Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
blassgrünes Samtsofa mit geschwungener Rückenlehne sinken. »Ich will, dass sie aufwacht und alles wieder so wird wie früher.«
»Das wird nicht geschehen«, sagte Alex entschieden zärtlicher, als Nick es ihm je zugetraut hätte.
»Warum musste das passieren?«
»Cissy, darüber haben wir doch schon gesprochen. Es ist nun einmal passiert.« Alex war allmählich mit den Nerven am Ende. Nick staunte – sein Bruder war schon seit je ein eiskalter, klar denkender Mistkerl gewesen, jemand, der jede Situation mit bemerkenswerter Ruhe meisterte. Eine alte Freundin aus der Zeit vor Marla hatte Alex einmal vorgeworfen, er habe statt Blut Eiswasser in den Adern. Das hatte Alex damals als Kompliment aufgefasst.
Doch an diesem Abend war er aufgewühlt. Und zwar sehr.
Vielleicht bedeutet Marla ihm tatsächlich was. Vielleicht hat er sie wirklich aus Liebe geheiratet und nicht nur, um seinem Bruder eins auszuwischen.
»Ich könnte jetzt auf der Ranch sein«, beklagte sich Cissy.
Eugenia schnaubte. »Du hast morgen Schule. Und außerdem regnet es.«
»Na und?«, murmelte Cissy und sah aus dem Fenster. Das Mädchen erinnerte Nick an eine Hauskatze, die mit zuckendem Schwanz auf der Fensterbank saß und die Vögel auf dem Zweig direkt vor der Scheibe beobachtete.
Das Telefon klingelte. Alex fuhr zusammen, ging in die Eingangshalle hinüber und hatte noch vor dem zweiten Klingeln abgehoben. »Alex Cahill. Ja … Gut, gut … Wunderbar. Wir kommen sofort.« Er legte den Hörer auf. »Wurde aber auch Zeit«, knurrte er und kam zurück ins Zimmer.
»Mom?«, fragte Cissy, und ein Teil ihres schnodderigen Teeniegehabes fiel von ihr ab. Ohne ihr höhnisches Lächeln und das Misstrauen in ihrem Gesichtsausdruck war sie hübsch; später würde sie wohl zu einer Schönheit erblühen. Wie ihre Mutter. »Geht’s ihr gut?«
»Hoffen wir’s«, erwiderte Alex mit einem gequälten Lächeln. »Das war das Krankenhaus. Wie es aussieht, wacht sie endlich aus dem Koma auf.«
»Gott sei Dank«, seufzte Eugenia und erhob sich. Nick empfand eine Mischung aus Erleichterung und Angst. »Fiona und Carmen sind hier und können auf das Baby aufpassen, aber ich sollte ihnen wohl besser Bescheid sagen, was los ist.« Damit eilte sie in den hinteren Teil des Hauses.
»Wir nehmen den Jaguar«, sagte Alex und kramte in seinen Taschen nach dem Schlüssel.
»Ich fahre meinen eigenen Wagen.« Nick wartete keine Widerrede ab. Er brauchte seine eigenen vier Räder, sein »Fluchtauto«, für den Fall, dass es im Krankenhaus zu anstrengend wurde. Niemand konnte schließlich wissen, was geschehen würde, wenn Marla endlich aufwachte.
Sie öffnete ein Auge einen Spalt, doch das grelle Licht zwang sie, es gleich wieder zu schließen. Ihr Kopf pochte dumpf, stärker war der Schmerz im Kiefer. Verschwommen nahm sie Musik wahr; eine Melodie, die sie kennen müsste, hing in der Luft.
»MrsCahill?«, fragte eine weiche Frauenstimme vorsichtig.
Wieder dieser Name. O Gott, warum erschien er so falsch? Ihre Lider hoben sich flatternd, und sie verzog das Gesicht, als das Licht sie traf, stellte dann aber fest, dass die Lampen gedimmt und die Jalousien geschlossen waren. Im Zimmer herrschte Halbdunkel.
»Wissen Sie, wo Sie sind?«
Marla nickte. Sie hatte einen widerlichen Geschmack im Mund, ihre Haut und ihr Kopf juckten vom langen Liegen, ihr Haar fühlte sich strähnig an. Lieber Gott, wie mochte sie aussehen! Langsam wurde aus dem verschwommenen Fleck, den sie vor sich sah, das Gesicht der Krankenschwester.
»Sie sind im Bayview Hospital, und ich bin Carol Maloy.« Der Name stand auch auf dem Schildchen der hellblauen Jacke, das die Frau als examinierte Krankenschwester auswies. Sie war groß und blond, hatte klare blaue Augen und zeigte beim Lächeln regelmäßige weiße Zähne. »Schön, dass Sie wieder bei uns sind.«
Marla schluckte. Ihre Kehle war staubtrocken.
»Und wie geht es Ihnen? Haben Sie Durst?«
Unter unnatürlich großer Anstrengung nickte Marla, doch Schwester Maloy hatte sich bereits abgewandt und kam mit einem Glas Wasser und einem Strohhalm zurück. »Ich hatte schon vermutet, dass Sie heute aufwachen würden, es war so ein Gefühl. Hiermit fangen wir an, und wenn Sie ganz mutig sind, gehen wir später zu Saft über.«
Mit Hilfe der Schwester gelang es ihr, ein paar Schlucke Wasser zu trinken. Es schmeckte himmlisch, eine Wohltat für ihre rissigen, trockenen Lippen, ehe es durch die Drähte, die ihre Zähne fixierten, in ihre
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