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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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keuchte, begriff er, dass sie versuchte zu lachen. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sorgte dafür, dass sie stillhielt.
    Wie in einem Brunnen sammelte sich in ihrem halb geöffneten Mund das Blut, ein See aus blutigen Worten. Delia spie in einem Husten Blutschaum über ihre Lippen, holte schwer Luft und erstickte fast am eigenen Blut, würgte.
    Er beugte sich über sie und befreite ihre Handgelenke aus den Fesseln. Er führte ihre Hände an seine Brust. Er schrak nicht vor den blutigen Spuren zurück, die ihre Finger auf seinem grauen Shirt zurückließen.
    »Versprich mir«, wisperte sie so leise, so schwach, dass er sich sehr konzentrieren musste, um die Worte zu verstehen. »Versprich es mir!«
    Er umfasste ihre Hände fester. Er wusste, worum sie bat. Er wusste, dass er ihr dieses Versprechen bereits gegeben hatte. Weil es ihn nichts kostete. Und weil es ihn nichts kostete, einer sterbenden Hure ein Versprechen zu geben, schon als sie das Ritual noch nicht hinter sich hatte, erneuerte er sein Versprechen jetzt. »Ich verspreche es.«
    Als hätte sie mit diesem Versprechen ihren Frieden gefunden, starrten die leeren Höhlen, in denen zuvor ihre Augäpfel eingebettet gewesen waren, für einen kurzen, stillen Moment hinauf zur Decke.
    Dann, im Todeskampf, bäumte sich ihr Körper auf und verkrampfte sich. Ihre Finger krallten sich in seine Brust. Er griff nach ihren Handgelenken, aber nicht, um die Sterbende von sich zu stoßen. Er hielt sie,ließ ihre feingliedrigen Hände nicht los, zog sie an sich und hielt sie fest, so wie er es versprochen hatte.
    Er hielt sie fest und sog jeden, auch den letzten Tropfen der vorhandenen, aber nie offenbar gewordenen Kräfte aus der sterbenden Hülle ihres Körpers.
    Ein weiterer Krampf schüttelte ihren Körper, wieder suchten ihre Hände verzweifelt Halt. Kurz spürte er, der doch nur auf ihren Tod wartete, einen brennenden Schmerz im Nacken. Eine der Ketten riss, die Perlen fielen hinunter und klackerten in einem Hagel aus Metall über den fadenscheinigen Teppich. Es war nur die Kette eines Amuletts, er trug eine ganze Reihe davon. Daher galten seine Augen nur ihr, der Sterbenden, nicht den davonspringenden Perlen. Er sah, wie der letzte Atemzug schwer durch ihre Lunge rasselte.
    Er flüsterte ihr Worte ins Ohr, auch dann noch, als das Leben aus ihrer Hülle aus Haut sickerte wie Wasser aus einem eingerissenen Beutel.
    Verborgene, nie offenbar gewordene Magie. Unangetastetes Potenzial. Es wäre nie so süß, so stark wie wahre Magie. Aber Herzblut war etwas anderes. Er beanspruchte das unangetastete Potenzial für sich, sammelte es ein, sog es aus ihrem Körper, als er ein letztes Mal flüsternd sanft mit seinen Lippen ihren zerschmetterten Mund berührte.
    Als sie endlich diese Welt ganz und gar verlassen hatte, neigte er, das Gesicht voller Blut, den Kopf, um noch einmal auf die Uhr zu schauen. Drei Stunden und dreiundfünfzig Minuten. Er war spät dran. Nicht so spät, dass man nach ihm suchen würde, aber spät genug, um Neugier zu wecken. Er kam sonst nie zu spät.
    Er war vom gewohnten Muster abgewichen.
    Der Schmerzen wegen erhob er sich nur langsam. Er reckte und streckte die Glieder, die Gelenke, die schmerzten, weil er so lange hatte reglos dastehen müssen. Er lockerte seine Muskeln im steif gewordenen Rücken, ließ die Schultern kreisen, bewegte den Nacken.
    Die Tote lag inmitten eines Sees aus dunkler gallertartiger Flüssigkeit. In seiner Erinnerung war die Flüssigkeit rot, aber die Stunden, dievergangen waren, hatten sie erst braun, dann schwarz werden lassen. Er wandte sich ab, schloss das Futteral des Leuchtstabs und steckte das wiederaufladbare Gerät in seine Tasche.
    »Ruhe in Frieden, Delia«, murmelte er, »endlich.«
    Jeden Schritt, den er tat, begleitete ein klebrigsattes, schmatzendes Geräusch. Die verfallene Wohnung würde ihr einziges Grab werden. Die Luft roch faulig hier, abgestanden. Dennoch, oder vielleicht deshalb, vibrierte jeder Atemzug, den er tat, durch seinen aufgeladenen, gesättigten Körper, eine mit fremder, gestohlener Kraft straff gespannte Saite, die angeschlagen wurde.
    Er schloss die Tür und verkeilte sie. Damit niemand Schutz suchte an diesem verfluchten, verdammten Ort. Und niemand sie fand, wie sie jetzt dalag, verkrümmt, zerschlagen und verwesend. Besonders nicht die Schwester, die es nie, niemals verstehen würde.
    Cordelia war tot. Ihre Probleme interessierten sie nicht mehr, und ihn auch nicht.
    Mit dem Tod

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