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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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den großen Ofen ihrer eigenen Bäckerei gesteckt wie ein nutzlos gewordenes Stück Gepäck.
    Scheinwerferkegel rissen Jessie aus ihren Erinnerungen, Sekundenbruchteile bevor sie über die Bordsteinkante auf die Fahrbahn stolperte. Ein schwerer Lastwagen schoss mit halsbrecherischer Geschwindigkeit heran; das wütende Geheul seiner Hupe gellte durch Jessies Schädel und hallte wie Trommelschlag in ihrer Brust wider.
    Instinkt steuerte reaktionsschnell ihre Bewegungen. Den rauen Schrei, der sich ihrer Kehle entrang, vermochte Jessie nicht zu unterdrücken. Mit diesem Schrei schrak sie vor der Hauptstraße zurück. Sie taumelte rücklings fort von den Fahrzeugen, die mit gedankenloser Gleichgültigkeit an ihr vorbeirauschten. Jessie prallte mit dem Rücken gegen die Ecke eines alten Gebäudes aus rötlich braunem Sandstein, drückte sich schutzsuchend an die raue Mauer. Schmutzwasser von der Straße spritzte Jessie über die Beine, als ein Auto nach dem anderen die Abfahrt vom Karussell herunterfuhr.
    »Idiot!«, brüllte Jessie und wusste, dass ihr empörtes Wettern nichts helfen würde.
    Zitternd richtete sie sich jetzt, die Mauer immer noch als Stütze im Rücken, aus der zusammengekauerten Haltung auf. Hier und jetzt: Sie musste sich konzentrieren. Sie konnte es sich nicht leisten, mit den Gedanken woanders als in der Gegenwart zu sein.
    Sie musste zu den Treppen jenseits der achtspurigen Schnellstraße hinüber, diese Treppen sechs Ebenen hinuntersteigen, dann in östlicher Richtung auf die Mietskasernen zulaufen und dabei immer schön im Schatten Deckung suchen. Wenn es ihr gelänge, in den verwahrlosten unteren Ebenen unterzutauchen, wäre alles gut.
    Immerhin hatte sie jetzt eine Spur, die sie zu Caleb führen würde jedenfalls, wenn das stimmte, was Silas ihr erzählt hatte. Sie nämlich bräuchte keine fremde Hilfe, um ihren Bruder zu finden. Wie schwer konnte es schon sein, einen Zirkel aufzuspüren? »Weil das zu tun, ja auch nicht wirklich das Allerdümmste wäre«, seufzte sie und wischte sich eine patschnasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Jessie begutachtete den stetigen Verkehrsfluss, passte den richtigen Moment ab und spurtete über die erste Fahrbahn. Die Verkehrsdichte hatte gerade kurzgenug abgenommen, dass eine Lücke im unablässigen Strom der Autos ihr das Überqueren erlaubte.
    Als sie zwei Fahrbahnen weiter war, hörte sie Silas Smith ihren Namen brüllen.
    Sie ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu behalten, während sie rasch einen Blick über die Schulter zurückwarf. Sie sah Silas die Gasse, durch die sie selbst gekommen war, gerade verlassen. In seinem Gesicht stand Mordlust. »Was zum Henker tust du da?«, brüllte er.
    Jessie biss die Zähne zusammen und sprang durch die Lücke zwischen zwei Autos zur nächsten Fahrbahn. Ehe sie noch ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, tat sich dort die nächste Lücke im Verkehr auf. Jessie ergriff ihre Chance sofort.
    Der Seitenspiegel eines rostigen Gütertransporters erwischte sie, untermalt von einem wütenden Dauerhupton. Jessie wurde herumgewirbelt und gleichzeitig vorwärts auf die nächste Fahrbahn gestoßen. Unkontrollierbar taumelte sie in den Lichtkegel eines heranrasenden Sportwagens. Und sämtliche Klischees wurden wahr: Ihr gesamtes Leben lief vor ihrem inneren Auge ab.
    Bisschen dünn, meine ganze Geschichte, dachte sie noch und wappnete sich gegen den Schmerz, der gleich kommen musste.
    Starke Arme umfassten sie auf Brusthöhe, rissen sie zurück. Durch den Schwung schleuderte es Jessies Beine hoch in die Horizontale. Sie kreischte auf, als Stiefel und Jeans an der Goldlackierung der Sportwagenkarosserie entlangschrammten. Damit Jessie nicht mitgerissen wurde, bedurfte es gewaltiger Kraftanstrengung. Sie hörte Silas etwas in ihr Ohr fauchen, während er sie umfasst hielt. An ihrem Rücken spürte sie seine angespannte Muskulatur an Brust und Bauch, spürte seine Armmuskeln wie ein Stahlband um ihre Brust. Irgendwie, während sich die Welt in ein vor den Augen verschwimmendes Chaos aus Gliedmaßen, Blech und Asphalt verwandelte, gelang es Silas, sie beide in die Gasse hineinzuretten, von der Jessie gerade eben erst gestartet war. Gebäudeschatten verschluckten die Lichtkegel der Scheinwerfer,Jessie ging die Puste aus, und dann spürte sie in ihrem Rücken Beton, der langsam, aber sicher zerbröselte.
    Der Schock sickerte durch Jessies Muskelfasern und verwandelte sich beim Blick in Silas’ hartes, wutverzerrtes Gesicht in

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