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Dark Moon

Dark Moon

Titel: Dark Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Knightley
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das für absurde Gedanken! Nur weil Jack Valentine nichts über sich preisgab und an einer seltenen Krankheit litt, musste er noch lange nicht der gesuchte Tierquäler sein. Und doch: Irgendetwas Dunkles, Wildes war an ihm, das mir Angst machte und mich gleichzeitig zu ihm hinzog.
    Den Rest des Nachmittags wich ich kaum von Jacks Seite. Nur zweimal verließ ich den Keller: einmal, um nach meiner Mutter zu sehen, die auf der Couch eingeschlafen war, und ein zweites Mal gegen Abend, um für mich und Jack in der Küche ein paar Sandwiches zu machen. Mom war mittlerweile erwacht, hatte aber keinen Appetit. Stattdessen saß sie verwirrt auf der Couch und versuchte sich zusammenzureimen, was sie bloß so furchtbar erschöpft hatte. Sie wunderte sich, dass ihr Arztkoffer auf dem Wohnzimmertisch stand, und stellte ihn sofort zurück an seinen Platz bei der Garderobe. Ich leistete ihr einige Minuten Gesellschaft vor dem Fernseher, aber sie war so benommen, dass sie selbst der Wiederholung einer Private-Practise -Episode nicht mehr folgen konnte, und ging deshalb nach wenigen Minuten zu Bett.
    Ich stellte die Teller mit dem Abendessen auf ein Tablett und brachte sie hinunter in den Keller. Als ich die Tür zur Werkstatt öffnete, war Jack fort. Die Badematten lagen sauber zusammengerollt auf der Werkbank. Er hatte nur einen Zettel hinterlassen mit einem knappen »Danke! JV«.
    Das Tablett glitt mir aus den Händen. Die beiden Teller zersprangen auf dem Betonboden. So schnell ich konnte, rannte ich hinauf zur Haustür, riss sie auf und spähte hinaus in die Nacht. Die Wolken waren verschwunden, am sternenklaren Himmel leuchtete der Vollmond. Und Jack Valentine war nur noch ein Schatten. Er drehte sich zu mir um und hob zum Abschied zaghaft die Hand, bevor er in der Dunkelheit verschwand.
    Mom verschlief drastisch an diesem Morgen. Offenbar hatte sie am vergangenen Abend nicht nur vergessen, den Wecker zu stellen, sondern auch das Klingeln des Telefons überhört. Eine rote Sieben blinkte auf der Anzeige des Anrufbeantworters. Die Klinik hatte schon mehrere Nachrichten hinterlassen. Sogar mein Vater hatte besorgt angerufen, weil das Krankenhaus sich auch bei ihm in der Redaktion gemeldet hatte.
    Mom hatte so gut wie keine Erinnerung an den letzten Abend. Es war ähnlich wie nach ihrer Begegnung mit Charles Solomon, doch diesmal war der Gedächtnisverlust umfassender. Und dabei hatte Jack sie nur kurz berührt! Es war ausgeschlossen, dass er ihr irgendein Mittel verabreicht hatte.
    Nachdem sie erst auf der Station und dann bei Dad angerufen hatte, war sie unter die Dusche gegangen. Ohne Frühstück verließ sie das Haus. Also saß ich allein am Tisch und aß meine tägliche Ration Fruit Loops.
    Jack Valentine. Ich musste die ganze Zeit an ihn denken. War er in Emilias Haus zurückgekehrt oder hatte er sich ein anderes Versteck gesucht? Wie ging es ihm? Dachte er an mich, so wie ich an ihn dachte?
    Es war kaum eine Stunde vergangen, da hörte ich den Wagen meines Vaters. Ich stand auf, stellte die Schüssel in die Spüle und begrüßte ihn an der Tür.
    »Hallo, Lydia.« Er gab mir einen Kuss auf die Stirn.
    »Hi, Dad.«
    »Was war denn heute mit Mom los?« Er stellte seine Tasche ab und lockerte die Krawatte.
    »Sie hat verschlafen«, antwortete ich.
    »Ohne den Wecker oder das Telefon zu hören? Das kenne ich gar nicht von ihr.« Dad blätterte durch die Post, die er draußen aus dem Briefkasten geholt hatte, und warf die Umschläge dann achtlos auf den Tisch.
    »Viel los in der Redaktion?«, fragte ich möglichst unverfänglich.
    »Hm?« Dad schaute mich an, als hätte ich ihn aus einem Sekundenschlaf gerissen. »Ja, im Moment haben wir einiges zu tun.«
    »Schlimm?«
    Dad seufzte. »Die Auflage rutscht immer weiter in den Keller und die Anzeigenkunden bleiben aus. Aber im Vergleich zur Konkurrenz geht es uns noch gut. Dennoch überlegen wir uns, wie wir gegensteuern können, bevor es zu spät ist.« Er schaute mich überrascht an. »Seit wann interessierst du dich denn fürs Zeitungsgeschäft?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Du hast Angst!«, stellte er fest. »Du hast Angst, dass es uns irgendwann mal wie Mark und seiner Familie ergehen könnte.«
    Ich nickte zaghaft. Mir war aufgefallen, dass Dad in den letzten Monaten immer häufiger die Nacht in der Redaktion verbrachte. Und das hatte nichts mit der Nachrichtenlage zu tun. Es war kein Krieg zwischen Kanada und den USA ausgebrochen. Und man hatte noch immer kein Leben

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