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Dark Road

Titel: Dark Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Haptie
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wo wir heute sind, weil wir schüchtern sind und uns für Katzen, Schmetterlinge und arme Leute interessieren oder worüber du sonst so viel liest. Wir werden geschätzt, weil wir gute Taten vollbringen und Wohltätigkeitsvereine unterstützen. Aber ich fürchte, es gehört noch ein bisschen mehr dazu. Willst du wissen, was aus deiner geliebten Flohschleuder geworden ist?«
    »Du weißt, wo er ist?«, flüsterte Ernesto.
    Anselm seufzte. Er lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück und blies mit halb geschlossenen Augen einen Rauchring an die Decke.
    »Mag sein«, sagte er. »Aber ich will dir nicht zu viel verraten, damit du dich nicht zu sehr sorgst.«
    Ernesto sprang so schnell auf, dass sein Stuhl umkippte. »Sag mir, wo meine Katze ist.«
    »Beruhige dich«, sagte Anselm sehr langsam. »Immer bist du so tollpatschig, nicht wahr?«
    »Sag’s mir!«, schrie Ernesto.
    Anselm legte die Zigarre an den Rand eines Zinnaschenbechers. Der Rauch drehte sich in langsamen Spiralen nach oben.
    »Ich hatte einen anstrengenden Tag«, sagte er. »Bürgermeister zu sein ist eine Herausforderungen, weißt du. Nett und höflich zu den Leuten sein, Dinge unterzeichnen, zu Meetings gehen. Und dabei die ganze Zeit die Interessen der Scarspring Wassergesellschaft im Blick haben. Ermüdend, aber es muss gemacht werden.«
    Ernesto schwieg eisern.
    »Aber das interessiert dich alles gar nicht, oder, Ernestino, weil du Bücher magst und wissenschaftliche Experimente und Haustiere ... herrje, von diesem hervorragenden Brandy ist viel weniger übrig, als ich dachte ...«
    Er hob eine Karaffe und zwei schwere Kristallgläser auf seinen Tisch, goss blutroten Kirschbrandy in die Gläser und schob eines über den Schreibtisch zu Ernesto. Auf dem polierten Holz klang es wie ein Flüstern.
    »Wenn du nicht den Mut zum Rauchen hast, vielleicht kannst du dann zumindest versuchen, zu trinken wie ein Mann«, sagte er.
    »Weißt du, wo Fischer ist?«, fragte Ernesto, um eine feste Stimme bemüht.
    »Lieber Himmel, Ernesto, du musst lernen, deine Gefühle zu verbergen. Du siehst ganz mitgenommen aus.«
    Ernesto drehte sich um und stellte vorsichtig seinen Stuhl wieder auf. Er hörte, wie Anselm sein Glas noch einmal füllte. Dann setzte er sich langsam wieder.
    »Du bist jetzt zwölf«, fuhr Anselm fort. »Steward Golightly und ich haben beschlossen, dass es für uns alle an der Zeit ist herauszufinden, ob du jemals stark genug sein wirst, dieser Familie vorzustehen. Du bist der Nächste in der Linie, und das Gesetz dieser Stadt sieht vor, dass du alles erbst. Niemand sonst. Deswegen musst du härter werden. Verstehst du das? Du musst dich beweisen. Genau wie ich mich vor vielen Jahren vor meinem Vater beweisen musste.«
    Ernesto wartete beharrlich.
    »Als ich nur ein klein wenig älter war als du, wurde ich von einem Räuber in der Nähe vom Pedder Square angegriffen«, sagte Anselm. »Von einem ausgewachsenen Mann, der von einem Jungen kaum Widerstand erwartete. Es war dunkel. Ich war allein. Ich brach seinen Arm, Ernesto, und warf ihn in den Cat’s Tail.
    Danach wusste mein Vater, dass ich ein richtiger Scarspring war. Er übertrug mir ein paar Geschäftsbereiche. Die Männer unter meiner Führung wussten, zu was ich fähig war. Sie respektierten mich.«
    »Was ist mit dem Mann geschehen?«, fragte Ernesto gegen seinen Willen.
    »Da haben wir’s! Schwäche! Was zählt es schon, was aus ihm wurde? Er hat versucht, mich zu bestehlen! Aber da du schon fragst, kann ich dir auch sagen, dass er nicht schwimmen konnte, zumindest nicht in eiskaltem Wasser und mit einem gebrochenen Arm. Wie ein verlorener Schuh wurde er ein paar Tage später herausgefischt.«
    Ernestos Augen weiteten sich vor Schreck. »Er, er ist ertrunken? Wie Mr. Pimm letzten Winter?«
    »Was weißt du über Mr. Pimm?«
    »Er wurde doch auch im Cat’s Tail gefunden. Es hieß, dass Steward Golightly ihm Geld geliehen hatte und er es nicht zurückzahlen konnte.«
    »Wo hast du das denn gehört?«
    Ernesto zögerte. Dann flüsterte er: »Radio Barnacle.«
    Er war bereit, zur Tür zu hechten. Aber Anselm sah ihn nur ungläubig und mit fahlem Gesicht an.
    Als er wieder sprach, flüsterte auch er: »Du sollst keine Lügen wiederholen, Ernesto. Bring dem Haus, das dich ein Leben lang ernährt und versorgt hat, ein wenig Loyalität entgegen.«
    Er nahm einen großen Schluck von seinem Brandy. Ernesto hatte das Gefühl, dass die Wände näher rückten.
    »Und trink etwas, es würde dich

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