Dark Inside (German Edition)
so lange, bis es einen Grund gibt, das Gegenteil anzunehmen.«
Die Entscheidung war gefallen. Niemand wagte es, der Lehrerin zu widersprechen. Sie war die einzige Erwachsene und hatte sozusagen automatisch das Sagen. Außerdem musste sie ja wissen, wie man sich in einer solchen Situation verhielt. Doch auf ihrem Gesicht lag ein ängstlicher Ausdruck und beim Sprechen legte sie den Kopf so merkwürdig auf die Seite. Sie versuchte, es zu verbergen, und von den anderen bemerkte es auch niemand, doch Aries konnte sie nichts vormachen. Es war eindeutig. Ms Darcy glaubte ihren eigenen Worten nicht. Sie kannte die Wahrheit.
»Und wo ist dieser Typ jetzt?«, fragte Colin. »Wenn er die Schule für so sicher gehalten hat, warum ist er dann nicht hier?«
»Es gab noch andere, die gerettet werden mussten«, erklärte Aries. »Für ihn war das wichtiger, als den Schwanz einzuziehen wie ein Feigling und einfach abzuhauen.«
Colin verzog den Mund zu einem falschen Lächeln.
»Das spricht für ihn«, sagte Ms Darcy. »Ich schlage vor, wir gehen jetzt in die Requisitenkammer. Vor ein paar Wochen habe ich dort einen Gettoblaster gesehen. Wenn wir ihn zum Laufen bringen, können wir vielleicht Nachrichten hören.«
»Ich muss gehen.«
Aries und Ms Darcy waren unten in der Requisitenkammer. Sie fanden den Gettoblaster in der Ecke, halb verborgen unter einigen Bühnenperücken. Er war riesig groß, ein vergessenes Relikt aus den Achtzigern. Aries bezweifelte, dass er noch funktionierte, doch das würden sie erst wissen, wenn sie irgendwo Batterien gefunden hatten.
»Was meinen Sie damit?«, fragte Aries. »Sie waren doch der gleichen Meinung wie ich.«
Ms Darcys Kinn begann zu zittern. »Ich habe zwei kleine Kinder zu Hause, bei denen jetzt ein Babysitter ist. Ich kann nicht auf eine Rettungsmannschaft warten. Ich muss wissen, ob es meinen Kindern gut geht.«
»Ich verstehe.«
»Die anderen werden es auch verstehen. Ich werde es ihnen einfach machen und hinausschleichen, wenn gerade niemand auf mich achtet.«
»Aber ich weiß doch gar nicht, was ich machen soll.«
Ms Darcy legte ihr die Hände auf die Schultern und zog sie zu sich heran. »Mach einfach so weiter. Ich würde dir das nicht zumuten, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass du es schaffen kannst. Du bist eine meiner intelligentesten Schülerinnen und ein Vorbild für die anderen. Sie werden auf dich hören. Sorg dafür, dass sie in der Schule bleiben. Egal, was geschieht, sie dürfen nicht nach draußen.«
»Und wenn sie nicht auf mich hören wollen?«
»Sie werden auf dich hören.«
»Colin nicht.«
»Dann lass ihn gehen. Du wirst nicht alle retten können.«
»Da draußen sterben Menschen«, sagte Aries. »Ich habe es selbst gesehen. Sara ist tot. Können Sie denn nicht bis morgen früh warten? Dann können wir etwas organisieren. Wir helfen Ihnen, nach Hause zu kommen.«
»Bis dahin ist es vielleicht schon zu spät.«
»Sie wissen, was da draußen passiert, nicht wahr?«, fragte Aries.
»Ja. Und deshalb ist es auch so wichtig, dass ihr alle in der Schule bleibt. Aries, hör mir zu.« Ms Darcy zog sie noch näher zu sich heran und flüsterte ihr ins Ohr, obwohl außer ihnen niemand da war. »Es wird etwas Furchtbares geschehen. Es hat schon angefangen. Ich weiß, dass du es auch spürst.« Ms Darcy erschauderte. »Es fühlt sich an, als würde ich unter Strom stehen. Ich kann es nicht erklären. Ich spüre es schon seit Wochen. Es ist größer als jedes Erdbeben und am Ende wird es viel schlimmer sein als ein paar eingestürzte Gebäude.«
»Ich spüre es auch.«
»Die anderen nicht.«
»Die Glücklichen.«
»Sei vorsichtig. Aber ich möchte nicht, dass du mit mir kommst. Das musst du verstehen. Bleib hier, solange du kannst. Warte, bis das Schlimmste vorbei ist. Wenn wir Glück haben, ist es schnell wieder vorbei, und dann werden deine Eltern kommen und dich holen.«
»Es wird nicht aufhören.« In dem Moment, in dem Aries die Worte ausgesprochen hatte, wusste sie, dass sie wahr waren.
»Das kann ich nicht glauben.«
Aries holte tief Luft. »Ich hoffe, dass es Ihren Kindern gut geht und dass Sie es bis nach Hause schaffen.«
»Danke.« Ms Darcy holte ihre Schlüssel aus der Tasche und drückte sie ihr in die Hand. »Wenn bis morgen früh niemand kommt, versuch es mit dem Telefon im Büro. Bis dahin funktioniert es vielleicht wieder.«
»Okay.«
Der Gettoblaster funktionierte nicht, obwohl sie beide Packungen mit Batterien ausprobierten, die
Weitere Kostenlose Bücher