Dark Road
sechs. Verfahren ...« Er hatte die Schnalle gelöst und zog Frankie zu sich. »Ihr habt euch sechs ... sechs Stunden lang verfahren ...«
Aber auch Clovis griff nach Frankie. Und ließ sie nicht los. Zumindest nicht, bis er aus dem Van fiel, wo er von Moe abgefangen wurde, weil Moe vorsichtshalber schon vor ihm hinausgesprungen war.
»Woher sollen wir wissen, wer Sie sind?«, fragte Clovis. »Wir suchen ihre Familie. Sie haben nicht gesagt ...«
In diesem Augenblick wachte Frankie auf. »Oh, hallo, Onkel Hat«, sagte sie verschlafen. »Zack und Clovis haben mich nach Hause gefahren. Du kannst dir nicht vorstellen, was passiert ist. Wir sind stecken geblieben ... es war einfach unglaublich, wir ...« Sie gähnte. Ihre Augen waren heller geworden. Sie sah zu Clovis hinab. »Jedenfalls sind wir stecken geblieben«, schloss sie.
»Und haben uns verirrt«, sagte Clovis.
»Vielen, vielen Dank fürs Mitnehmen, Clovis«, sagte Frankie. »Ich weiß nicht, wie ich ohne euch nach Hause gekommen wäre. Ihr seid beide richtige Gentlemen, wie ihr mir geholfen habt und so.«
»Nicht der Rede wert«, sagte Clovis und wurde unter seinen Sommersprossen rot.
Die Band stand um ihn herum. Sollten Musiker nicht eigentlich freundliche und entspannte Menschen sein? Dann ertönte ein Schlag von der Rückseite des Vans und er hörte Zacks fröhliche Stimme:
»Hier hätten wir den Scharfen Zitronenschocker mit prickelnden Sorbet-Sticks. Der ist super, wenn man ein bisschen müde ist. Und außerdem ganz großartigen, sanft schmelzenden Schokoladensamt, schön vollmundig und nuancenreich für die kultivierteren Kreise, nach einem Geheimrezept natürlich, aber ich kann euch verraten, dass bester Ingwer dabei ist und ein Hauch von geräucherten Feuersamen.«
»Das ist die neue Generation des Eis-Engels, Hat«, sagte ein Mann mit traurigem Gesicht. Clovis meinte in ihm den Drummer zu erkennen. »Weißt du noch, Balthasars Sohn und der andere sind doch im Mitternachtscafe aufgetaucht und haben Mittens ganz aus der Fassung gebracht.«
Clovis hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt. Moe war nah bei ihm und knurrte leise. Clovis streckte seine Hand aus, um ihn an dem struppigen Fell im Nacken zu kraulen, und keuchte überrascht auf. Moe wirkte wieder viel größer als sonst. Sein Rücken reichte bis zu Clovis’ Hüfte.
»Erinnerst du dich, Hat?«, sagte der Drummer. »Lass die Kids in Ruhe. Sieht aus, als hätten sie ihr tatsächlich geholfen und keinen Arger gemacht.«
»Und sie haben die echte Eiscreme«, sagte ein anderer. »Schmeckt überhaupt nicht nach Rockscar-Wasser. Die einzig wahre.«
Nach und nach wandte sich die Band von Clovis ab und Zack zu.
Nur Hat blieb stehen. Er stellte Frankie auf den Boden und sie lächelte — aber er lächelte nicht zurück.
»Geh und hol dir ein Eis«, sagte er. Frankie ging.
»Wir sind ihre Familie«, sagte Hat zu Clovis. »Ihre Mutter ist momentan im Krankenhaus. Wenn Frankie irgendwas passiert, irgendetwas, dann finden wir raus, wer dafür verantwortlich ist, und dann heißt es ...« Er fuhr sich mit den Fingern an der Kehle entlang. »Kapiert?«
Clovis nickte. »Mit allem nötigen Respekt, Sir, aber ohne uns würde sie höchstwahrscheinlich immer noch irgendwo herumwandern und versuchen, den Weg nach Hause zu finden«, sagte er. »Sie ist nicht so erwachsen, wie sie denkt.«
Hat nahm seinen Hut ab und wischte sich über die Stirn. Dann fuhr er sich über die Augen.
»Da erzählst du mir nichts Neues«, flüsterte er mit sehr viel freundlicherer Stimme. »Als würde man versuchen, auf ein wildes Tier aufzupassen, das nicht an der Leine geht, sondern immer wieder auf die Straße rennt.«
»Aber sie ist sehr lustig und schlau«, fugte Clovis hinzu und wurde wieder rot.
»Hey, Hat«, rief der Drummer mit dem traurigen Gesicht. »Ist es nicht Zeit, dass du auf Sendung gehst?«
Hat legte die Stirn in Falten.
»Entspann dich, Hat«, sagte jemand, den Clovis jetzt als den Bassisten erkannte, »wir sind hier alle Gesetzlose.«
Die anderen Bandmitglieder lachten leise, weil sie den Mund voll Eis hatten.
Moe sprang wie ein ganz normaler kleiner, zerzauster Hund auf den Beifahrersitz.
KAPITEL 43
Anselm Scarspring lief den kühlen, gefliesten Flur hinab und über den Hinterhof in die strahlende Sonne. Er stieg einige Steintreppen hinauf und gelangte dann durch einen Bogengang - wobei er mit der Hand die Augen abschirmte - in den grünen, glitzernden Wassergarten, den seine Vorfahren auf
Weitere Kostenlose Bücher