Dark Love 2
Junge war so blass, dass ich tatsächlich zu glauben begann, es würde kein Blut in seinem Körper fließen. Sogar seine Lippen besaßen keine Farbe. Ließ mein Dad ihn etwa hungern?
Er war dünn und mager wie eh und je. Konnten Vampire denn nicht zunehmen? Gegen meinen Willen tat er mir doch leid. Sein Anblick war nicht besonders schön.
Allerdings war nicht er es, wegen dem sich meine Augen erstaunt weiteten.
Die Frau mit den stacheligen, grauen Haaren, deren Haut so makellos und gestrafft aussah, als wäre sie nicht älter als dreißig, war Schuld daran. Ihre Augenbrauen waren zusammengezogen und ihre vollen Lippen, hinter denen zwei Reißzähne zu sehen waren, bewegten sich, so als würde sie irgendetwas sagen, das Lawrence nicht gefiel. Sie besaß einen kräftigen Körper, der mich annehmen ließ, dass sie viele Kämpfe ausgefochten hatte, was sie jetzt allerdings auf Grund der Eisenketten, mit denen sie an einen Stuhl aus Metall gekettet war, nicht mehr tun kann. Ihre Haut war so dermaßen bedreckt, dass ich nicht erkennen konnte, ob sie blass wie Lawrence oder gebräunt wie Guztavol ist, aber ich sah jetzt, weil sie ihren ovalen Kopf kurz in meine Richtung drehte, ihre silbernen Augen. Die Tatsache, dass sie ziemlich große Ohren hatte, ließ ich außer Acht, denn mir wurde nun bewusst, dass Guztavol mich nicht zu ihr gebracht hätte, wenn sie keine wichtige Person wäre.
Ich erstarrte.
Das musste Agata sein. Ich sah heute zum ersten mal in meinem Leben meine Großmutter. Obwohl Leah nicht mit ihr blutsverwandt war, so hatten die beiden eines gemeinsam: Sie sahen keineswegs zierlich und schwach aus. Meine Großmutter machte den Eindruck, als besäße sie ein Kämpferherz. Ich fragte mich, ob Chaldene genauso war. Auf dem Gemälde in Ares' Zimmer hatte sie wie eine feine Prinzessin ausgesehen, doch Emilio hatte einmal behauptet, ich würde ihn an seine geliebte Chaldene erinnern, was heißen musste, dass ihr Charakter meinem wohl sehr ähnlich war. Ich war allerdings keinesfalls fein und zierlich. Ein bisschen zurückhaltend, ja, aber nicht schüchtern.
Ich merkte, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht breitmachte. Ich war unglaublich froh, meine Großmutter gleich kennenlernen zu dürfen. Das hoffte ich jedenfalls. Guztavol hatte mich bestimmt nicht zu ihr gebracht, damit ich sie mir bloß ansehen konnte. Wenn er mir verbot, ein Wort mit ihr zu wechseln, dann konnte er etwas erleben.
Gerade als ich ihm danken wollte dafür, dass er mir solch eine Freude bereitet hatte, da hob Lawrence plötzlich seine Hand und schlug Agata damit direkt ins Gesicht, ehe sich Letizia auf sie stürzte und ihre spitzen Reißzähne in ihrem Hals vergrub, sodass die beiden samt des Stuhles nach hinten kippten.
Ich schnappte erschrocken nach Luft und wollte zu ihr laufen, aber kaum hatte ich einen halben Schritt nach vorne gemacht, da stieß ich auch schon mit meinem Kopf gegen etwas Hartes, das in der Luft nicht zu erkennen war und wäre beinahe zu Boden gefallen, hätte Guztavol mich nicht schnell aufgefangen.
Blinzelnd stellte ich mich wieder aufrecht hin. Verdammt, was soll das?
Makayla, es trennt uns ein Glas von ihnen. erklärte Guztavol mir und zeigte nach oben, wo auch ich nun den ganzen Staub entdeckte, der mitten in der Luft zu hängen schien, es aber nicht tat. Hier unten war das Glas so sauber und rein, dass man es mit bloßem Auge kaum erkennen konnte. Jetzt jedoch erkannte ich die leichten Spiegelungen darin und mir wurde ebenso klar, weshalb ich Agata, Lawrence, Letizia und Miranda nicht hören konnte.
Dann lass es verschwinden! rief ich wütend und legte meine Hände auf das Glas. Sie sollen aufhören, ihr wehzutun!
Wie konnte Lawrence bloß so herzlos sein! Agata war doch auch die Großmutter von Rhea. Wusste er bereits, dass sie genauso wie ihre Brüder gefangen gehalten wurde? Hatte er noch nichts unternommen, um sie zu retten?
Natürlich. sagte Guztavol und ging zu der rechten Seite der Wand, wo er einen grauen Stein noch tiefer hinein drückte, bevor das Glas zu vibrieren begann und nach blitzschnell nach oben gezogen wurde.
Ich blickte dem mit großen Augen nach, doch Agata, die so laut schrie, dass es mir in den Ohren schmerzte, zog gleich darauf meine Aufmerksamkeit wieder auf sich.
Ohne groß nachzudenken, rannte ich zu ihr, packte Letizia trotz der Gefahr, dass sie mich in ihrem jetzigen Zustand leicht angreifen könnte, an den Haaren und zog sie von ihr weg. Dann warf ich sie wie ein
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