Dark Inside (German Edition)
das eng an seinem Oberkörper anlag. Auch die Jeans hatte er gewechselt. Seine Füße waren immer noch nackt. Der behelfsmäßige Verband an seiner Stirn war weg und seine Haare sahen feucht aus. Er hatte sich in der Zwischenzeit gewaschen.
»Du siehst gut aus«, sagte Aries. Sie bereute ihre Worte sofort, als er ihr mit hochgezogener Augenbraue einen Blick von der Seite her zuwarf und dabei grinste. »Ich meine, nicht mehr so krank. Besser als gestern Abend.«
Er lachte.
Das war’s. Sie hatte genug. Ab jetzt würde sie kein einziges Wort mehr sagen. Wenn sie den Mund hielt, würde sie endlich aufhören, sich lächerlich zu machen.
»Dafür siehst du heute ein bisschen verkrampft aus«, entgegnete er. »Was hast du mit deinem Bein gemacht? Du bewegst dich, als hättest du vergessen, wie man seine Knie benutzt.«
»Nur ein Kratzer«, antwortete sie. »Keine große Sache.«
Genau genommen waren die Schmerzen in ihrem Bein seit gestern Abend schlimmer geworden. Als sie mit dem Rad gestürzt war, hatte sie es irgendwie fertiggebracht, sich sämtliche Muskeln an der Innenseite ihres Oberschenkels zu zerren, und die große Wunde an ihrem Bein erschwerte das Gehen. Jedes Mal, wenn sich ihre Haut spannte, hätte sie am liebsten laut geschrien, doch das würde sie auf keinen Fall zugeben.
»Ich habe nicht den Eindruck, dass du eine von diesen Prinzessinnen bist.«
»Was soll das denn bedeuten?«
Er lächelte. »Es bedeutet, dass ich trotzdem alles dafür tun würde, um dich zu retten, du mir aber vermutlich zum Dank eine scheuern würdest – weil du lieber versuchst, den Drachen selbst zu töten.«
»Muss ich dich erst noch daran erinnern, wer wen gestern Abend gerettet hat?«
»Wenn du das so nennen willst – bitte. Und als Belohnung habe ich ein Geschenk für dich«, erwiderte Daniel. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er etwas hinter seinem Rücken versteckt hatte.
»Was ist das?«
»Etwas, mit dem die Zeit bis heute Abend schneller vergehen wird«, sagte er, während er den Gegenstand hervorzog, damit sie ihn sehen konnte. Monopoly. Weltedition.
Sie lachte. »Du hast schon verloren.«
»Das werden wir ja sehen. Aber ich bekomme das Auto.«
Nachdem sie den Karton aus der Kunststofffolie geschält hatten, stellten sie das Spielbrett auf einem der Mustertische in der Haushaltswarenabteilung auf. Sie spielten drei Durchgänge, von denen Aries zwei gewann. Dann statteten sie dem Gang mit den Knabberartikeln einen Besuch ab und holten sich Kartoffelchips, Popcorn mit Käsegeschmack und Dosen mit Eistee.
Mehrmals versuchte sie, ihn darüber auszufragen, ob er noch mehr wusste über das, was geschehen würde. Er schien so viel zu wissen, doch er wollte ihr nicht antworten oder wechselte schnell das Thema. Schließlich hörte sie auf zu fragen.
»Ich glaube, ich habe jetzt so oft Monopoly gespielt, dass es für den Rest meines Lebens reicht«, bemerkte sie nach dem letzten Spiel. Sie sah auf die Uhr. 18.30 Uhr. Sie stand auf und ging bis zum Hauptgang. Auf der anderen Seite des Supermarkts konnte sie die großen Eingangstüren sehen. Der Himmel draußen wurde langsam dunkler.
»Die Tage werden kürzer«, stellte Daniel fest.
»Es wird ein kalter Winter werden«, stimmte sie ihm zu. »Vor allem ohne Heizung und Strom. Wir hätten in den Süden gehen sollen.«
Sie hatte es scherzhaft gemeint, doch Daniel nahm sie wie immer wörtlich.
»Ihr hättet es nie bis in den Süden geschafft.«
»Bist du eigentlich nie optimistisch?« Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. Es war komisch, dass einem auch dann kalt wurde, wenn man nur über das Wetter sprach.
»Nein.«
Vorhin hatte sie eine Strickjacke, die ihr gefallen hatte, vom Regal genommen. Sie war dunkelgrün und hatte braune Holzknöpfe und eine Kapuze. Daniel nahm sie vom Stuhl und gab sie ihr. Aries legte sie sich um, verfing sich aber mit dem Ellbogen in einem Ärmel. Er streckte die Hand aus und half ihr, doch dann blieb seine Hand auf ihrem Arm liegen. Er sah ihr in die Augen.
»Du musst bald gehen.«
»Komm mit.«
»Nein.«
Sie zog ihren Arm mit einem Ruck weg. »Was ist bloß los mit dir?«
Aber er achtete gar nicht auf sie, sondern starrte über ihren Kopf hinweg auf den Haupteingang. Sein Gesicht wirkte angespannt.
»Hast du das gehört?«
Aries erstarrte. »Was?«
Er ignorierte sie und ging an ihr vorbei in den Hauptgang. Sie folgte ihm bis in den vorderen Teil des Supermarkts. Daniel kniete sich hinter eine Palette mit Waschmitteln und sie
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