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Dark Future: Herz aus Feuer

Dark Future: Herz aus Feuer

Titel: Dark Future: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Kenin
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Niemand würdigte sie eines Blicks, so fixiert waren sie auf ihre Beute. Oder vielleicht glaubten sie auch nur, dass sie keine Gefahr darstellte, eine einsame Fahrerin mitten im Ödland, die im Schatten des Maori-Talismans stand.
    Sie konnte ihre Gesichter nicht erkennen. Sie trugen dicken, dunklen Stoff, den sie um sich gewickelt hatten, um Köpfe und Körper vor der Kälte zu schützen. Dazu hatten sie Blendschutzbrillen und Thermokleidung an. Ihre Kleider, ihre Scooter … alt, aber gut gepflegt. Alles an ihnen wirkte, als wäre es einige Jahrzehnte alt.
    Tatianas Sinne waren ausschließlich mit ihnen beschäftigt – das rauhe Geräusch ihres Atmens, das Schluchzen ihres Gefangenen, die unterdrückten Flüche. Doch ihre rationalen Gedanken konnte sie nicht erfassen. Sie konnte nur ihre rasenden Emotionen lesen. Ihre Wut, ihr Hass und ihre Aggressionen überlagerten alles andere.
    Sie fragte sich, was der Mann getan hatte und ob irgendein Verbrechen diese Brutalität rechtfertigte. War er ein Unschuldiger, der von denen gequält wurde, die stärker waren, die zahlreicher waren, die ihre Macht mit ungehemmter Grausamkeit auslebten?
    Wie Ward.
    Verdammt, dieser Gedanke besiegelte ihr Schicksal. Sie konnte sich nicht einfach umdrehen und weggehen.
    Einer der Verfolger blickte auf. Eine Frau. Der Mann neben ihr flüsterte ihren Namen. »Gemma.«
    »Was hat dieser Mann verbrochen?«, fragte Tatiana laut und trat nach vorn, um sich in eine Auseinandersetzung einzumischen, mit der sie eigentlich nichts zu tun hatte. Der Geruch von frischem Blut schlug ihr entgegen. »Seid ihr wütend auf ihn oder einfach nur gelangweilt?«
    Gemma drehte sich um und sah sie an. Ihr Mund stand ein Stück offen, und sie atmete schwer.
    Die restlichen Anwesenden zeigten kein Anzeichen, dass sie sie überhaupt gehört hatten.
    Ein großer Mann – dünn, fast schon ausgezehrt, obwohl er in dicke Schichten von Thermokleidung gehüllt war – machte einen Schritt nach vorn und drückte Gemma den Griff eines Messers mit einer langen, funkelnden Klinge in die Hand. »Es ist dein Recht. Töte ihn.«
    Reizend. Auf eine wirklich nette Truppe war sie da gestoßen.
    Der Gefangene drängte nach vorn. Er war nicht länger widerstandslos, sondern wehrte sich gegen diejenigen, die ihn festhielten. Zischend schnappte er mit den Zähnen nach ihnen und knurrte wie ein Hund. Er zuckte und fauchte, stieß dann ein schrilles Winseln aus und sackte zwischen den Männern, die ihn hielten, in sich zusammen.
    Gemma hob das Messer an, während die Männer, die den Gefangenen zwischen sich hatten, seinen Mantel aufrissen und seine geschundene Brust entblößten.
    Tatiana blinzelte. Er trug das Brandmal eines Plünderers auf der Brust.
    Hier stimmte etwas nicht. Nicht nur die Tatsache, dass ein Typ – ein sibirischer Eispirat – von einer Horde tollwütiger Verfolger in Fetzen gerissen werden sollte. Es war noch etwas anderes. Die Luft roch falsch. Nach Krankheit und Tod.
    Der Gefangene war blass, seine Haut gräulich, und sein Blick huschte wild hin und her, während er knurrte und zischte. Und er schäumte. Keine Spucke, er hatte tatsächlich
Schaum
vor dem Mund.
    Also war der Begriff »tollwütig« gar nicht so verkehrt gewesen.
    »Ich kann nicht …« Gemmas Stimme ging in ein Schluchzen über. »Wir können ihn hier ohne Vorräte, ohne Unterschlupf zurücklassen. Ihn allein sterben lassen. So wäre es besser. Besser für mich. Ich will nicht in seine Nähe.«
    Unwilliges Gemurmel ertönte von der Gruppe. Tatiana beschlich das unschöne Gefühl, dass sie sich nicht mit weniger als Blut zufriedengeben würden.
    Sie zielte mit der AT 450 und feuerte einen Schuss zu Gemmas Füßen ab, bei dem Schnee und Eis aufspritzten. Alle erstarrten. Argwöhnisch blickte sie sich um und stellte fest, dass sie zwar Messer hatten, jedoch keine Plasmawaffe in Sicht war. Tja, das war schon mal gut.
    Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Kampf gewinnen würde, hatte sich gerade deutlich erhöht.
    »Bitte«, flüsterte Gemma mit gesenktem Kopf. Sie zitterte so sehr, dass sie kaum das Messer halten konnte. »Misch dich nicht ein. Du weißt nicht …« Sie brach ab und schüttelte den Kopf.
    »Was hat er getan?«, fragte Tatiana noch einmal mit mehr Nachdruck.
    Gemma wandte sich ihr zu, und Tatiana konnte es lesen. Das Echo der elektrischen Spannung, die Gemmas Gedanken übertrug, traf sie mit schonungsloser Klarheit und setzte die Neurotransmitter ihres

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