Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Inside (German Edition)

Dark Inside (German Edition)

Titel: Dark Inside (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeyn Roberts
Vom Netzwerk:
einer Krücke balancierend, nahm er einen der Becher und brachte ihn Mason, ohne auch nur einen einzigen Tropfen zu verschütten.
    »Ich war Soziologieprofessor an der Universität«, sagte Twiggy, während er wieder in die Küche ging. Er nahm eine Packung Kekse und warf sie auf das Bett. »Jetzt mach nicht so ein überraschtes Gesicht: Verrückte Professoren sehen immer so aus, als hätten sie gerade in eine Steckdose gefasst. Wirre Haare und Tweedanzüge liegen uns, glaube ich, in den Genen.«
    »Cool.«
    »Und wie«, sagte Twiggy. »Ich hatte mich auf den Niedergang spezialisiert, auf die Zerstörung von Kulturen. Du kannst dir vorstellen, dass mich diese Sache hier ganz schön aufgerüttelt hat.«
    Vor dem Fenster ertönte ein Schrei. Masons Hände zuckten vor Schreck und verschütteten Tee auf seinem Hemd. Fluchend sprang er auf und zog an dem Stoff, um zu verhindern, dass die siedend heiße Flüssigkeit ihm die Brust verbrannte.
    Twiggy hüpfte zum Fenster und zog den Vorhang zur Seite, um besser sehen zu können. »Ich kann dir nicht sagen, ob das einer von denen war oder ob jemand in Schwierigkeiten ist. Aber wir könnten sowieso nichts tun.«
    »Sollten wir nicht nachsehen gehen?« Mason, dessen Hemd sich abgekühlt hatte, stellte sich neben Twiggy an das Fenster, das den Blick auf eine schmale Gasse freigab. Es war niemand zu sehen.
    »Auf keinen Fall. Ich bin zwar alt, aber sterben will ich noch nicht. Vor ein paar Tagen habe ich gesehen, wie sie einen der Plünderer in Stücke gerissen haben. Der Idiot hat doch tatsächlich versucht, einen von diesen 72-Zoll-Fernsehern wegzuschleppen. Ich weiß ja nicht, was er sich damit ansehen wollte. Vielleicht dachte er, das Ding läuft mit Feenstaub? Wer weiß? Sie haben ihn jedenfalls umgebracht. Ich habe noch nie einen Mann so schreien hören. Du solltest dich lieber bedeckt halten, wenn du willst, dass die Menschheit überlebt.«
    Mason wandte sich ab. Er wusste, dass Twiggy recht hatte. Es war sowieso zu spät – der Mann, der geschrien hatte, war weg. Oder zum Schweigen gebracht worden.
    Twiggy zog den Vorhang wieder vor das Fenster. Er ging zum Bett zurück und setzte sich. »Du redest nicht viel, stimmt’s?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Es liegt wohl nicht daran, dass du nichts zu sagen hast.«
    Mason zuckte mit den Schultern.
    »Ich werde dich nicht fragen, wen du verloren hast«, sagte Twiggy. »Man kann es in deinem Gesicht lesen. Aber ich werde dir etwas sagen: Einfach losrennen und den Helden spielen wird sie nicht zurückbringen. Du brauchst keine Schuldgefühle zu haben, weil du überlebt hast.«
    »Darum geht es nicht«, sagte Mason.
    »Dann suchst du also nach Antworten? Es gibt keine.«
    »Warum?«
    »Gute Frage.« Twiggy kratzte sich am Bein. »Aber darauf habe ich auch keine Antwort. Warum geschieht etwas? Ich glaube, die Krankheit ist einfach zu stark geworden.«
    »Die Krankheit?«
    »Die Menschheit.«
    Mason zuckte wieder mit den Schultern, vor allem, weil er keine Ahnung hatte, was er darauf antworten sollte. Twiggy starrte ihn aufmerksam an und Mason wurde langsam unbehaglich zumute. Sein Mathematiklehrer hatte das Gleiche gemacht, vor allem, wenn er wusste, dass Masons Antwort nicht die richtige sein würde. Vielleicht machten das alle Lehrer so?
    »Geboren im Blut, aufgewachsen im Blut«, sinnierte Twiggy. Er hüpfte zum Bücherregal, nahm ein Album heraus und gab es Mason. Auf der ersten Seite war das Schwarz-Weiß-Foto einer zerstörten Welt. Im Hintergrund ragten die Trümmer von Gebäuden in den Himmel und die Straßen waren mit Hunderten Leichen übersät. »Die gewalttätigste Spezies auf diesem Planeten ist der Mensch. Wir haben alles aufgeschrieben, alle niederträchtigen Taten, die wir je begangen haben. Wir sind bis ins Mark verdorben. Ein Heilmittel hat es nie gegeben. Und jetzt hat die Krankheit den Kampf gewonnen. Wir machen endlich etwas richtig, indem wir unseren Planeten von unserer Gegenwart befreien.«
    »Soll das heißen, wir sind dafür verantwortlich? Wir haben das geschaffen?«
    »Nicht direkt«, erwiderte Twiggy. Er blätterte einige Seiten um, bevor er fand, wonach er suchte. Ruinen einer vergangenen Zivilisation. Ein von Kletterpflanzen und Sträuchern überwucherter Tempel. Mumifizierte Skelette, deren Münder für immer zu einem Schrei geöffnet waren. »Wir sind am Ende unserer Tage, Mason. Wie alle großen Kulturen vor uns, hat auch unsere begonnen, sich selbst von innen heraus zu fressen – zu

Weitere Kostenlose Bücher