Dark Future: Herz aus Feuer

Titel: Dark Future: Herz aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Kenin

Vom Netzwerk:

die Erde zu kommen –
Ich kann dir etwas über Tolliver erzählen
–, aber er hatte dafür gesorgt, dass er nicht in die Lage kam zu halten, was er versprochen hatte.
    Ein Versehen oder ein gut ausgeführtes Ausweichmanöver? Tatiana hielt Letzteres für wahrscheinlich. Komisch, sie hätte ihn nicht für einen Feigling gehalten.
    Einiges hatte sie sich selbst zusammengereimt.
    Dass mutierte Plünderer durch ein Labyrinth aus Tunneln krochen, das sich fünfzig Meter unter der gefrorenen Steppe befand, bedeutete, dass Gavin Ward seine Finger im Spiel hatte – was auch immer hier unten vor sich ging. Auch wenn diese altertümliche unterirdische Anlage definitiv nicht sein verstecktes Laboratorium war, konnte es nicht weit entfernt sein. Überhaupt nicht weit entfernt.
    Aber sie hatte keinen Beweis, noch nicht. Doch nachdem sie ihr halbes Leben in eine Zelle gesperrt verbracht und Kakerlaken beigebracht hatte, Krümel zu fangen, waren ihr Geduld und Beharrlichkeit nicht fremd.
    Sie würde das Labor finden, sie würde Tolliver finden, und am Ende würde sie auch Ward finden. Sie würde das verfluchte Ödland vor dieser Seuche retten. Das war ihr hübscher, ordentlicher Drei-Punkte-Plan.
    »Ich bringe dich zurück in die Unterkünfte«, bot Lamia an, als sie mit dem Abwasch fertig waren. »Es sei denn, du möchtest lieber Tristan fragen, ob er dich begleitet.«
    Verdammt, war es so offensichtlich? Sie sah die unverhohlene Belustigung in Lamias Augen und gab ein schnaubendes, verlegenes Lachen von sich.
    »Komm schon.« Allerdings konnte sie es sich nicht verkneifen, noch einmal einen letzten flüchtigen Blick auf Tristan zu werfen, als sie an ihm vorbeigingen.
    Später, nachdem sie noch einmal nach versteckten Überwachungsgeräten gesucht hatte, nahm Tatiana eine wundervolle heiße Dusche und machte sich dann für die Nacht fertig. Per Satellitenverbindung recherchierte sie am Plasmabildschirm zum Thema Viren. Sie wusste, dass Lamia die Links, die sie benutzt hatte, und die Stunden, die sie vor dem Bildschirm zugebracht hatte, nachverfolgen konnte. Es war ihr egal. Alles, was man daraus schließen konnte, war, dass sie an Immunologie interessiert war. Und dass sie unter Schlaflosigkeit litt.
    So wie unzählige andere Menschen im Ödland. Wochen, in denen endlose Nacht herrschte, ließen einen Menschen so werden. Es machte einen schlaflos. Es machte einen verrückt.
    Sie wusste das besser als viele andere. Reizentzug war eines von Gavin Wards Lieblingsspielchen gewesen.
    Die Erinnerungen kamen hoch, versuchten, sich zu befreien, und sie drängte sie zurück. Nicht jetzt. Irgendwann würde sie sich ihnen stellen, aber nicht heute.
    Sie ging in ihrem kleinen Quartier auf und ab und zwang sich, ihre Gedanken nicht an die tiefen, finsteren Orte zu lassen, die ihr nur Schmerz bereiten würden.
    Sie erinnerte sich daran, dass die Dunkelheit nicht länger ihre Feindin war. Ihre Fähigkeit, in der Nacht zu sehen, hatte sich zu etwas Wundervollem entwickelt.
    Was die Schlaflosigkeit anging, hatte sie in letzter Zeit herausgefunden, dass sie nicht viel Schlaf brauchte. Ein weiterer Pluspunkt der genetischen Verbesserungen. Ihr fiel wieder ein, dass Wizard und Yuriko ebenso wenig Schlaf benötigt hatten. Vor Jahren hatte sie sieben oder acht Stunden geschlafen, während die beiden mit zwei Stunden ausgekommen waren.
    Von Tag zu Tag wurde sie den beiden ähnlicher. Es war ein bittersüßer Gedanke. Hätten sie ihre kleine Schwester jetzt wiedererkannt, wenn sie noch am Leben gewesen wären?
    Sie schluckte und wandte sich wieder ihrem Link-Board zu, um nach den neuesten Forschungspublikationen über den Einsatz von gentechnisch veränderten Viren als Nanomaschinen zu suchen.

    Am folgenden Morgen holte Lamia sie ab. Das Erste, was sie sagte, war keine Überraschung für Tatiana.
    »Du schläfst nicht viel, oder?«
    »Nicht so viel, nein«, entgegnete sie und wies auf die Wände. Wegen der verfluchten vier Wände hatte sie die ganze Nacht lang keine Ruhe finden können. Sie konnte es nicht ertragen, so eingesperrt zu sein, doch sie musste es aushalten. Wenn das kein Dilemma war. »Die fremde Umgebung.«
    Ein Schatten huschte über Lamias Gesicht. »Mit der Zeit wird sie vertrauter.«
    »Ich hatte nicht vor, für immer hier einzuziehen.« Tatiana schob ihre AT 450 in die Hülle zwischen ihren Schulterblättern und zwang sich zu einem Lachen.
    Die Schatten kehrten auf Lamias Gesicht zurück. »Ich weiß, aber manchmal ist das