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Dark Road

Titel: Dark Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Haptie
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besuchen wird.«
    »Soll das heißen, dass er wusste, wo sie war? Jemand hat sich um sie gekümmert? Wer?«
    »Das steht dort nicht. Aber noch etwas anderes bereitete ihm Sorgen. Er hatte Zweifel an der Loyalität von jemandem in unserem Haus.«
    »Wer? Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Aber er hat sich auch um dich gesorgt, Onkel Anselm. Und um mich. Er benutzte das Wort Verräter. Er wollte mehr herausfinden. Aber vorher wollte er dir nichts erzählen, weil er dachte, du würdest ihm nicht glauben. Doch das war der letzte Eintrag.«
    »Verräter? Wahrscheinlich irgendein neidischer Dienstbote, der schon längst über alle Berge ist.« Anselm zuckte die Schultern. »Wir haben deine Mutter jahrelang gesucht«, fugte er hinzu. »Ich hoffe, du weißt das. Wir haben Belohnungen ausgesetzt.«
    »Ich werde sie finden«, sagte Ernesto nur.
    »Glaubst du nicht, dass sie zu dir zurückgekommen wäre, wenn sie noch am Leben wäre?Vor allem, als in allen Zeitungen und im Radio von Zorans Tod berichtet wurde?«, fragte Anselm etwas milder. »Von mir hatte sie nichts zu befürchten. Und dich liebte sie mehr als das Leben.«
    Ernesto konnte nicht sprechen.
    »Sie war sehr schüchtern, Ernesto, sehr zurückgezogen, sie hatte ein gutes Herz. Und sie war sehr schön. Mit dunkler Haut und dunklem Haar. Das Foto, das du von ihr hast, wird ihr nicht gerecht.«
    Unvermittelt legte Anselm sein Gesicht in seine Hände.
    Ernesto machte einen Schritt auf ihn zu, blieb dann aber stehen.
    Das Schweigen wurde von nichts durchbrochen als dem sanften Plätschern des Wassers in den kleinen Brunnen und Wasserbecken.
    Anselm sprach, ohne aufzusehen. »Und gibt es in diesen Tagebüchern, die du so klug entschlüsselt hast, irgendwelche Beschreibungen von Trollen?«
    »Es gibt mehrere«, sagte Ernesto vorsichtig. »Aber nie aus erster Hand. Normalerweise werden Trolle als männliche Wesen beschrieben, zwei- oder dreimal so groß wie Menschen, mit Bärten und großer körperlicher Kraft. Manchmal haben sie Hörner, manchmal ein Geweih, ein andermal Klauen.
    Der Einzige, der behauptete, selbst einen gesehen zu haben, ist Archibald. Aber er beschrieb nie genau, was er gesehen hatte. Es hieß, er habe unter dem sogenannten Fluch der Scarsprings gelitten.« Ernesto machte eine kurze Pause. »Man hielt ihn für verrückt.«
    »Lass mich jetzt allein«, unterbrach ihn Anselm plötzlich. »Geh.«
    Er flüsterte, aber seine Stimme hätte Steine zerschneiden können.

 
KAPITEL 44
    Eine ganze Weile, nachdem Ernesto die Steinstufen hinab und zurück ins Haus gegangen war, blieb Anselm allein zurück in dem stillen, sonnigen Wassergarten.
    Wie so oft spürte er selbst hier die scharfe Kälte dieser einen Nacht in den Bergen. Er sah die steile Kurve der Wolf Road vor sich, die im Licht des abnehmenden Wintermondes kaum zu erkennen war. Sein Bruder Zoran war hierhergekommen, weil er jemanden treffen wollte, und Golightly war ihm gefolgt, um ihn bei diesem Treffen auszuspionieren - anders konnte man es nicht nennen. Wegen der Krankheit seiner Frau war Zoran vor Sorge fast verrückt geworden. Als sie ein paar Tage später spurlos verschwand, schien er durchzudrehen, weigerte sich, mit Anselm zu sprechen, und bestand darauf, allein in die Wildnis zu gehen. Wer konnte schon wissen, welcher Verbrecher oder Betrüger ihm schaden und ihn mit Lügen und Versprechungen austricksen wollte?
    Aber wenn diese unbekannte Person überhaupt gekommen war, musste sie im Schatten der Bäume gewesen sein. Anselm hatte ihn nicht ausmachen können. Oder sie.
    Natürlich war es Golightly, der den Streit begann. Der schlaue, gerissene Golightly, dessen Motive Anselm nie vollkommen durchschaute. Er hatte Anselm, als sie hinter Zoran herschlichen, zugeflüstert, dass Zoran Geheimnisse vor ihm haben müsse, dass er Anselm nicht das Vertrauen und den Respekt entgegenbrachte, der einem Bruder gebührte.
    Jetzt, zwölf Jahre später, saß Anselm zitternd in seinem Wassergarten und klammerte sich an seinen Talisman. Die dunkle Wolf Road. Nichts schien, wie es war.
    Jähzorn. Er war schon immer jähzornig gewesen. Wut. Angst. Erst handeln, dann denken. Und in dieser Nacht war ihm Zoran in seiner Wut wie ein Fremder vorgekommen. Hatte ihn angeschrien, er solle Golightly mitnehmen und verschwinden. Hatte ihm Befehle erteilt. In der Dunkelheit Schläge ausgeteilt.
    Golightly beobachtete sie aus der Ferne.
    Der Eis-Engel-Van war langsam den Berg heraufgekrochen. Die verdammte Jump-Familie, die

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