Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
dunklen Augen musterten mich. »Stimmt. Typisches Balzverhalten. Mitbringsel als dezente Hinweise. ›Hier, diese Pflanzengeschlechtsteile sind für dich.‹ Wink mit dem Zaunpfahl.« Darüber hatten wir gleich beim Kennenlernen Witze gerissen.
»Bloß brauchst du glücklicherweise nicht so dezent zu sein. Ich weiß längst, dass du auf Sex aus bist.«
»Da ist was dran, aber ich dachte, ich beseitige lieber von vornherein jeden Zweifel. Außerdem warst du in der letzten Zeit dermaßen cool … ich weiß nicht. Ich wollte einfach was Nettes machen. Ich dachte, wir könnten essen gehen – wobei, so wie du diese Ravioli in dich reinschaufelst, wird daraus wohl nichts mehr.«
»Sorry«, sagte ich mit vollem Mund. »Ich muss heute Abend arbeiten, also war ein frühes Essen angesagt.«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Wie fies ist das denn? Ich mache Feierabend, damit ich dich ausführen kann, und du musst jetzt arbeiten? Warum sagst du Lara nicht, sie soll Termine für tagsüber machen?«
»Weil ich da heute schon in Sachen Dornenland zu tun hatte.«
Kiyo sah mich schief an.
»Hey, nun guck nicht so«, warnte ich. »Ich bin nicht mal dort gewesen. Aber ich hab gerade erst herausgefunden, dass die Leute dort hungern und kein Wasser haben.«
»Ja. Hab ich gehört.«
Jetzt war ich es, die vorwurfsvoll guckte. »Du hast davon gewusst und mir nichts gesagt?«
»Jetzt gib mal nicht mir die Schuld. Ich bin davon ausgegangen, dass du Leute hast, die sich darum kümmern. Und die auch wieder Leute haben und so weiter.«
»Ja, schon, bloß kommen die alle nicht so richtig weiter. Ich muss sogar morgen wieder hin und ihnen helfen, irgendwelche Briganten hochzunehmen.«
»Hast du gerade ›Briganten‹ gesagt? Das klingt ja sehr … keine Ahnung. Nach 1683.«
»Egal wie man sie nennt, sie nerven jedenfalls und entführen anscheinend auch Mädchen.« Ich brachte ihn rasch auf den neuesten Stand. »Willst du mitkommen und mir helfen?«
Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Also eigentlich hab ich ja gehofft, ein bisschen Zeit mit dir verbringen zu können. Und jetzt erfahre ich, dass du heute Abend einen Job hast und morgen Sheriff spielst.«
»Würde es helfen, wenn ich mich wie ein Cowgirl anziehe?«
»Durchaus.« Er setzte sich zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Und ja, ich komme morgen mit. Ich komme sogar heute Abend mit, wenn du mich dabeihaben möchtest.«
»Na, siehst du? Wir finden schon ein Zeitfenster füreinander.«
»Ich hoffe nur, wir finden nachher auch noch ein Zeitfenster fürs Bett, damit sich das alles lohnt.«
»Tja«, sagte ich von oben herab und stellte den Teller auf den Tisch, »und ob sich das lohnt, hängt ja dann wohl von dir ab, oder? Ich bin über jeden Zweifel erhaben.«
Er legte eine Hand auf meinen Schenkel und strich mit seinen Lippen über meinen Hals. »Ach, Eugenie. Pass bloß auf, was du sagst«, grollte er. »Sonst kommst du noch zu spät zu deinem Termin.«
Ich grinste und antwortete mit einem langen, innigen Kuss, aus dem wahrscheinlich mehr geworden wäre, wenn der Termin uns noch ein bisschen Zeit gelassen hätte. Und wenn nicht gerade die Hintertür gegangen wäre. Tim kam nicht besonders gut damit klar, Kiyo und mich in einer kompromittierenden Situation vorzufinden.
Wir fuhren zum Univiertel hinüber, in eine ruhige Wohngegend, deren einzelne Häuschen hauptsächlich von Kleinfamilien oder Studenten-WGs bewohnt wurden. Als wir vor einem schmalen Einfamilienhaus hielten, das einen Neuanstrich brauchte, runzelte Kiyo die Stirn.
»Dieser Minibus kommt mir reichlich bekannt vor«, sagte er und nickte zur Auffahrt.
»Echt?«, fragte ich unschuldig.
Wie stiegen aus und gingen zum Haus. Als wir an dem Minibus vorbei waren, blieb Kiyo stehen und begutachtete die vielen Aufkleber à la Die Regierung lügt oder Roswell-Akten freigeben! Er sah mich scharf an, vorwurfsvoll.
»Eugenie, ist Will Delaney umgezogen?«
»Nööööö«, sagte ich langsam. »Hier wohnt bloß eine Freundin von ihm.«
Kiyo ächzte. »Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich zu Hause geblieben. Dieser Typ ist doch krank. Aber warte mal … hast du da eben was von einer Freundin gesagt?«
»Von einer Freundin mit einem ernstzunehmenden Problem. Du kannst ja im Wagen warten, wenn dir das lieber ist.«
Kiyo sagte nichts, sondern atmete nur tief durch, während wir weiter Richtung Tür gingen. Will Delaney war ein früherer Klient von mir. Ein Verschwörungstheoretiker, der seinen Lebensunterhalt
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