Dark Swan - Mead, R: Dark Swan
neulich.“
Ich versuchte, mein Missfallen zu verbergen. „Es ging mir nicht so gut, das ist alles. Und diese Arbeit ist körperlich ganz schön anstrengend.“
Lara musterte mich mehrere Sekunden lang mit ihren blauen Augen. „Dann sollten Sie sich vielleicht einen neuen Job suchen.“
„Nein! Das hier ist es, was ich mache. Und nichts anderes.“
„Aber wenn Sie krank sind–“
„Mir geht es prima. Ich habe morgen einen Arzttermin, und danach…“ Ich brach ab. Danach was? „Dann ist alles prima. Zurück an die Arbeit. Mein Termin ist mittags, also scheiße, machen Sie mir doch für den Nachmittag irgendwas aus. Einen Troll oder eine Todesfee.“
Sie seufzte. „Ich wollte Sie nicht ärgern.“
„Ich bin nicht verärgert.“ Aber das war gelogen. Ich war lauter geworden, ohne es zu merken, und meine Wangen prickelten.
Lara stand auf, klappte den Laptop zu und nahm ihren Teller. „Sehen Sie einfach zu, dass Sie wieder auf den Damm kommen. Dann kriegen wir das hin. Brauchen Sie morgen jemanden, der Sie fährt oder so?“
„So krank bin ich nun auch nicht.“ Ich konnte mich ja schließlich immer noch von meiner Schwester ohne Fahrerlaubnis herumkutschieren lassen. „Wir sind bald wieder im Geschäft, warten Sie’s nur ab.“
Lara bedachte mich mit einem verkniffenen Lächeln. Es gelang ihr nicht, ihre Besorgnis zu verbergen. Sie spazierte zu Tims Zimmer davon, und Jasmine setzte sich auf dem Sofa auf, von wo aus sie alles mit angehört hatte. „Das ist eine gute Idee. Verkauf das Haus. Zieh einfach mit den Kindern in die Anderswelt.“
Ich wollte sie schon anfahren, ließ es aber bleiben. Das war eine Möglichkeit. Dort hätte ich jede Menge Unterstützung– ein ganzes Schloss voller Babysitter. Meine Töchter würden aufwachsen wie Prinzessinnen. Sie waren Prinzessinnen. Aber sie dort aufwachsen zu lassen lief darauf hinaus, dass sie ihre menschliche Seite verlieren würden. Sie würden praktisch Feine sein. Wollte ich das? Es passierte ja schon mit mir .
„Vielleicht bekomme ich ja Jungen“, erinnerte ich Jasmine. „Dann heißt es zurück an die Arbeit.“
Am Abend rief Kiyo an und wollte wissen, ob ich schon irgendwas gehört hatte. Ich sagte ihm, dass es für die Ergebnisse noch zu früh war, dass ich ihn aber sofort, nachdem sich der Arzt gemeldet hatte, anrufen würde. Das war ein kleines bisschen gelogen. Wie ich Lara gegenüber hatte durchblicken lassen, würde ich die Ergebnisse in der Praxis erfahren. Mit Zwillingen war ich anscheinend zu den Risikoschwangerschaften aufgestiegen, und da wollten sie nicht nur die Untersuchung persönlich besprechen, sondern gleich noch mal einen Ultraschall machen. Ich wollte natürlich nicht, dass Kiyo mitkam, aber ich hätte auch nichts dagegen, wenn er an dem Abend rüberkäme. Ich wollte die Nähe, die Liebe. Vor allem wollte ich spüren, dass er mich in meinem gegenwärtigen Zustand noch begehrte.
Am nächsten Tag zur Mittagszeit hatte ich das Gefühl, zu meiner eigenen Beerdigung zu gehen. Mein Kopf war leer, ich konnte mich auf nichts konzentrieren, und Jasmine wäre vielleicht die bessere Fahrerin gewesen. Sie kam mit, da hatte es keine Diskussion gegeben. Wir sagten während der Fahrt beide kein Wort, und ich konnte sehen, dass sie ebenso angespannt war wie ich. Worauf es auch hinauslief, es war keine Kleinigkeit.
„Bald“, sagte ich leise, als wir reingingen. „Bald haben wir das Ganze hinter uns, so oder so.“
Oder auch nicht so bald.
Die Praxis hinkte hinterher; es war wie die Fortsetzung irgendeines kosmischen Witzes. Bis zu diesem Moment hatte ich die Sekunden runtergezählt, und nun galt es ewig zu warten, während Dr. Sartori seinem Zeitplan hinterherhechelte. Zugegeben, ich war grundsätzlich nicht sauer auf Ärzte, die mit den Terminen zurücklagen. Das lag ja schließlich vielleicht bloß daran, dass sie ihren Patienten die nötige Zeit und Fürsorge zukommen ließen. Vielleicht war er ja gerade mit einer anderen Frau beschäftigt, die erfahren hatte, dass sie ein Monster bekommen würde, das die Welt erobern wollte.
„Eugenie?“ Der Klang meines Namens ließ mich hochschrecken. Eine Arzthelferin lächelte mich gelassen an. „Wir sind jetzt so weit.“
Es war alles wie beim letzten Mal. Ich zog mir ein Patientenhemd an und legte mich auf den Untersuchungstisch. Jetzt. Jetzt ist es so weit . Es kam wieder Dr. Sartori rein, aber diesmal begleitete ihn eine andere Assistentin. Sie hieß Ruth, und sie hatte eine
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