Dark Inside (German Edition)
Apotheke weg. »Ihr könnt mein Rad nehmen. In der Sportartikelabteilung sind noch jede Menge, ich kann mir jederzeit ein anderes holen. Und dort finden wir bestimmt auch einen von diesen Anhängern für Kinder, die man hinten am Rad festmacht. Damit könnt ihr viel mehr transportieren, ohne behindert zu werden. Außerdem habe ich einige Funkgeräte aus der Elektroabteilung geholt. Ab jetzt können wir in Verbindung bleiben. Ihr könnt mich immer erreichen, wenn ihr wollt. Ich komme zurück, sobald er mich begleiten kann. In ein, zwei Tagen, höchstens.«
»Das gefällt mir nicht«, sagte Nathan. »Und den anderen dürfte es, glaube ich, genauso wenig gefallen.«
»Ich verdanke ihm mein Leben«, entgegnete sie. »Ich schulde ihm einen Gefallen.«
Eine Stunde später waren sie zum Aufbruch bereit. Joy und Nathan waren schwer beladen, hatten aber nicht so viel mitgenommen, dass sie dadurch behindert wurden. Darauf hatte Aries geachtet. Draußen war es noch dunkel, doch im Osten wurde der Himmel allmählich heller. Die beiden mussten sich beeilen.
»Wir melden uns, wenn wir angekommen sind«, sagte Joy. Das Funkgerät hatte sie auf ihren Rucksack geschnallt, was sie aussehen ließ wie einen Fahrradkurier, der sich zu viel zugemutet hatte.
»Seid vorsichtig«, sagte Aries.
»Du auch.«
Joy drehte sich um und öffnete die Tür. Sie schob ihr Fahrrad durch die Öffnung, was gar nicht so einfach war, da es jetzt mit einem Kinderanhänger verbunden war. Aries half ihr die Treppe hinunter. Die Luft draußen war kühl und frisch. Der salzige Duft des Meers stieg ihr in die Nase, zusammen mit einem leichten Rauchgeruch. Wegen des Erdbebens, aber auch weil die Bestien ihre Opfer gerne mit Feuer aus den Verstecken trieben, standen viele Gebäude noch in Flammen. Aries konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal einen Himmel gesehen hatte, der nicht wie eine riesige Wand aus Rauch ausgesehen hatte. Ihrer Kleidung entströmte ständig ein beißender Geruch.
»Verriegel die Tür hinter uns!«, rief Nathan. »Und wenn sie das Fenster einschlagen, gehst du in das Büro. Dort bist du sicher.«
Als sie den Supermarkt durchsucht hatten, hatten sie ein kleines, fensterloses Büro mit einem stabilen Schloss an der Tür gefunden. Wenn etwas passieren sollte, konnte sie Daniel ohne viel Mühe dorthin bringen. In dem Büro würden sie zwar in der Falle sitzen, aber wenigstens die Bestien aussperren können.
»Mach ich«, versprach Aries.
Joy umarmte sie kurz, bevor sie auf ihr Rad stieg. Aries sah zu, wie sie wegfuhren, und fragte sich, ob sie das Richtige tat.
Mit einem leisen Seufzer drehte sie sich um und lief wieder hinein, um darauf zu warten, dass Daniels Fieber herunterging.
Er hatte sich nicht bewegt, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Sie setzte sich eine Weile zu ihm aufs Bett und sah zu, wie er atmete. Menschen sahen immer so schön aus, wenn sie schliefen, so verwundbar und unschuldig. Am liebsten hätte sie ihn jetzt in die Arme genommen und festgehalten, bis er wieder aufwachte. Sie streckte die Hand aus und strich ihm vorsichtig eine Haarsträhne aus den Augen. Er bewegte sich nicht. Sie fuhr mit dem Finger über sein Gesicht, erstaunt darüber, wie weich seine Haut war. Ihr Herz schlug schneller. Sie spürte, wie es in ihrer Brust pochte. Seine Lippen waren leicht geöffnet, dahinter waren gerade weiße Zähne zu erahnen. Sie berührte seine Lippen und zog dann schnell ihre Hand zurück.
Er murmelte etwas im Schlaf, das sie nicht verstehen konnte. Sie musste lächeln. Wenigstens war er nicht aufgewacht. Sie wusste nicht, wie sie ihm ihren plötzlichen Wunsch, ihn zu berühren, hätte erklären sollen.
Verlegen stand sie auf, zog vorsichtig die Decke über seine Brust und steckte sie fest, damit er es warm hatte.
Nachdem sie sich neben dem Bett auf den Boden gesetzt hatte, zog sie ihre Jeans aus und machte ihre Wunden mit Kochsalzlösung sauber. Es brannte ein bisschen, war aber auszuhalten. Auf ihrer Haut klebte Kies und die Steinchen, die sie nicht wegwaschen konnte, musste sie einzeln herausholen. Es tat weh und es half auch nicht gerade, dass ihre Muskeln jedes Mal, wenn sie vor Schmerz zurückzuckte, zu zittern begannen. Schließlich schaffte sie es, ihre Wunden halbwegs zu reinigen. Zum Schluss wickelte sie die Mullbinde um ihr Bein.
Sie warf ihre zerrissenen Jeans zur Seite, griff nach der Jogginghose, die sie in der Modeabteilung gefunden hatte, und zog sie an. Der weiche Stoff
Weitere Kostenlose Bücher