Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
Königin?“, wollte Jasmine wissen.
„Zu der blonden. Der Weidenkönigin.“
Jasmine und ich wechselten einen Blick. Plötzlich klangen Deannas verrückte Behauptungen nicht mehr ganz so verrückt.
„Was genau hast du gehört?“, fragte ich leise.
„Er hat ihr erzählt, dass Sie schwanger sind und eine Abtreibung machen wollen, falls es ein Junge wird… aber dass er sich Sorgen macht. Es beunruhigt ihn, dass Sie nicht gleich abgetrieben haben.“ Deanna sah zwischen uns hin und her; sie wollte verzweifelt, dass wenigstens eine von uns ihr glaubte. „Er hat gesagt, dass das wahrscheinlich nur am Schock liegen würde und dass Sie schon ‚das Richtige‘ tun würden, aber falls nicht… na ja, und Maiwenn sagte, dass sie dafür sorgen müssten, dass Sie das Kind verlieren. Oder… falls dass nicht funktioniert… dass Kiyo Sie töten müsste.“
„Das ist doch krank“, sagte ich. „Kiyo würde mich nie töten.“
„Kiyo will nicht, dass die Prophezeiung eintrifft“, sagte Jasmine. „So krank ist das nicht.“
„Er liebt mich. Diese ganze Vorstellung… die ist doch lächerlich.“
„Warum sollte ich lügen?“, fragte Deanna. „Sie haben mir geholfen. Jetzt helfe ich Ihnen, indem ich Sie warne, bevor ich in die nächste Welt weiterziehe. Ich sag’s Ihnen, ich habe die beiden gehört. Kiyo hat geschworen, dass er dafür sorgen wird, dass die Prophezeiung nicht eintrifft.“
„Kiyo. Liebt. Mich.“
„Dorian liebt dich auch“, stellte Jasmine fest. „Und schau, was er getan hat. Wenn man es sich mal überlegt, gehört Kiyo absolut zu den Leuten, die denken, wenn man ein Leben opfert, um viele zu retten, wäre es das schon wert. Oder irgend so einen Schwachsinn.“
„Das stimmt.“ Es verblüffte mich selbst, das zuzugeben, und doch… Während sich die Bedeutung von Deannas Worten setzte, musste ich an meine erste Begegnung mit Kiyo denken. Er hatte auf Maiwenns Anweisung nach mir gesucht. Sie hatten nicht gewusst, wie ich tickte, ob ich die Prophezeiung wahr werden lassen wollte oder nicht. Er hatte es nie so ausdrücklich gesagt, aber mein Eindruck war gewesen, dass beide zu extremen Mitteln bereit waren, um zu verhindern, dass der Thronerbe des Sturmkönigs geboren wurde. Unsere Beziehung hatte sich seitdem eindeutig verändert, aber… manche Sachen vielleicht nicht…
„Aber so weit würde er nicht gehen“, schloss ich.
„Möchtest du dich darauf verlassen?“, fragte Jasmine sanft. „Er würde dich vielleicht nicht gleich töten, aber du hast doch gehört, was er über Maiwenns ‚magische‘ Abtreibungsmethoden gesagt hat.“
Was hatte Deanna behauptet? Dass Kiyo und Maiwenn vorhatten, mich zum Schwangerschaftsabbruch zu zwingen , wenn ich nicht selbst dazu bereit war?
„Wir müssen einfach bloß reden“, sagte ich in der Hoffnung, überzeugend zu klingen. Meine nächsten Worte verrieten mich. „Irgendwo, wo ich in Sicherheit bin.“
„Kiyo ist im Wartezimmer“, sagte Jasmine, als sie sah, dass ich das endlich ernst nahm. „Ist das ein sicherer Ort?“
„Wahrscheinlich nicht.“ Ich war jetzt wieder komplett angezogen. „Es muss doch eine Hintertür geben. Es gibt immer eine Hintertür. Wir… wir fahren nach Hause. Ich hole meine Waffen, und dann wechseln wir in die Anderswelt. Im Dornenland kann ich mich vernünftig mit ihm unterhalten. Dort bin ich sicher.“
„Sie schaffen es nie dorthin“, sagte Deanna. Ich hatte schon gar nicht mehr gewusst, dass sie da war. „Er kann Ihnen folgen. Sobald Sie hier weggehen, weiß er Bescheid und folgt Ihnen.“
„Woher soll er denn–“
Ich berührte meinen Oberarm, die Stelle, wo Kiyo mich neulich Nacht leicht mit den Fingernägeln gekratzt hatte. Ich holte Luft, tief, zitternd. „Er hat mich markiert“, sagte ich. In unserer ersten gemeinsamen Nacht damals hatte er mich richtig zerkratzt und eine nur langsam heilende Wunde hinterlassen, die es ihm ermöglicht hatte, mich überall aufzuspüren. Diese hier war kleiner, funktionierte aber bestimmt genauso gut.
Jasmine bewegte sich bereits zur Tür, so angespannt und entschlossen, dass sie viel älter wirkte. „Dann gehen wir eben direkt in die Anderswelt rüber. Dort bist du sicher. Wo ist der nächste Torweg?“
Ich vergegenwärtigte mir die Gegend, in der wir uns befanden. „Beim Morriswood Park. Ganz schön weit weg.“
„Na ja, wir müssen jetzt jedenfalls los. Wenn wir hier noch länger bleiben, kommt der Arzt und will wissen, was los ist“, sagte
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