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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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war bei Weitem nicht so ruhig, wie ich mich gab, aber ich wusste, dass ich das jetzt durchziehen musste.
    »Bring mir einen neuen Krug«, verlangte er.
    »Du bist noch nicht dran.«
    Er legte eine Handfläche auf den Tisch und schloss sie langsam zur Faust. Seine Hand war voller Narben. Nicht solche, die ich von Graves kannte, sondern schnurgerade Schnittnarben, vermutlich von scharfen Klingen.
    Er wiederholte seine Aufforderung: »Bring mir einen neuen Krug.«
    »Du bist noch nicht dran«, erwiderte ich erneut. Demonstrativ nahm ich den halb vollen Krug seines Nebenmannes, ging mit festen Schritten zu Morton und ließ ihn auffüllen. Als ich an den Tisch zurückkehrte, bedachte ich den Percent, der den Krug nach mir geworfen hatte, mit einem provokanten Blick. Es war still wie in einem Grab, alle warteten auf das, was nun unweigerlich geschehen musste.
    Der Percent gab ihnen ihr Futter. Er stand langsam auf und packte mich dann urplötzlich am Hals, drückte mir die Daumen in die Kehle, sodass schwarze Sterne vor meinen Augen explodierten. Aber sein Angriff überraschte mich nicht, ich hatte damit gerechnet. Schnell nahm ich den linken Arm hoch, drehte mich nach rechts und hebelte mit meinem Oberarm seine Hände von meinem Hals. Dann drehte ich mich schwungvoll zurück, nutzte den Überraschungsmoment und versetzte ihm mit meiner rechten Faust einen Schlag vor die Brust. Der Solarplexus war auch bei Percents ein wunder Punkt. Er kippte auf seinen Stuhl zurück, und noch ehe er wutentbrannt wieder aufspringen konnte, hob ich beschwichtigend eine Hand.
    »Jetzt bist du dran.« Meine Stimme zitterte kaum merklich. Ich ging zur Theke, holte einen Krug und brachte ihn dem Typen. »Joy«, erinnerte ich ihn und grinste. »Nie wieder Jolly, okay?«
    Er zuckte mit den Schultern und ebenso zuckten seine Mundwinkel.
    Morton verpasste mir eine Backpfeife mit einem nassen Lappen, murmelte etwas, das wie »Teufelsweibchen« klang, und verzog sich zum Grinsen ins Lager.
    Ich nahm den Lappen, sammelte die Scherben auf und wischte den Tisch ab, während die Percents wieder in ihr allnächtliches Murmeln, Rauchen, Trinken und Grunzen verfielen.
    Ich war mir sicher, dass in dieser Nacht niemand mehr etwas nach mir werfen würde, trotzdem gab ich mir Mühe, mich von meinen Gedanken nicht mehr vereinnahmen zu lassen. Grübeln führte zu nichts, es brachte mich nur in Schwierigkeiten.
    Die nächsten Stunden verliefen ruhig und die Bar begann sich früher als gewöhnlich zu leeren. Die dunkelste Stunde der Nacht war noch fern, als bereits kaum noch die Hälfte der Tische besetzt waren. Kein guter Abend, Morton würde nicht zufrieden sein und die Schuld bei mir suchen. Es war mein Job, schuld zu sein, ob an unzureichenden Umsätzen, an randalierenden Gästen oder am harten Winter. Irgendjemand musste ja -
    Jäh hielt ich inne. Es war, als würde mich ein schwacher, elektrischer Schlag treffen. Als berührte kalter Wind mein vom Schweiß klebriges Gesicht. Ich sah zur Tür und im gleichen Augenblick schwang diese auf.
    Ich sah kaum mehr als Umrisse, aber das genügte mir. Ich kannte den Mann, der die Bar betrat, besser als meine winzige Kammer. Ich hatte millionenfach seine Bewegungen beobachtet. Die Art, wie er die Schulter bewegte, während er die einzelnen Treppenstufen hinauftrat, und das knappe Nicken in den Raum, mit dem er jeden Anwesenden und doch niemanden im Speziellen grüßte, zeigten mir so deutlich, wer er war, wie ein Blick in sein Gesicht. Das Tablett in meinen Händen wurde ganz schwer.
    Es war Neel.
    Er hatte mich noch nicht bemerkt und ich trat reflexartig in den Schatten neben den Regalen mit den verstaubten alten Korkflaschen darin. Spielten mir meine Wünsche einen Streich oder war das real? Ich biss mir auf die Zungenspitze, bis es wehtat, um auszuschließen, dass ich träumte.
    Er sah aus, als wäre überhaupt nichts passiert. Ich hatte die schrecklichen Wunden an seinem Körper gesehen, aber jetzt, im weichen buttergelben Flammenlicht, schien es, als wären diese spurlos verheilt. Sein Gang hatte sich verändert, er trat ein wenig schwerer auf als früher. Und da war noch etwas ... Etwas, das ich nicht greifen und nicht benennen konnte. Neel ging zu einem freien Tisch, ließ sich auf einen Stuhl sinken, legte den Kopf in den Nacken und sah eine Weile an die Decke. Er atmete, als müsste er sich an jeden Atemzug erinnern, als würde sein Körper nicht mehr selbstständig arbeiten, sondern nur, weil Neel es von ihm

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