Dark Moon
meiner Mutter begrüßt.
»Du hast ein neues Auto«, sagte sie nur und hielt mir einen Schlüssel hin.
Ich ließ meine Tasche fallen. »Was? Wo?«, fragte ich aufgeregt.
»Ein neuer Käfer. Steht draußen.«
Ich wirbelte herum. Mark war gerade dabei, sein Motorrad wieder zu starten, aber als er sah, wie ich zu einem tiefroten New Beetle Cabrio lief, stellte er die Maschine sofort ab.
»Hallo, M s Garner«, sagte er und setzte seinen Helm ab.
»Hallo, Mark.«
»Ich dachte, sie schlafen schon, sonst hätte ich Ihnen Ihre Tochter offiziell übergeben.«
Mom winkte ab. Im Gegensatz zu ihr war ich vollkommen aus dem Häuschen. Der Wagen war ein Traum! Die cremefarbenen Ledersitze, die Musikanlage, an die ich meinen iPod anschließen konnte! Sogar mein alter Wackel-Elvis klebte auf dem Armaturenbrett. Ich drehte mich um und fiel meiner Mutter um den Hals.
»Danke! Ihr seid großartig.«
Doch sie rührte sich nicht. »Bedank dich bei Emilia«, sagte Mom. »Sie hat dir den Wagen als Ersatz für dein altes Auto gekauft. Hier sind die Papiere.«
Ich trat einen Schritt zurück, um das Gesicht meiner Mutter im Laternenschein näher zu betrachten. »Kann es sein, dass du mit dieser Geste nicht einverstanden bist?«
»Kann es sein, dass ein Auto als Geschenk vielleicht eine Nummer zu groß ist?«, fragte Mom zurück.
»Eigentlich ist es nur gerecht. Immerhin hat sie meinen alten Käfer zu Schrott gefahren.«
Mom vergrub die Hände in den Hosentaschen und nickte nachdenklich. »Okay. Ihr beide macht nicht mehr so lange. Ich gehe ins Bett.«
»Gute Nacht, M s Garner«, sagte Mark.
»Nacht, Mom!«, rief ich ihr hinterher.
Meine Mutter hatte uns bereits den Rücken zugekehrt und hob resigniert die Hand.
»Ich kann sie verstehen«, sagte Mark, als sie die Tür hinter sich zugezogen hatte. »Es ist wirklich ein sehr teures Geschenk.«
»Na ja, eher eine teure Wiedergutmachung.« Ich strich mit der Hand über den roten Lack. Dann öffnete ich die Tür und setzte mich hinters Steuer. »Am liebsten würde ich gleich eine Spritztour machen.«
»Dann aber ohne mich«, sagte Mark. »Ich bin platt und muss ins Bett.«
»Schade«, sagte ich und lächelte mein süßestes Lächeln. »Morgen vielleicht?«
»Du kannst mich von der Arbeit abholen. Ich rufe dich an, okay?« Er beugte sich zu mir herab und gab mir einen Kuss. »War ein schönes Wochenende. Sollten wir irgendwann wiederholen.«
Ich küsste ihn zurück. »Absolut.«
»Ja. Absolut. Bis morgen.«
»Bis morgen«, erwiderte ich leise.
Er setzte seinen Helm auf, betätigte den Kickstarter und fuhr davon. Ich lauschte auf das Brummen des Motorrads, bis es verstummte. Dann waren nur noch die Grillen zu hören.
Was mochte so ein Auto kosten? 25000 $? 30000 $? Mom hatte Recht. Als Geschenk war dieser Beetle drei Nummern zu teuer. Aber ich hatte mich augenblicklich in den Wagen verliebt. Als ich das Handschuhfach öffnete, um die Bedienungsanleitung herauszunehmen, fiel mir ein Kuvert in die Hand, auf dem mit schwarzer Tusche mein Name geschrieben stand.
»Liebe Lydia«, begann der Brief, »ich hoffe, ich habe den richtigen Ersatz für dein Auto gefunden, das durch mich seine Fahrtüchtigkeit eingebüßt hat. Ich würde dich jetzt, da die letzten Kisten ausgepackt sind, gerne als Gast in meinem Haus begrüßen. Wäre dir Mittwochmittag recht? Ich habe gehört, du hast eine Vorliebe für die asiatische Küche. Ich freue mich auf dich, Emilia Frazetta.«
Kapitel
E milia hatte keine Uhrzeit erwähnt, aber da sie mich zum Essen eingeladen hatte, hielt ich es für angemessen, um zwölf bei ihr aufzutauchen. Mark wusste Bescheid und fand es nur fair, dass ich die Einladung annahm. Als Gastgeschenk hatte ich meinem Vater eine Flasche Merlot abgeschwatzt.
Das schöne Wetter der letzten Wochen hatte sich inzwischen verabschiedet. Aus dichten, tief hängenden Wolken regnete es ununterbrochen, doch das machte mir nun nichts mehr aus. Zum ersten Mal genoss ich das Gefühl, in einem guten Wagen zu sitzen, der nicht gleich auseinanderzufallen drohte, wenn ich etwas heftiger auf die Bremse trat. Als ich das Haus in der Water Lane erreichte, sah ich schon Emilias blauen Pick-up in der Einfahrt stehen. Ich stellte mein neues Auto hinter den Lieferwagen, klemmte die Flasche unter den Arm und lief zur Haustür. Dort schüttelte ich meine Jacke aus, die ich mir zum Schutz vor dem Regen über den Kopf gezogen hatte. Durch das Fenster konnte ich sehen, dass im Haus Licht brannte.
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