Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
jetzt, schärfer. Die Verzweiflung brach sich Bahn. „Was wirst du dann tun?“
„Dich zu Maiwenn bringen– mit Gewalt. Und dann… dann kümmert sie sich darum.“
„Einen Teufel wirst du tun“, sagte ich. Verflucht, hätte ich bloß eine Waffe. Ich hatte sie fast immer dabei– bloß bei diesem Arztbesuch nicht. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich Rolands Hand auf dem Küchentresen um etwas schloss. Um einen Zauberstab. Er hatte seinen Zauberstab in der Küche liegen. Aber natürlich hatte er das. Im Gegensatz zu mir war er nie sorglos geworden. „Das werde ich auf gar keinen Fall zulassen. Ihr werdet doch nicht mit mir herumexperimentieren!“
Kiyos Gesicht spiegelte die verschiedensten Gefühle wider. Bedauern. Enttäuschung. Es machte ihm etwas aus. Er wollte diesen Streit zwischen uns nicht– aber er war auch überzeugt, für das größere Gute einzutreten. Überzeugt, alles tun zu müssen, um zu verhindern, dass die Prophezeiung eintrat. Und da wurde mir klar, dass Deanna die Wahrheit gesagt hatte. Im Idealfall wollte er einfach, dass die Schwangerschaft beendet wurde. Wenn das nicht möglich war, dann musste eben ich eliminiert werden.
„Wie kannst du das tun?“ Seine Stimme war Drohung und Flehen zugleich. „Wie kannst du das alles aufs Spiel setzen– nur um ein Leben zu retten?“
Erst in diesem Moment, während die Worte meine Lippen verließen, erfuhr ich die Wahrheit über mich; das, was ich tief in mir vergraben hatte. Diese Mädchen-Junge-Sache spielte keine Rolle. Nur die Herztöne– diese winzigen, schnellen Herzschläge, die in meinen Ohren pochten…
„Nicht ein Leben“, sagte ich. „Zwei.“
Damit besiegelte ich mein Schicksal. Kiyo bewegte sich so schnell, dass ich den Angriff kaum kommen sah. Er sprang auf mich zu und verwandelte sich dabei in seine große Fuchsgestalt, die Reißzähne gefletscht, knurrend. Ein Windstoß verlangsamte seinen Sprung– verhinderte ihn aber nicht, doch es gab Roland genug Zeit, mich beiseitezureißen. Die Windmagie war nicht von mir gekommen. Sondern von Jasmine, und darum hatte auch nicht viel Wucht dahintergesteckt. Die ungewohnte Magie ließ sie keuchend zurück, aber sie hatte uns damit die Gelegenheit zu einem Ausweichmanöver verschafft.
Roland zog mich aus der Küche ins Wohnzimmer, wo wir mehr Bewegungsfreiheit hatten. Kiyo setzte uns ohne Zögern nach, war ganz brutale Kraft und Schnelligkeit.
„Er kann verbannt werden“, brachte ich heraus. „Wie ein Feiner.“
Roland nickte knapp. Er wusste das bereits, aber in dem Durcheinander blieb ihm nicht die nötige Zeit für einen Bannzauber. Kiyo warf sich auf mich und stieß mich von Roland weg. Ich krachte hart zu Boden, Kiyos Gewicht drückte mich nieder. So schnell, wie er sich in einen Fuchs verwandelte hatte, wurde er jetzt wieder zu einem Menschen. Mit immer noch unglaublicher Schnelligkeit riss er mich am Arm hoch. Ich hatte keine Ahnung, ob er mich einfach aus dem Haus zerren oder gleich hier an Ort und Stelle einen Sprung in die Anderswelt versuchen wollte, aber ich ließ ihm keine Gelegenheit dazu. Ich hatte meine Sinne jetzt wieder beieinander und griff nach meiner Magie aus. Die Luft wurde dick, und ein Windstoß, der eines Hurrikans würdig gewesen wäre, blies Kiyo von mir weg– zusammen mit einem erheblichen Teil der Wohnzimmereinrichtung.
Kiyo verzog das Gesicht, als er sein Gleichgewicht wiederfand und mühsam Schritt um Schritt auf mich zustapfte.
„Verdammt!“, rief er über das Brüllen des Sturms. „Hör auf damit!“
„Hör du auf!“ Die Magie brannte in meinem Blut, und ganz egal wie nervtötend schwach mich die Schwangerschaft gemacht hatte, so sehr hatten meine Kräfte nun auch nicht nachgelassen. „Wir wissen nicht einmal, ob an der Prophezeiung etwas dran ist! Ich bin schon öfters falschen Seherinnen begegnet. Das könnte alles völlig überflüssig sein.“ Roland und meine Mutter hatten mir einmal erzählt, dass es in der Anderswelt dutzendweise Prophezeiungen gab, und das hatte ich in einem gewissen Ausmaß auch schon erlebt. Bis jetzt war ich immer auf Nummer sicher gegangen, was meine betraf.
„Aber das wissen wir nicht!“, hielt Kiyo dagegen. Ich konnte die Verärgerung in seinem Gesicht sehen. Ich behielt den Sturm um mich herum aufrecht, um ihn auf Abstand zu halten, während Roland hoffentlich mit der Verbannung loslegte. „Wir dürfen das Risiko nicht eingehen. Bitte . Bitte komm mit zu Maiwenn. Wir bringen das in Ordnung.“
Ich
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