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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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Die Hand einer jungen Frau schwebte über einem Schachbrett. Sie wurde von mehreren Ringen geschmückt, darunter auch der traditionelle schleifenförmige Ring, der besagte, dass die Eltern des Mädchens eine Heirat für sie arrangieren würden. Ren spielte also mit irgendjemandem AetherNet-Schach.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte er, während er flink auf einer alten Schreibmaschinentastatur herumhämmerte, die er in sein System integriert hatte. »Ich sollte das nicht tun, aber man kann hiermit keine Stimmen übertragen, ehrlich, und ich verbrauche nur etwa neuntausend Proxys, also kann niemand das Signal zurückverfolgen. Es ist nur Schach.«
    »Renfield, ich bin wirklich nicht hergekommen, um dich anzubrüllen, ehrlich nicht, aber jetzt finde ich, ich sollte es doch«, meinte Bram entnervt.
    Die neblige Mädchenhand verschob ihren Läufer und der Zug erschien auf Rens Bildschirm. Er setzte sich und schrieb weiter. »Muss jetzt gehen, tut mir leid. Spiel speichern?«
    Eine Sekunde später erschien ihre Antwort. »Natürlich. Ich wünsche dir eine gute Nacht. Pass auf dich auf.«
    Er beendete das Programm und das schimmernde Schachbrett verschwand. Renfield zog sich die nassen Handschuhe aus. »Also, was kann ich für euch tun?« Sein Blick fiel auf mich und jetzt schien ihm etwas zu dämmern. Seine Augen weiteten sich kurz. »Was ist passiert?«
    »Weißt du von den Grauen in den EG ?«
    »Natürlich.« Er sah mich bedauernd an. »Salvez hat es mir erzählt.«
    »Wolfe sagt, sie hätten die Stadt eingenommen.«
    Renfield ließ langsam die Hände in den Schoß sinken. »Mein Gott.«
    »Wir müssen versuchen, Kontakt zu Noras Freundin in New London aufzunehmen. Wenn sie noch lebt …« Bram sah mich an. »Was hast du dann vor?«
    Ich presste die Handflächen gegeneinander. Jetzt war nicht der richtige Moment für einen Zusammenbruch. Dafür hatte ich die letzten Tage genug Gelegenheit gehabt, warum sollte ich also ausgerechnet jetzt die Fassung verlieren? Ich musste weitermachen. »Ich werde sie suchen.«
    Bram nickte langsam und wandte sich wieder Ren zu. »Wenn sie noch lebt, nehmen wir die Black Alice und holen sie.«
    Renfield starrte Bram an. »Du bist dir doch im Klaren darüber, dass dich das dein Leben kosten könnte.« Er sah mich an. »Ich möchte euch weder belehren noch den Ernst der Lage herunterspielen, aber das ist die Wahrheit«, ergänzte er entschuldigend.
    »Ja, ist es«, sagte Bram. »Damit müssen wir eben klarkommen.«
    Renfield überlegte einen Moment lang, dann griff er nach dem Bowlerhut, den er über eine Öllampe gehängt hatte, und setzte ihn sich leicht schräg auf den Kopf. »Okay. Ich bin dabei.«
    Bram hob eine Hand. »Hey, hey, langsam, du gehst nie mit auf Einsätze.«
    Ren drehte sich auf seinem Stuhl herum. »Du nimmst normalerweise ja auch nicht mein Luftschiff.«
    » Dein Luftschiff?«
    Renfield hämmerte wieder auf seine Tastatur ein und ignorierte Brams Bemerkung. »Dieses System habe ich vor ein paar Monaten für Voice-Chats eingerichtet, bevor mir das Netz verboten wurde«, erklärte er mir. »Wolfe hatte Angst, ich könnte online gehen und mir ein mitfühlendes Ohr suchen, um meine Lebensgeschichte loszuwerden. Oder vielleicht auch, um irgendjemandem meine Koordinaten durchzugeben.« Er rollte mit den Augen. »Er wusste, dass ein Passwort kein Hindernis für mich sein würde, also hat er einfach alles konfisziert. In der darauffolgenden Nacht habe ich das Schloss geknackt und mir alles wiedergeholt.«
    »Ich hätte dich um ein Telefon bitten sollen«, sagte ich bedauernd.
    »Glaub mir, darüber hat Wolfe auch schon mit mir gesprochen. Er sagte, wenn er mich dabei erwischt, dass ich dich mit jemandem sprechen lasse, schmückt er den nächsten Baum als morbides Vogelhäuschen mit meinem Kopf … wir sind drin. Das ist jetzt also der Moment, in dem wir drei alle Regeln über Bord werfen. Hast du die Nummer?«
    Ich erinnerte mich irgendwie daran, wie man seine Beine benutzte, trat zum Schreibtisch und legte eine Hand auf Rens Stuhllehne. Ein wenig stockend nannte ich ihm Ziffer für Ziffer. Ren tippte sie ein, legte dann einige Schalter um und förderte ein paar Messingkopfhörer zutage, die er mir hinhielt. Ich setzte sie auf.
    »Los geht’s«, sagte er und klickte auf einen Button auf dem Bildschirm, der mit »Initiate wireless contact« beschriftet war.
    Ich hielt den Atem an. Es läutete mehrere Male. Doch niemand nahm ab. Nach etwa einer halben Minute brach das Läuten ab

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