Dark Future: Herz aus Eis
Pupillen weiteten sich, und seine Augen wirkten mit einem Mal dunkel und geheimnisvoll.
»Heute ist nicht mein Tag zum Sterben.« Seine Stimme war leise, dunkel, und der Klang drang tief in sie und verwirrte sie.
»Vielleicht. Aber dein Truck ist verloren. Es gibt keine Möglichkeit, eine Cytoplast-Bombe zu entschärfen.« Verunsichert durch seine Nähe und durch den einladenden Unterton in seiner Stimme, stemmte sie ihren Arm gegen seine Brust und schob ihn aus dem Weg. »Komm schon. Ich glaube, wir können meinen Truck benutzen, um deinen aus dem Weg zu schleppen, damit die Trümmer bei der Detonation hier nicht alles verwüsten. Zuerst will ich mir allerdings ansehen, wie viel Sprengstoff verwendet wurde, damit ich den ungefähren Explosionsradius abschätzen kann.«
Sie ging über den vereisten Parkplatz an seinem Sattelzug entlang. Dann warf sie einen Blick über die Schulter. Wizard stand noch genau an der Stelle neben der Fahrertür, wo sie ihn zurückgelassen hatte, und beobachtete sie mit einem heißen, hungrigen Ausdruck in den Augen.
Raina hockte sich hin und nutzte ihr Handeln auch als Schutz, um sich vor ihm zu verstecken und ihre Verwirrung zu verbergen. Sie war nicht sie selbst. Raina Bowen verwandelte sich für gewöhnlich
nicht
in ein bebendes Häufchen Lust, nur weil ein Kerl mit einem umwerfenden Gesicht und einem Körper, bei dem es ihr in den Fingern juckte, ihn zu berühren, ihr einen Blick zuwarf, der die Polkappen zum Schmelzen brachte.
Sie beugte sich vor und spähte unter den Truck. Ja. Da. Genug Plastiksprengstoff, um eine Kleinstadt in die Luft zu jagen.
Mit vor der Brust verschränkten Armen beobachtete Wizard, wie Raina auf dem Boden kauerte, um sich die Unterseite des Aufliegers anzusehen. Die Kapuze ihres Anoraks hatte sie ins Gesicht gezogen, so dass man ihre Züge nicht erkennen konnte. Nur der lange goldene Zopf schaute hervor und hing ihr über die Schulter.
Er wusste, wie ihr Haar duftete. Er hatte im Dunkeln gelegen, eingehüllt von ihrem Duft. Er hatte auf dem Beifahrersitz neben ihr gesessen, hatte jedem ihrer Herzschläge, dem leisen Geräusch jedes ihrer Atemzüge gelauscht. Sie war tough, klug, sexy. Doch sie war noch mehr als das, auch wenn eine Frau, die tough und klug und sexy war, durchaus ihren Reiz hatte. Raina besaß eine Verletzlichkeit, unmerklich, beinahe verborgen. Er verspürte das Bedürfnis, sie zu beschützen; ein absurder Gedanke, denn sie war eine Frau, die jeden seiner Versuche rigoros abschmettern würde.
Und im Übrigen war das, wovor sie im Augenblick am dringendsten beschützt werden musste, er selbst. Sein Plan war es gewesen, Sam zu treffen und über Sam dessen Tochter zu finden.
Stattdessen hatte Sams Tochter ihn gefunden.
Sie beugte sich vor und verschaffte ihm so einen besseren Ausblick auf ihre langen Beine, die in wetterfesten schwarzen Thermoleggings steckten und unter dem Saum ihres übergroßen Parkas hervorblickten. Wie von selbst krümmten sich seine Finger. Er konnte ihre Zartheit beinahe unter seinen Händen spüren, ihren Geschmack wahrnehmen, wenn er mit der Zunge über sie streichen würde.
Wizard blinzelte. Für unbedachte Momente, in denen er solchen Phantasien nachhing, war er eigentlich nicht anfällig. Tatsächlich hatte er lange bezweifelt, dass er überhaupt Vorstellungskraft besaß. Und dennoch stand er hier und malte sich aus, wie das goldene Haar der Frau vor sich über ihre nackten Schultern hing und wie sie sich seiner Berührung hingab …
Er atmete scharf aus, und die warme Luft stieg als Wolke vor ihm auf. Er riss sich aus seinen Grübeleien, fand in die Wirklichkeit des Augenblicks zurück und beobachtete, wie Raina die Unterseite seines Fahrzeugs prüfte. Ihm war klar, was sie dort finden würde: eine kleine, unschuldig wirkende Kugel aus Cytoplast, einem sehr stabilen, sehr tödlichen Sprengstoff, der weder entschärft noch entfernt werden konnte, sobald er für die Explosion vorbereitet worden war. Wenn die
Janson
-Trucker eines waren, dann berechenbar.
Rainas Anorak rutschte ein Stückchen hoch, als sie sich bewegte, und gab den Blick frei auf die Rundungen ihres Pos. Innerlich zeichnete Wizard die Kurven dieses verführerischen Hinterns nach. Im nächsten Moment verfinsterte sich sein Blick, weil er sich über die verwirrende Wende seiner für gewöhnlich so geordneten Gedanken ärgerte.
Köder. Raina Bowen war ein
Köder,
ermahnte er sich selbst. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
»Deinen
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