Ich muss mit ihm reden. Wenn er dann nichts mehr von mir wissen will«, was ich weder glauben wollte noch konnte, »dann ist es seine Entscheidung und ich werde sie akzeptieren.« Akzeptieren müssen.
    Graves zuckte mit den Schultern. »Du willst es mir nicht glauben, oder? Du bist zu spät.«
    »Das soll er mir selbst sagen. Lässt du ihn wissen, wo er mich findet? Bitte, Graves.«
    Er seufzte. »Ich weiß nicht, wann ich ihn wiedersehe.«
    »Ich warte«, sagte ich mit Nachdruck.
    Und dann ging ich ohne ein weiteres Wort, weil ich die Anklage in seinen Augen

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