Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
Gebäudes, wo sie den Eingang zum Gemeindebüro fanden. Nick klopfte, dann drückte er die Klinke. Vergebens. Die Tür ließ sich nicht öffnen.
In diesem Moment hörten sie von der Vorderseite der Kirche her ein Motorengeräusch. Ein Wagen fuhr mit quietschenden Reifen an. »Haben wir etwa jemanden verscheucht?« Nick rannte los.
Marla folgte ihm, so schnell sie konnte. Auf dem Parkplatz vor der Kirche blieb Nick abrupt stehen.
Sein Pick-up war noch da, und auch die beiden Limousinen und der Volvo standen genau dort, wo sie sie zuletzt gesehen hatten. »Vor ein paar Minuten hat hier noch ein Jeep gestanden, oder?«
»Ich glaube schon. Ja.« Marla nickte und rang nach Atem. Der kurze Sprint hatte sie angestrengt. »Er stand da drüben, neben dem Strauch.« Sie deutete auf eine struppige Forsythie und atmete tief durch. Himmel, sie war wirklich schlecht in Form.
»Das meine ich doch.« Nicks Augen wurden schmal.
»Es könnte Zufall sein. Vielleicht wollte der Fahrer gerade aufbrechen …«
»Unsinn.« Er presste die Lippen zusammen und ließ den Blick über den langsam fließenden Verkehr auf der Straße wandern. »Verdammt!« Er trat mit dem Fuß einen Kiesel gegen den Reifen eines Pontiac. »Den Wagen habe ich schon mal gesehen. An dem Abend, als Cherise mich im Hotel besucht hat. Jemand hat sie in einem dunklen Jeep abgeholt.« Nick spähte die Straße entlang, als wolle er das flüchtige Fahrzeug zwingen, wieder aufzutauchen.
»In dieser Gegend fahren Tausende von Geländewagen«, erwiderte Marla, schirmte mit der Hand die Augen ab und blinzelte in die untergehende Sonne. »Und selbst wenn es derselbe Wagen war, muss das nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben. Er könnte Cherise’ Mann gehören oder der Kirche oder einem Freund.«
»Möglich. Trotzdem, hältst du es für einen Zufall, dass der Fahrer es so eilig hatte zu verschwinden, sobald wir hier aufgetaucht sind?«
»Vielleicht.«
»Vielleicht auch nicht«, entgegnete Nick. Sein Humor hatte sich mit einem Schlag verflüchtigt. Vom Pazifik her zogen erste Wolken auf. »Ich glaube nicht an Zufälle.«
»Ich auch nicht«, gab Marla zu. »Aber warum ist der Fahrer geflüchtet? Warum hat er sich nicht versteckt?«
»Vielleicht dachte er, wir wären auf der Suche nach ihm. Oder wir hätten einen Schlüssel oder würden die verdammte Tür einschlagen, was weiß ich.« Nick ging zum Pick-up und öffnete die Beifahrertür. »Komm, fahren wir.«
Marla widersprach nicht. Die Kälte kroch ihr den Rücken hinauf, und sie fühlte sich unbehaglich.
Nick stieg ein und fuhr los in Richtung Süden. Unterwegs sagte er nicht viel, sondern konzentrierte sich mit gefurchter Stirn, die Finger um das Lenkrad gekrallt, auf den Verkehr.
»Du hast eine Verabredung mit Paterno?«
»Ja. Die Anschrift des Polizeireviers habe ich hier.« Sie nahm Paternos Karte aus der Handtasche, auf der ansonsten nichts stand, und reichte sie Nick. »Weißt du, die Tasche, die ich in der Unfallnacht bei mir hatte, wurde nicht gefunden. Darum habe ich keine Papiere, die meine Identität beweisen könnten, kein Geld, keine Kreditkarte, keine Schlüssel – überhaupt nichts.«
»Du hattest deine Handtasche nicht bei dir?« Nick steuerte den Pick-up auf die schmalen Fahrspuren der Golden Gate Bridge, und Marla blickte hinaus nach Westen, auf das ruhige Wasser des Pazifiks. Am Horizont waren Fischkutter und Tanker zu sehen. Der Himmel, eben noch völlig klar, hatte sich verdüstert, und dicke Wolken zogen stetig landeinwärts.
»Das sagt die Polizei. Im Haus habe ich sie allerdings auch nicht gefunden.« Sie fuhr sich mit den Fingern durch das kurze Haar. »Aber der Ring, den mein Vater mir geschenkt hat, ist aufgetaucht. Er war in dem Schmuckkästchen, das ich vorher schon mindestens ein Dutzend Mal durchsucht hatte.«
»Wer wusste, dass du ihn vermisst hast?«
»Mehr oder weniger alle.«
»Alex auch?«
»Ja. Wieso? Glaubst du, er hätte ihn genommen?«, fragte Marla, obwohl sie die Möglichkeit selbst schon in Betracht gezogen hatte. Ihr Mann war ein Geheimniskrämer, so überbehütend, als hätte er vor Gott weiß was Angst.
»Ich weiß nicht«, erwiderte Nick und schaltete herunter, »aber vergiss nicht, letzte Nacht ist er noch nach Mitternacht weggefahren. Und vielleicht hat er auch Conrad besucht, ohne jemandem etwas davon zu sagen.«
»Es ist doch kein Verbrechen, seinen Schwiegervater zu besuchen«, wandte Marla ein.
»Aber er hat es heimlich getan. Er war schon immer
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