DARK MISSION - Fegefeuer
Fingern, nur um mich dazu zu bekommen …«
»Auf die eine oder die andere Art«, unterbrach er sie, »müssen wir ihn finden und festsetzen. Du kannst dabei sein, oder ich sperre deinen süßen Hintern oben irgendwo weg und uns bleibt nichts anderes übrig, als deinen Bruder umzulegen. Deine Entscheidung.«
»Aber ich …«
»Nein!« Erneut fiel er ihr ins Wort. Ihr entschlüpfte ein scharfer, entrüsteter Laut. Er lächelte grimmig. »Es gibt kein Aber, Jessie. Es ist deine Entscheidung. Bist du dabei oder raus aus der Sache?«
Jessie starrte an die verputzte Decke mit ihren Flecken und wusste, dass sie keine Wahl hatte. Sie musste mitmachen.
Sie musste Caleb finden und ihn da rausholen. Ihn in Sicherheit schaffen, oder die Missionare würden ihn umbringen.
Sie würden ihn in jedem Fall umbringen.
Verfluchter Scheiß!
Caleb konnte keiner Fliege etwas zu Leide tun. Niemals könnte er einen Menschen verletzen, ihn töten, schon gar nicht so. Das war böse. Das Böse in Reinkultur, und Silas Smith irrte sich. Nicht jeder Magiebegabte war böse. Das war nur der Schwachsinn, den die Kirche verbreitete.
Sie musste es schließlich wissen.
Aber wie zum Henker waren die Missionare an Calebs Blut gekommen? Woher wussten sie, dass es sein Blut war?
Das musste sie unbedingt herausfinden. Sie würde das lügende Arschloch von Hexenjäger dazu benutzen, es herauszufinden. Das Arschloch, das vorhatte, ihren Bruder umzubringen, und das war eine Tatsache. Das Arschloch, das sie, Calebs Schwester, angelogen hatte, um über sie an ihren Bruder heranzukommen. Sie würde dazu die Waffe benutzen, die das Arschloch im Holster unter seinem Arm hatte. Sie hatte die Waffe gespürt, als der Scheißkerl auf ihr gelegen und sie mit seinem ganzen Gewicht auf dem Sofa festgenagelt hatte.
Das Gewicht eines stählernen, durchtrainierten Körpers. Oje, verdammt, sie saß wirklich in der Scheiße! Sie holte tief Luft. »Dabei«, flüsterte sie. Das Wort blieb ihr im Halse stecken; sie musste es nochmal versuchen. Lauter. Caleb brauchte ihre Kraft jetzt. Er brauchte sie stark, nicht schwach und ängstlich. »Ich bin dabei. Ich helfe Ihnen.«
Eine Bewegung neben ihr. Silas Smith hatte sie gehört. Jessie wagte nicht, ihn anzusehen. Nicht jetzt. Nicht, wenn sie sich nicht sicher war, ob ihre sorgfältige Maske aus Lügen noch verbarg, was verborgen bleiben sollte. Jessie schloss die Augen und zählte bis zehn. Sie sagte nicht, was ihr unbedingt über die Lippen wollte, was ihr in der Kehle brannte.
Silas würde ihr helfen, Caleb zu finden. Er würde sie in seine Nähe bringen, damit sie ihn retten könnte, ihn raushauen, worin immer er verwickelt war. Vielleicht wäre Silas in der Lage, die Bösen zu töten, an den Zirkel heranzukommen und ihn zu sprengen, vielleicht alle zu töten, die ihm angehörten. Aber Caleb und sie wären längst weg, ehe der Hexenjäger begriffe, wie ihm geschah.
Oh, Caleb!, dachte Jessie, einen dicken Kloß aus Wut und Schmerz in ihrer Kehle. Wo war er da nur hineingeraten? Warum war sein Blut …?
Sie hustete, als die Magie in ihrem Kopf einen ersten Funken schlug.
»Jessie?«
Silas’ Stimme verblasste hinter einem Vorhang aus rotem und weißem Nebel. Zitternd presste Jessie die Handflächen vor die Augen.
»Jessie!«
Ihre magischen Kräfte erwachten. Unter Jessies Haut, ohne irgendein Zutun, gewannen sie an warmer Energie. Sie dröhnten in ihrem Schädel. Jessie biss die Zähne zusammen. »Geben Sie mir einen Moment, verflucht!« Es gelang ihr, normal zu klingen. Angespannt, wütend, aber normal.
Die plötzliche Welle, als sie ihn erkannte, kämpfte sie mit zusammengebissenen Zähnen nieder. Caleb. Er war am Leben. Sie wusste es. Denn es war, als ob tief in ihrem Kopf ein Licht eingeschaltet worden wäre, dort, wo ihre magischen Kräfte ruhten. Jessie konnte es spüren: Er lebte. Aber etwas war anders. Etwas war … entzweigegangen, ein Schild mannigfach zerstört, ein Schutzzauber gebrochen. Calebs Gabe rief nach der seiner Schwester. Leise nur, wie weit entfernt. Aber Jessie hörte den Ruf und reagierte mit der ganzen magischen Energie darauf, die ihr zur Verfügung stand.
Caleb war da draußen. Er war am Leben und war irgendwo da draußen. Jessie konnte es spüren. Seiner Spur folgen.
Aber sie konnte ihn nicht sehen . Warum nicht?
War er in Schwierigkeiten? Brauchte er ihre Hilfe?
Jessie ließ die Hände sinken. Mit einem Ruck setzte sie sich auf, heftig genug, um die Federn der
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