Dark Inside (German Edition)
ihnen sind in der Lage, dich zu täuschen«, fuhr er fort. »Einige von ihnen können normal reden. Sie können dich dazu bringen, dass du sie für unschuldig hältst. Deshalb darfst du niemandem vertrauen. Was ist mit deinen Freunden? Kennst du sie wirklich so gut? Würdest du ihnen dein Leben anvertrauen?«
»Ja.« Sie brauchte gar nicht über die Antwort nachzudenken. Allerdings blitzte kurz Colins Gesicht in ihren Gedanken auf, aber nur für einen Moment. Er war viel zu feige, um ein Killer zu sein.
»Dann bist du dumm.«
»Und du bist ein Arsch.«
»Weil ich versuche, dich am Leben zu halten?«
»Ich brauche deine Hilfe nicht.«
Daniel schmunzelte. »Ich glaube, damit hast zur Abwechslung mal du recht. Bis jetzt hast du dich sehr gut geschlagen. Es gibt nicht viele, die es so weit geschafft haben. Ich würde dich ja fragen, wo du dich mit den anderen versteckst, aber ich will es nicht wissen.«
»Ich möchte, dass du mitkommst, wenn ich zurückgehe.« So, jetzt hatte sie es gesagt. Sie hatte unzählige Fragen an ihn und vor allem interessierte es sie brennend, warum er so viel wusste. Doch das musste alles warten, bis sie ihn in Sicherheit gebracht hatte.
»Nein.«
Sie wollte ihn packen und kräftig durchschütteln, damit er endlich zur Vernunft kam. Er machte sie wahnsinnig. Warum war er nur so stur? »Na schön. Wie du willst. Aber glaub bloß nicht, dass ich angerannt komme, wenn du das nächste Mal am Boden liegst.«
»Dann gehst du also?«
»Erst, wenn es dunkel ist. Tagsüber ist es draußen nicht sicher.«
Zu ihrer Überraschung nickte er. »Du hast recht. Dann werden wir es bis dahin wohl miteinander aushalten müssen.« Er stand auf. Dann zog er sein schmutziges Hemd aus und ließ es auf den Boden fallen.
Sie wurde rot und wandte den Blick ab, allerdings erst, nachdem sie durchtrainierte Muskeln und gelb verfärbte Blutergüsse auf seinem Bauch zu sehen bekommen hatte.
»Ich hole mir ein neues Hemd«, sagte er. Aries konnte den belustigten Unterton in seiner Stimme ganz deutlich hören. »Und dann suche ich mir was zu essen.« Seine nackten Füße machten ein leises, platschendes Geräusch auf dem Fliesenboden, als er davonging. »Du kannst gern mitessen. Ich verspreche, dass ich dabei mehr anhaben werde.«
Ein Dutzend Antworten schoss ihr durch den Kopf, doch jede einzelne davon war so bescheuert, dass sie sich lieber auf die Zunge biss. Als er um die Ecke gebogen war, packte sie ihr Kissen und warf es ihm nach. Nicht gerade die originellste Retourkutsche der Welt, aber hinterher ging es ihr wenigstens ein bisschen besser.
Sie zog eines der Funkgeräte aus ihrer Tasche und schaltete es ein. Dann hob sie es an ihren Mund, zögerte aber. Was sollte sie eigentlich sagen? Sie hatte gestern Abend kurz mit Joy gesprochen, nachdem sie und Nathan wieder in der Wohnung angekommen waren, und versprochen, sich am Morgen noch einmal zu melden und alle auf den neusten Stand zu bringen. Sicher, Daniel ging es besser, und das war etwas, das sie erzählen konnte, aber im Grunde genommen wusste sie jetzt nicht mehr weiter. Sie war dafür verantwortlich, ihn zu den anderen zu bringen, doch er schien unbedingt zurückbleiben zu wollen. Es war merkwürdig.
»Ist da jemand?«, sagte sie in den winzigen Empfänger. Sie kam sich irgendwie dumm vor. Musste man nicht so was wie »over« oder »verstanden« sagen, wenn man diese Dinger benutzte?
Nach einer Pause hörte sie ein Klicken. »Aries?«
»Hi, Jack.«
»Wow, der Empfang ist super. Keine Hintergrundgeräusche oder so. Bist du noch im Supermarkt?«
»Ja. Ich werde bis zur Dämmerung hierbleiben. Wie geht’s euch? Ist etwas passiert?«
»Nein, hier läuft alles super. Wir haben die neuen Sachen angezogen und etwas gegessen. Die Stimmung ist gut. Sogar Colin hat gute Laune. Wie geht’s diesem Typen? Besser?«
»Ja. Das Fieber ist weg.«
»Klasse. Ich freue mich schon, ihn kennenzulernen. Wir sehen uns dann heute Abend, ja?«
»Ja.« Sie wusste nicht so genau, warum sie ihn angelogen hatte, aber vor allem lag es wohl daran, dass die Wahrheit viel zu kompliziert war, um sie über eine kleine Plastikkiste zu erklären. Wenn sie zurück war, würde sie den anderen die ganze Geschichte erzählen.
Und vielleicht würde es sich Daniel ja noch anders überlegen. Bis zum Sonnenuntergang war es noch lang.
Sie machte sich auf die Suche nach ihm und fand ihn schließlich in der Spielzeugabteilung. Er hatte sich ein frisches Hemd angezogen, ein schwarzes,
Weitere Kostenlose Bücher