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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lia Habel
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auch nicht erwähne. Sie ist immer so hilfsbereit, Miss Dearly, meine ich. Sie scheut keine Mühen, um die weniger Begünstigten zu unterstützen.«
    Meine Nägel gruben sich in die Polsterung des Sofas.
    »Ich kann nicht beurteilen, ob etwas mit ihr nicht stimmte. Sie war sehr kurz angebunden. Ich sagte ihr noch, dass ich hoffte, sie im Januar gesund und munter wiederzusehen, und dann machte auch ich mich auf den Weg.«
    Madame Winters nickte ernst. »Glauben Sie, sie könnte irgendetwas von dem drohenden Angriff geahnt haben?«
    Vespertine faltete züchtig die Hände im Schoß. »Tja, ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, sie jemals so durcheinander erlebt zu haben. Aber ich fürchte, mit Bestimmtheit kann ich es nicht sagen.«
    »Oh, es ist schon erstaunlich, dass du dich jeden Morgen daran erinnern kannst, was du anziehen wolltest, Mink«, murmelte ich. Meine Mutter warf mir einen überraschten Blick zu.
    »Sie stand also unter Stress?«
    »O ja, ich denke schon. Aber ich bin mir sicher, dass sie nichts von dem Angriff geahnt haben kann. Wenn doch, dann hätte sie es sicher jemandem erzählt, nicht wahr?« Vespertines Miene wirkte gleichzeitig teilnahmsvoll und verschlagen. Dann formten sich ihre Lippen zu einem stummen O und als wäre es ihr gerade erst eingefallen, fügte sie hinzu: »Sie hat da allerdings diese Angewohnheit, sich Kriegshologramme anzusehen … ich frage mich, ob sie vielleicht am Abend zuvor eine besonders grausame Aufnahme gesehen hatte, von der sie Albträume bekam? Ich glaube nicht, dass sie besonders gut schläft. Morgens sieht sie meistens aus, als würde sie in einem Gothic-Stück mitspielen.«
    »Kriegshologramme?« Winters lehnte sich in ihrem Sitz nach vorne.
    »Ja … Punkgeschichte, glaube ich. Ich höre sie immer durch die Wand. Ich bewohne die Suite neben ihrem Zimmer.«
    Jetzt durchbohrte einer meiner Finger tatsächlich den Sofabezug.
    »Meine Güte«, sagte Winters bedächtig. »Wie … ungewöhnlich für eine junge Dame. Und wie merkwürdig, dass ausgerechnet sie einem Angriff zum Opfer gefallen ist, hinter dem offensichtlich eine Schläferzelle der Punks steckt …«
    »Schalte bitte auf Kanal vier um«, sagte ich und stand auf, weil ich fürchtete, mir würde schlecht werden.
    Mum tat es, hakte aber nach. »Pamela, ist das wahr?«
    »Ja«, antwortete ich und schlang die Arme um meinen Körper. »Sie hat sie sich immer wieder angeschaut, sie fand das einfach interessant! Ihr Vater hat sie darauf gebracht. Sie wollte ihm immer nacheifern, du weißt , dass … sie nichts damit zu tun hat! Sie hat nur einen Aufsatz darüber geschrieben! Sie ist irgendwo da draußen, verletzt oder … und Mink versucht, ihren Ruf zu zerstören  …« Ich bekam keine Luft mehr.
    »Pam.« Meine Mutter stand auf, nahm mich bei der Taille und führte mich zurück zum Sofa. »Beruhige dich. Beruhige dich oder ich schalte den Fernseher aus und dein Vater wird …«
    »Nein.« Ich atmete tief ein und versuchte, mir die Wangen mit den Händen zu kühlen. »Nein, lass ihn an, bitte.«
    Auf NVMS lief eine wilde Mischung aus Nachrichten und Computersimulationen. Während ich um meine Freundin bangte, bangten andere um ihre eigene Sicherheit. Der Vorfall wurde von den meisten als verdeckter Angriff der Punks gewertet; ein Angriff auf eines der Symbole neuviktorianischen Stolzes, die Elysischen Gefilde. Die Überflutung wurde lediglich als Auftakt gewertet. Der Premierminister hatte noch keine Erklärung abgegeben, aber andere Ministeriumsvertreter schon. Sie versicherten, es gäbe keinen Grund, weitere Angriffe zu fürchten. Nur wenige erwähnten Nora überhaupt. Für sie war der Angriff als solcher viel wichtiger.
    Ich versuchte es auf anderen Nachrichtenkanälen. Einige Moderatoren forderten den Premierminister auf, sich in Sicherheit zu bringen, oder sie verlangten, sofort unsere Truppen aus Südamerika zurückzurufen, eine Ausgangssperre zu verhängen und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Und sie forderten eine Erklärung dafür, warum die Aufnahmen aus den Überwachungskameras nicht freigegeben wurden.
    Andere legten sich aus Mangel an Informationen eine ganz eigene Version der Ereignisse zurecht.
    »Ich sehe mich zu der Schlussfolgerung gezwungen«, donnerte der Showmaster einer Sendung, »dass Miss Nora Dearly, die Tochter eines legendären Militärhelden, sich mit irgendeinem jungen Dandy davongemacht hat, worauf die Armee das ganze Schauspiel inszeniert hat, um diesen Skandal zu

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