Dark Heart: Zweiter Band
Tür zu, lief um das Auto herum und setzte sich neben meinen Vater, der schon den Motor gestartet hatte. Ein Schwall warmer Luft erfüllte den Innenraum. Für einen kurzen Moment beschlugen die Scheiben, dann war die Sicht wieder frei.
Er kommt. Egal…
E r kommt. Egal, wo ich mich verstecke, er wird mich finden. Das waren Kyles letzte Worte.« Ich umfasste meine Teetasse mit beiden Händen in der Hoffnung, die Kälte in meinem Innern zu vertreiben.
»Du bist hier nicht mehr sicher«, sagte mein Vater, der für sich, meine Mutter und Grandma jeweils ein Glas Whisky eingeschenkt hatte. Normalerweise mochte Dad keine harten Getränke, aber offenbar brauchte er in diesem Moment etwas, was seine aufgewühlten Nerven beruhigte. Wir saßen alle im Wohnzimmer. Hank hatte indessen draußen Stellung bezogen.
Mom war blass. Immer wieder strich sie sich nachdenklich mit der Hand über den Arm, den Whisky rührte sie nicht an.
»Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir über eine Allianz mit Lilith McCleery nachdenken sollten«, sagte Grandma schließlich. Sie hatte ihren Whisky geleert und umklammerte jetzt wieder den Stock, so als müsste sie selbst in dem tiefen Sessel nach Halt suchen.
»Du meinst, ich sollte bei ihr Schutz suchen?«, fragte ich überrascht.
Meine Mutter sah Dad ratlos an. Er griff nach ihrer Hand und holte tief Luft.
Ich sollte wirklich mein Zuhause verlassen! Und meine Freunde! Und Mark! »Für wie lange?« Meine Stimme klang leiser als beabsichtigt.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Grandma. Sie zog die Stirn in Falten und blickte eine Weile angestrengt ins Leere. »Wir sollten jedenfalls kein Risiko eingehen. Wenn Lilith McCleery dich aufnehmen will, solltest du zu ihr gehen.«
»Mom? Dad?«
Das Gesicht meiner Mutter war wie versteinert, und auch Dad kämpfte mit sich. Schließlich nickten beide.
Ich trank meinen Tee aus. »Gut. Dann packe ich also meine Sachen.«
Wir einigten uns darauf, dass Hank mich fuhr. Nun ja, eigentlich war ich es, die darauf bestand, dass Mom, Dad und Grandma daheimblieben. Irgendwie wäre es mir komisch vorgekommen, von meinen Eltern zum Sitz einer Vampirkönigin chauffiert zu werden. Der Abschied von zu Hause tat mir weh. Grandma gab mir eine Unmenge von Ratschlägen, wie ich mich den Nachtgeschöpfen gegenüber verhalten solle. Mom umarmte mich, als wäre es ein endgültiger Abschied, und auch Dad hatte Tränen in den Augen. Er versprach, dass er Mark anrufen würde, um ihn von unserem Entschluss zu unterrichten. Mark musste sich daheim um seine Mutter kümmern, die nach den dramatischen Ereignissen bei Georges Beerdigung noch immer unter Schock stand.
Hank und ich wechselten auf dem Weg zum Saint Mark’s Summit kaum ein Wort miteinander. Statt sich wie früher auf der Fahrt mit mir zu unterhalten, brütete er jetzt düster vor sich hin. Er hätte mich natürlich nie und nimmer in die Hände der Vampirkönigin übergeben, aber Grandma hatte ihm den Befehl erteilt, mich zu begleiten. Nie wäre es ihm eingefallen, eine Entscheidung meiner Großmutter zu kritisiere n – schon gar nicht vor Mitgliedern der Familie.
Die unbefestigten Straßen waren durch den Dauerregen in einem entsetzlichen Zustand, sodass wir erst weit nach Sonnenuntergang die Mountain View Lodge erreichten.
Ein Diener im schwarzen Anzug trat mit aufgespanntem Schirm an unseren Wagen und öffnete meine Tür. Hank dagegen musste allein in den Regen hinaus.
»Guten Abend, M s Garner«, begrüßte mich der Diener. Bei Hanks Anblick verbeugte er sich leicht. »M r Gerard, es ist uns eine Ehre.«
Bevor Hank etwas sagen konnte, holte der Diener meine beiden Taschen aus dem Kofferraum und trug sie hinauf zu dem überdachten Eingang, wo er sie ins Trockene stellte.
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen?«, sagte er dann und hielt uns die schwere Türe auf. »Hoheit lässt sich entschuldigen, sie ist auf der Jagd. Sie hat aber bereits ein Zimmer für Sie vorbereiten lassen.«
Ich sah ihn überrascht an. »Woher hat sie gewusst, dass ich komme?«
Der Diener lächelte nur und ging uns voran die Treppe hinauf.
Drinnen brannten überall Lichter, Gäste und Bedienstete liefen hin und her. Hank und ich sahen aus wie zwei Stadtstreicher, die sich in ein Luxushotel verirrt hatten. Die Frauen trugen Abendkleider, die Männer Smoking. Die gedämpften Klänge eines Streichquartetts drangen aus einem der Säle. Jeder, der uns begegnete, begrüßte uns freundlich, fast ehrerbietig. Der mit einem weichen, tiefen
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