Dark Love
dass ich wenigstens etwas mehr Stolz besaß, aber ich ließ nicht locker. »Bram, bitte …«
Er schüttelte den Kopf. »Ich muss dir etwas sagen. Jetzt .«
»Aber ich weiß doch, dass du es dir auch wünschst. Bevor es zu spät ist. Bram, du hast gesagt, du wartest auf die Richtige … könnte ich das nicht für dich sein? Ich meine, natürlich nicht jetzt sofort, aber vielleicht irgendwann. Wir sollten nicht einmal über so etwas reden, aber wir tun es nun mal, also lass es uns doch zu Ende …«
»Du bist es!« , donnerte er plötzlich. Ich taumelte einen Schritt zurück, erschrocken über den plötzlichen Ausbruch. »Du bist es, tausendfach! Ich habe so etwas noch nie gemacht, ich weiß nicht …« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und begann, auf und ab zu tigern. »Aber Wolfe hat recht. Ich bin nicht der Richtige für dich. Ich weiß, dass ich dir niemals alles geben könnte … dass ich dir niemals irgendetwas von dem geben könnte, was du brauchst.«
Mein Korsett fühlte sich plötzlich an, als würde es mir die Luft abschnüren. Die stoffumhüllten Stahlgräten schienen sich zwischen meine Rippen zu bohren. Bram öffnete sein Jackett. Die Weste darunter leuchtete rot auf, als würde er bluten wie nach einem grausamen Stich, doch nicht einmal das war für ihn mehr möglich. »Aber … allein die Vorstellung war unglaublich. Danke dafür.«
»Bram, nein, es war nicht …«
»Würdest du mich die Sache bitte endlich hinter mich bringen lassen?« Abrupt blieb er stehen und wandte den Blick von mir ab.
Ich hielt den Atem an. Ich wollte es nicht hören. Ich wollte wegrennen, mich im Zimmer meines Vaters verstecken und weinen, bis mein Herz und meine Augen leer waren. Doch ich blieb, wo ich war.
»Nora«, begann er. Sein Ton hatte sich völlig verändert. Innerhalb weniger Sekunden war er zu einem gebrochenen Mann geworden. »Du hattest recht. Es gibt da etwas, was wir dir nicht gesagt haben, was ich dir nicht gesagt habe. Wolfe hat es befohlen. Er sagte, er würde mich wegschicken und ich wollte dich hier nicht alleine lassen. Verdammt, ich wollte dich nicht verlassen . Von dem Moment an, als ich dich auf der Straße gesehen habe, konnte ich an nichts anderes mehr denken als an dich. Ich hätte alles getan, um bei dir bleiben zu können. Er hat mir gesagt, sie würden sich darum kümmern … aber sie haben es nicht geschafft.«
Er mochte mich also. Aber mir war nicht mehr nach Frohlocken zumute. »Was?«, fragte ich.
»Bitte.« Er schloss die Augen. »Bitte, bitte versuch, mich zu verstehen. Ich wollte es dir sagen. Es ist alles meine Schuld. Es tut mir so leid …«
Jetzt hatte ich Angst. Hatten sie meinen Vater tatsächlich gefunden? War er tot? »Was ist los, Bram?«
Er bewegte die Finger, ganz leicht, als würde er bis fünf zählen. »Die Toten haben die EG eingenommen.«
Auf so etwas war ich absolut nicht vorbereitet gewesen. Ich begriff es einfach nicht. »Was?«
Er sah mich an und ich erkannte, wie ernst es ihm war. »Es waren die Grauen. Ich meine, sie müssen es gewesen sein. Man hat die Elysischen Gefilde abgeriegelt und lebende Soldaten in den Kampf gegen die Toten geschickt, aber sie haben es nicht geschafft.«
Ich verstand es noch immer nicht. »Die Untoten sind in New London?« Ich konnte meine eigene Stimme kaum hören.
Bram schlug mit der Faust auf die Reling. »Ich weiß nicht, wie schlimm die Lage ist«, fluchte er. »Wolfe hat es mir nicht gesagt.«
Das dumpfe Poltern dieses Schlags riss mich mit erbarmungsloser Plötzlichkeit in die Gegenwart zurück. Es dauerte nur zwei Sekunden, bis das Szenario in vollem Ausmaß vor meinem inneren Auge stand. Ich fiel auf die Knie. »O mein Gott«, wisperte ich, unfähig, etwas anderes zu sagen.
Bram kam auf mich zu und streckte die Hand nach mir aus, doch ich warf mich zurück und wich seiner Berührung aus. »Fass mich nicht an!«, hörte ich mich kreischen, bevor die Tränen kamen und alles in Schluchzern versank, die meinen ganzen Körper schüttelten. Meine Augen brannten und kleine Holzsplitter bohrten sich durch meine Handschuhe, während ich auf das Schiffsdeck einschlug. Seit meiner Entführung hatte ich beinahe ununterbrochen an Pamela gedacht. Ich hatte gewusst, dass sie eine schlimme Zeit durchmachen musste, doch jetzt verfolgten mich Bilder von ihr und ihrer Familie, wie sie gejagt und gefressen wurden, und es brachte mich beinahe um.
Er ignorierte meine Worte. Ich bemerkte es erst, als er mich schon gegen seine
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