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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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vom Rettungstrupp, waren an Bord. Silas bemühte sich sehr, zu ignorieren, was sie mit Jessie machten. Ignorierte, dass sie sie quer über die Ladefläche zerrten, ihr die Fußknöchel ebenfalls fesselten.
    Er tat, als ignorierte er, dass Naomi ihr die Beine unter dem Körper wegtrat und sie zwang, sich in eine Ecke des Hubschraubers zu kauern. Jessies Gesicht wurde noch blasser, verfärbte sich um die Nase sogar grünlich.
    In dem Moment, in dem Naomi Jessie knebelte und an eine Strebe hängte, die quer über die Ladefläche des Helikopters verlief, wusste er, dass er sich etwas vormachte.
    Es brachte ihn um.
    Aber Jessie war eine Hexe. Von Anfang an hatte sie ihn über den Tisch gezogen. Er war auf sie hereingefallen. Du Trottel!, beschimpfte er sich.
    Er lehnte sich gegen den Pilotensessel, schnappte sich das Headset, das im Cockpit hing. »Dann mal los!«, sagte er in scharfem Ton ins Mikro. Der Pilot nickte und gab mit erhobenem Daumen zu verstehen, dass er verstanden hatte. Der Hubschrauber stieg höher.
    Der Flug verlief in angespanntem Schweigen.
    Silas sog die schneidend kalte Zugluft ein, die durch die offenen Türen in die Kabine gedrückt wurde. Die Kälte machte ihm den Kopf klar, unterdrückte die Erinnerung an Tropenblumen und Schwefel. Kälte, Regen, Wind, Dunkelheit das waren Dinge, die er kannte.
    Unter ihnen zogen Regenschauer wie Nebelbänke über die Ruinen dessen hinweg, was einmal Vororte von Seattle gewesen waren. Auf der anderen Seite der Kabine hatte sich Naomi einen Platz an der offenen Ladeluke gesucht und ließ ein Bein hinaus über die Ladekante hängen; es baumelte über der Kufe. Silas beobachtete, wie der unwirkliche Schlund des Alten-See-Grabens unter ihnen dahinglitt. Er wusste, dass Naomi ihn beobachtete.
    Auch sie ignorierte er.
    Mit den Augen suchte er die Landschaft ab, versuchte, tiefer in die Verwerfung hineinzublicken. Aber die Dunkelheit verschluckte dieSteilwände des Grabens. Während der Hubschrauber Meilen machte und die ungeheueren Entfernungen zurücklegte, an die sich Silas gar nicht erinnern konnte, konnte er keinerlei Hinweise auf Matildas Felsspalte entdecken. Auf ihre Zuflucht.
    Auf die heißen Quellen, wo er Liebe mit einer Hexe gemacht hatte. Er biss die Zähne zusammen.
    Als sie die Stadt dann tatsächlich erreichten, kreiste der Hubschrauber um die unteren Mittelebenen, bis sie die Stadt von Osten her anflogen. Keinerlei Positionsleuchten oder Scheinwerfer kündigten sie an. Die Mission hatte eine Dauervereinbarung mit der Flugkontrolle von New Seattle.
    »Koordinaten Absetzpunkt unmittelbar voraus«, meldete der Pilot. Seine Stimme klang in den Kopfhörern blechern. »Zwei Minuten.«
    Silas zog das Headset herunter. »Aneinanderkoppeln!«, befahl er.
    Naomi erhob sich. »Was hast du vor?«
    Silas schenkte ihr keinerlei Beachtung. Er drückte sich an den anderen Missionaren vorbei und griff nach der Stange über Jessies Kopf, um dort Halt zu finden, das Gleichgewicht nicht zu verlieren. »Steh auf!«, brüllte er, um die Rotorengeräusche zu übertönen. Er hakte einen Finger in den Knebel und zog ihn ihr aus dem Mund und herunter, bis das Ding ihr lose um den Hals hing.
    Jessie blickte zu ihm auf, sah ihn direkt an, ein klarer Blick, voller Angst. »Ich kann nicht«, wisperte sie mit ausgedörrten Lippen. Silas las die Worte mehr von ihren Lippen ab, als dass er sie hörte.
    Er knirschte mit den Zähnen, hakte ihre Ketten aus und zog sie mit einem brutalen Ruck am Oberarm auf die Füße. Sie taumelte gegen ihn, und ein gleißend weißer Blitz, der in seinem Hirn einschlug, blendete sein Denken und Fühlen für einen Sekundenbruchteil. Ihr Körper, der an seinem herabglitt.
    Diesen Körper kannte er. Er hatte auch geglaubt, diese Frau zu kennen.
    Auf Armeslänge stieß Silas Jessie von sich fort. »Im Namen des Ordens des Heiligen Dominikus«, krächzte er, »wirst du hiermit alsHexe angeklagt und überführt.« Die alten Worte fühlten sich schwer auf seiner Zunge an, klangen mit einem Mal verdammt hohl und steif in Silas’ Ohren. Viel zu formelhaft. Aus Jessies Gesicht wich jegliche Farbe, aschgrau wirkte es, während Silas ihr in die Augen starrte.
    Diese Augen, die vor ungeweinten Tränen schwammen.
    »Für dieses Verbrechen«, fuhr er fort und zwang sich, die wilde Wut hinunterzuschlucken, die ihm die Kehle zuschnürte, »erwartet dich die Hinrichtung. Aber wenn du der Mission die Namen und den Aufenthaltsort deiner ketzerischen Schwestern und Brüder

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