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DARK MISSION - Fegefeuer

DARK MISSION - Fegefeuer

Titel: DARK MISSION - Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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zusammengekniffenen Augen starrte sie in die Nachtschwärze hoch über ihnen, die sich auf den Pick-up und seine Insassen herabsenkte wie ein massiver Block sich materialisierender Schwärze. Ein ganz schwaches Schimmern markierte die Grenze des letzten elektrischen Lichts, das die Ränder der untersten der zivilisierten Ebenen erhellte. »Untermittig« nannte man diese Bereiche der Stadt hier. Sie lagen höher als der Scheiß von Straßen, auf denen Silas und Jessie sich momentan herumtrieben, aber viel zu weit unten, um von Bedeutung zu sein.
    »Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir die einzigen lebenden Menschen hier unten sind«, murmelte Jessie.
    »Könnte sogar stimmen. Wir sind auf der untersten Ebene von New Seattle überhaupt, der Basisebene. Nur ausgewachsene Trottel mit Todessehnsucht verlaufen sich hierher. Die Zubringertrassen führen zwar genau hier durch, aber dieses Straßennetz hier berühren sie nicht.«
    »Na prächtig!« Jessie holte tief Luft, ließ sich in den Sitz zurückfallen und verschränkte fest die Hände. Sie würde es schaffen. Sie spürte unablässig, wenn auch schwach, das Pulsieren von Calebs magischem Signal in sich. »Dann mal los, machen wir uns zum Trottel!«
    Es hieß immer wieder, die Ruinenfelder seien der einzige Weg aus der Stadt ohne automatisierte, computergestützte Sicherheits- und Passkontrollen.
    Aber Jessie hatte in genug Striplokalen und Hardcore-Trinkerkaschemmen gearbeitet, um Verzweiflung beim Sprücheklopfen zu erkennen, wenn sie sie hörte. Nicht ein einziges Mal hatte sie von jemandem gehört, der tief in die Unterstadt vorgedrungen war und eine Karte mitgebracht hatte, die man hätte verscherbeln können. Sie wusste, die Information über einen Fluchtweg hätte einen ordentlichen Preis erzielt.
    Silas hatte also wieder recht. Geriet man zu tief in die Ruinenfelder, brauchte selbst der entschlossenste Flüchtling einen fleißigen Schutzengel, um zu überleben. Als der Pick-up an einer in die Jahre gekommenen, verblassten Reklametafel vorbeifuhr, betrachtete Jessie die Graffiti darauf und fragte sich, wie viel mittellose Reisende trotzdem diese Route gewählt hatten. Jedenfalls genug, dass einer davon eine Botschaft im grellen Orange von Rostschutzfarbe auf der Tafel hinterlassen hatte.
    Lasset alle Hoffnung fahren!
    Jemand mit Sinn für Humor.
    Silas zirkelte den Pick-up um die Straßensperren aus Beton und diverse Schutthaufen herum. Die Tunnelwände schienen immer näher zu rücken, ein tintenschwarzes Areal aus Echos und Stein. »Wohin jetzt?«
    Kurz schloss Jessie die Augen. Die Erinnerung an Calebs Magie und ihre eigene vereinigten sich zu einem einzigen Strang aus bleichem, mattem Licht. Jessie hatte keine Ahnung, warum sie alles um sich herum als Energiestränge wahrnahm, die miteinander verbunden waren. Symbole zu deuten zählte nicht gerade zu ihren Stärken.
    Aber trotzdem funktionierte ihre Magie, und das gefiel Jessie.
    Sie schlug die Augen auf und blickte konzentriert durch die Windschutzscheibe. »Geradeaus, glaube ich. Dieser Tunnel muss ja irgendwann aufhören.« Dass Silas Gas gab, war bis in die Fahrerkabine zu spüren. »Man kann sich nur schwer vorstellen, dass das hier mal eine blühende, lebendige Stadt war. Wir sind noch nicht einmal eine Minute hier, und trotzdem fühlt es sich schon an, als ob wir in ein Grab hineinfahren.«
    »Auch das könnte durchaus stimmen. Zwei Millionen Menschen sind bei dem Beben umgekommen, und das allein hier in Seattle. Also tatsächlich ein Grab, wie es grabmäßiger nicht sein könnte, findest du nicht?« Mit beiden Händen hielt Silas das Lenkrad fest. Er hatte sich vorgebeugt, um die tintenschwarze Nacht, die von überall her den Pick-up bedrängte, besser im Auge behalten zu können.
    »Das ist schrecklich.«
    »So ist das Leben«, gab Silas zurück.
    Jessie verkniff sich eine Antwort. Sie hätte zu der Zahl der Toten gern noch die hinzugezählt, denen man den Prozess gemacht hatte, die hingerichtet, ermordet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden waren. Zwei Millionen? Die Zahl reichte bei weitem nicht!
    Der Tunnel endete. Die Scheinwerfer erfassten am Tunnelausgang die aufgerissene, aufgeworfene Asphaltdecke. Die Dunkelheit blieb. Als ob wir immer noch in dem Tunnel wären, dachte Jessie. Ein Irrgarten der Zerstörung, ein wahrhaft verfluchter Ort.
    »Wir sind da. Erkennst du etwas wieder?«
    »Nein«, gestand sie und zog die Augenbrauen zusammen. »Ich kann ja keinen Schlag sehen.« Der

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