Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
dermaßen beschämt, dass er nicht wagte seiner alten Freundin in die Augen zu schauen.
Madison warf ihm einen verwirrten Blick zu und sagte dann, selbst ein wenig überrascht über das, was gerade geschehen war: »Tut mir leid, Sammy. Ich dachte nur … ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Es ist nur ... wir sind alle zusammen und es war alles wieder so wie früher. Es fühlte sich so an wie damals.«
Nein, dachte Sam, es ist nicht mehr wie früher. Wir haben uns seit Jahren nicht mehr gesehen, wissen nichts von einander. Wir sind Fremde. Wir wollen nur, dass es wie damals ist.
Er hatte die letzten zwei Tage ununterbrochen an Madison gedacht, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn sie sich wieder küssten. Nun wusste er es. Außer Freundschaft empfand er nichts mehr für sie. Doch war das wirklich schlecht? Freundschaft war immerhin eine ganze Menge.
Dieser Kuss hätte niemals passieren dürfen, doch das war er. Und jetzt musste er sich mit einem schlechten Gewissen Saskia gegenüber quälen. Eigentlich war ja nichts passiert. Eigentlich. Aber es war ein Kuss, das war doch schon was. Wie lange hatten sie sich geküsst? Fünf Sekunden? Höchstens. Viel zu lange. Zählte das überhaupt? Hatte er es genossen? Sollte er Saskia beichten? Erklären, dass es nichts bedeutete, dass der Alkohol Schuld sei. Und was war mit Madison? Würde sie ihn verstehen? Oder beleidigt sein, die Freundschaft aufkündigen? Ihn verachten? Sams Gedanken kreisten. Reinen Tisch machen und die Dinge beim Namen nennen.
»Tut mir leid, Madison. Die Zeiten haben sich geändert. Ich habe mich geändert. Wir sind Freunde und das sollten wir auch bleiben. Zuviel Zeit ist inzwischen vergangen. Und ich …«
Sam suchte krampfhaft nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht.
Eine scheinbare Ewigkeit blickten sich Sam und Madison schweigend an.
»Was ist Newton? Kommst du nun, oder was?«, hallte Jakes Stimme durch die Nacht und zerriss die unangenehme Stille zwischen Sam und Madison.
Isaac, der immer noch oberkörperfrei am Ufer stand und seine Freunde betrachtete, hatte beschlossen, dass es sich als Priester nicht geziemte mit Freunden nackt zu baden. Ihm wurde bewusst, dass, wenn es auch nicht seine erste Wahl gewesen war, das Priesteramt ihm wohl wichtig genug war, um sich an die damit verbundenen Regeln zu halten. Eine davon hieß Keuschheit, und Isaac bezweifelte, dass nachts im Wald nackt herum zu stolzieren ihr förderlich gewesen wäre. Vielleicht keine Sünde, aber immerhin ein Vergehen. Wenn auch nur ein kleines. Vielleicht hatten seine Eltern ja recht damit gehabt, dass seine Bestimmung im Priestertum lag.
Seine Freunde planschten im Wasser wie kleine Kinder. Isaac lächelte. Er wusste nicht, dass ihre Vergangenheit sie bald einholen würde. Als dunkle Bedrohung lauerte sie hinter den Bäumen darauf zuzuschlagen. Genau in diesem Moment.
Die anderen kamen nach einer halben Stunde wieder aus dem Wasser und trockneten ihre nackten, nassen Körper über dem Feuer. Nachdem sie alle einigermaßen wieder trocken waren, putzten sie den Dreck von ihren Gewändern und zogen sie wieder an. Es war frisch.
»Mein Kleid kann ich wohl vergessen«, sagte Madison und betrachtete den zerknitterten, staubigen Stoff.
»Ihr hättet ruhig noch ein Weilchen nackt bleiben können, Ladies.«
»Ja klar, Jake. Das würde dir so gefallen«, sagte Madison und warf Sam einen Blick zu, der vor Peinlichkeit nur so sprühte. Sam bemerkte den Blick und nickte, um ihr zu verstehen zu geben, dass alles zwischen ihnen in Ordnung war.
So gut es ging fegten sie den Schmutz um die Feuerstelle herum weg und setzten sich im Kreis rund um das wohlige Lagerfeuer, das etwas Hypnotisierendes an sich hatte.
»Das tat gut, oder?«, sagte Joshua. Gedankenverloren rieb er sich seinen Arm. Er schmerzte ein wenig.
»Was ist mit deinem Arm? Alles in Ordnung?« Sam bemerkte die Fingerabdrücke an Joshuas Unterarm. Es sah aus, als hätte ihn dort jemand brutal gepackt.
»Hattest du eine Schlägerei? Zeig mal her.« Jake drehte den Arm seines Freundes und hielt ihn gegen das flackernde Licht des Feuers.
»Was zum Henker?«, entfuhr es ihm, als die Abdrücke plötzlich dunkelrot wurden. Sie leuchteten beinahe. Wie fluoreszierende Glyphen.
Alle rückten näher an Joshua heran und betrachteten voller Erstaunen die Abdrücke, die jetzt aussahen, als wären sie in das Fleisch gebrannt worden.
»Das ist die Geschichte, die ich euch erzählen wollte. Vorhin.«
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