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Dark Future: Herz aus Feuer

Dark Future: Herz aus Feuer

Titel: Dark Future: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Kenin
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einäschern?«
    Sie blinzelte verwirrt. Eine so höfliche Bitte, aber der scharfe Unterton machte etwas ganz anderes daraus. Die Eigentümlichkeit der Situation ging ihr auf. Sie starrte ihn an und fragte sich, ob sie vielleicht eingeschlafen und das alles nur ein Traum war. Ein besonders lebhafter Traum. Früher hatte sie in ihrer Zelle solche Träume gehabt. Von ihren Geschwistern und von dem Labor, in dem sie geschaffen worden waren.
    »Ich könnte ein Wasserstofffeuer entzünden, aber das würde länger dauern.« Er klang gelangweilt, nein, matt und müde.
    Sie zögerte und dachte über die versteckten Fallen nach. In diesem Moment war sie sich sehr bewusst, dass sie seinen Geist nicht lesen konnte. Diese Besonderheit war ausgesprochen beunruhigend. Sie war es gewohnt, im Vorteil zu sein und ein Wissen zu haben, das den anderen fehlte. Bei ihm hatte sie nur Fragen und eine seltsame Faszination, die überhaupt keinen Sinn ergab.
    Sie war gerade Zeugin geworden, wie er einen sterbenden Mann umgebracht hatte, der keine Chance gehabt hatte zu überleben, und sie fand das irgendwie ehrenhaft. Offensichtlich verlor sie den Verstand.
    Schließlich kam sie seiner Bitte nach, denn sie sah kein Problem darin, ihm behilflich zu sein. Sie stellte die
Bolinger
auf die höchste Stufe. Der Schuss traf die Leiche, leuchtete gleißend hell auf und erstarb dann. Zur Sicherheit feuerte sie noch einen zweiten Schuss ab. Der Gestank von versengtem Fleisch brannte in ihrer Nase, als der Körper zu Asche zerfiel. Die Hitze war so gewaltig, dass sie sogar die Metallschnalle seines Gürtels zum Schmelzen brachte.
    Wind kam auf, und im nächsten Moment war auch die Asche weg. Zurück blieb nur ein schwarzer Fleck in der endlosen Steppe.
    Keine Spur mehr von dem Leben, das einst gewesen war.
    Vielleicht nicht das Schlechteste, wenn man bedachte, dass es ein vertanes Leben gewesen war.
    »Wenn du so freundlich wärst …« Der Siedler deutete mit einem Kopfnicken auf das Blut und die Zähne, die eine dunkle Fährte auf dem Schnee bildeten. »Das auch noch.«
    Tatiana wandte sich um, hielt inne und betrachtete die Spur von Zähnen und Blut und … »Ist das ein Ohr?«
    »Ja.«
    Sie wartete noch einen Augenblick lang ab, doch als er nichts weiter sagte, fragte sie: »Also hat der Typ allerlei Körperteile verloren, weil …« Fragend sah sie ihn an.
    Wieder herrschte einen Moment lang Schweigen.
    »Jämmerliches organisatorisches Geschick.«
    Ja, das war natürlich eine Erklärung.
    Nachdem sie noch einen Schuss abgegeben hatte, beobachtete sie, wie die blutroten Spritzer verschwanden.
    »Also, warum muss jede Spur ausgelöscht werden?«, fragte sie ihn. Es war schließlich nicht so, als würden die Behörden ihn verfolgen, weil er einen Mann getötet hatte. So hoch im Norden gab es kein Gesetz mehr. Was im Ödland als Polizei durchging, war eine lose Ansammlung von korrupten Männern, die sich kaum nördlicher als
Bob’s Truck Stop
wagten – einer Bastion von Gastlichkeit und mit einem Ruf, der
Abbott’s
in nichts nachstand.
    »Sauberkeit und Ordnung.« Seine Züge wurden durch die Thermokleidung zum größten Teil verdeckt, aber in seinem Tonfall schwang trockene Belustigung mit.
    »Gibst du jemals eine direkte, ehrliche Antwort?«
    »Selten.« Er lächelte, als er das sagte. Sie konnte es in seiner Stimme hören. Und warum nur
mochte
sie den Klang seiner tiefen, vollen Stimme?
    »Ich kann verstehen, dass man die Leiche verschwinden lassen will«, überlegte sie laut. »Eine schnelle Säuberungsaktion. Das hier kommt mir allerdings wie eine komplette Auslöschung vor.«
    »Das ist es.«
    Da hatte sie es: eine direkte und ehrliche Antwort.
    Wovor fürchtete er sich?
    Ihr fiel der Irrtum jedoch sofort auf. Keine Furcht. Sie konnte seine Gedanken nicht lesen, doch sie konnte seinen kühlen Blick deuten, seine beherrschte Körpersprache, und sie war sich vollkommen sicher, dass er nur sehr selten Angst hatte.
    Also musste es einen anderen Grund geben, der ihn dazu bewog, alle Beweise dessen, was hier geschehen war, auszulöschen. Und dieser Grund war definitiv nicht gut.
    »Danke, dass du dich um die Säuberung gekümmert hast.« Sein Blick traf sie, funkelte und flackerte, und sie fragte sich, wie sie diese mitternachtsblauen Augen für kalt hatte halten können. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch mal wiedersehe.«
    Nur das. Schlichte Worte, ohne große Regung in der Stimme, und trotzdem schlug ihr Herz schneller. Er

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