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Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition)

Titel: Dark Places - Gefährliche Erinnerung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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einander los, hoben ihre Waffen auf und marschierten damit stumm auf das Feld hinaus. Bei jedem Schritt, der die Schneekruste durchbrach, war ein seltsam zähes Knirschen zu hören. Bens Füße waren wie abgefroren, als gehörten sie nicht zu ihm, sondern wären nur ein unnatürliches Anhängsel. Aber das spielte keine Rolle, überhaupt spielte kaum noch etwas wirklich eine Rolle, heute Nacht waren sie von einer Luftblase umgeben, in der nichts, was sie taten, irgendwelche Konsequenzen hatte, und solange sie in dieser Blase blieben, war alles in Ordnung.
    »Welche sollen wir nehmen, Diondra?«, fragte Trey, als sie stehen blieben. Vier Herefords standen vor ihnen im Schnee, ohne sich zu rühren. Die Menschen machten ihnen keine Angst. Ihre Phantasie war begrenzt.
    Diondra zögerte, ließ den Finger – wie zu einem lautlosen Abzählreim – durch die Luft wandern, bis er schließlich bei dem größten Tier verharrte, einem Bullen mit einem grotesken, pelzigen Geschlechtsteil, das in den Schnee hinunterbaumelte. Diondra verzog den Mund zu einem Vampirgrinsen, bleckte die Schneidezähne, und Ben wartete auf ein Kriegsgeheul, wartete darauf, dass sie losstürmte. Aber sie machte drei große, schneeplumpe Schritte auf den Bullen zu, der ein kleines Stück zurückwich, ehe Diondra ihm das Jagdmesser in die Kehle jagte.
    Es passiert, dachte Ben. Es passiert tatsächlich. Ein Satansopfer.
    Aus dem Hals des Bullen troff das Blut wie Öl, dick und dunkel –
gluck, gluck
 –, doch dann zuckte er, eine Vene verrutschte, und auf einmal spritzte das Blut, ein wütender Sprühnebel, der sie mit roten Flecken überzog, Gesichter, Kleider, Haare. Diondra schrie auf, endlich, als wäre sie unter Wasser gewesen und würde nun plötzlich wieder an die Oberfläche kommen, und ihre Schreie hallten vom Eis wider. Sie stach auf das Gesicht des Bullen ein, verwandelte sein linkes Auge in eine blutige Masse, bis das Auge in den Kopf zurückrollte, glitschig und blutschwarz. Unbeholfen und verwirrt taumelte der Bulle im Schnee, und er klang wie ein Schlafwandler, der erwacht und sich nichtsahnend mit einer Notsituation konfrontiert sieht – starr vor Schreck, benommen. Sein weißgelocktes Fell war voller Blut. Doch nun reckte auch Trey seine Waffe zum Himmel, stieß einen Schlachtruf aus, schwang sein Beil von unten und begrub es im Bauch des Tiers. Eine Sekunde gaben die Hinterbeine nach, dann richtete der Bulle sich plötzlich auf und begann wie betrunken loszutrotten. Die anderen Kühe traten ein Stück zurück, erweiterten den Kreis um ihn, wie Zuschauer bei einer Schlägerei, starrten und blökten.
    »Mach ihn fertig!«, brüllte Diondra. In großen Sätzen sprang Trey durch den Schnee, hob die Beine wie ein Tänzer, und die Spitzhacke wirbelte durch die Luft. Auch er sang jetzt für Satan, ließ mitten im Satz die Hacke auf den Rücken des Tiers niedersausen und brach ihm das Rückgrat, so dass es in den Schnee sank. Ben rührte sich nicht vom Fleck. Wenn er sich bewegte, würde das bedeuten, dass er sich beteiligte, und das wollte er nicht, er wollte nicht spüren, wie das Fleisch des Bullen unter ihm aufbrach – nicht weil er dachte, dass es falsch wäre, sondern weil es ihm womöglich Spaß gemacht hätte, wie das Hasch, bei dem er vom ersten Zug an gewusst hatte, dass er nie wieder damit aufhören würde. Als hätte der Rauch einen Platz in ihm gefunden, der extra leer geblieben war, und es sich darin für immer gemütlich gemacht. Vielleicht gab es in ihm ja auch eine Stelle für das hier. Für das Gefühl des Tötens. Womöglich gab es einen leeren Platz dafür in ihm, der nur darauf wartete, endlich gefüllt zu werden.
    »Los, Ben, zieh jetzt bloß nicht feige den Schwanz ein!«, rief Trey, keuchend nach dem dritten, dem vierten und fünften Hieb mit der Spitzhacke.
    Inzwischen lag der Bulle stöhnend auf der Seite, ein trauriges Geräusch, wie aus einer anderen Welt. So mochte vielleicht ein Dinosaurier in einer Teergrube geklungen haben – grausig, fassungslos, verendend.
    »Komm schon, Ben, mach mit. Du kannst hier nicht einfach nur rumstehen«, schrie Diondra, und es klang, als wäre Bens Zurückhaltung das Unwürdigste der Welt. Der Bulle sah vom Boden zu ihr auf, und sie begann, ihn in die Wangen zu stechen, mit raschen, effizienten Bewegungen. »Dreckiges Miststück!«, schrie sie und stach zu, immer und immer wieder, in der einen Hand das Messer, die andere Hand auf den Bauch gelegt.
    »Warte, Diondra«, rief

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