Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
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»Madison. Komm hier rein und bring die Sauerei hier in Ordnung, hörst du?« Lilly Franklins schrille Stimme. Sam wäre um ein Haar mit dem Kinn gegen den Lattenzaun geschlagen, weil er so erschrak. Er ließ den Zaun los und landete im von seiner Pisse aufgeweichten Erdreich. Na toll, gab es etwas Ekelhafteres? Sam fluchte leise.
»Ich muss rein. Wir sehen uns später«, sagte Madison.
»Geht klar«, antwortete Sam und hob seinen rechten Fuß aus der nassen Erde. Es gab ein schmatzendes Geräusch und nasse Erdklumpen blieben an seiner Sohle kleben. Igitt. So gut es ging putzte er sich die Füße im Gras ab.
Der Tag fängt ja gut an, dachte Sam und begutachtete seine Fußsohlen. Nicht gerade sauber, aber besser bekam er es nicht hin. Es würde schon reichen, um keine allzu große Sauerei auf den Böden seiner Mutter anzurichten.
Er trabte zurück zum Haus, versuchte sein Glück erfolglos an der Türmatte und ging hinein.
Sein Dad stand in der Küche, die leere Kaffeetasse in der Rechten, und musterte ihn von oben bis unten. Sam stand nur mit der Unterhosen bekleidet und dreckigen Füßen zwischen Tür und Angel und sagte: »Morgen, Dad.«
Dad runzelte die Stirn. »Will ich es wissen?«, sagte er und goss sich frischen Kaffee in seine monströse Tasse, die gut und gerne einen halben Liter fasste und für jeden außer ihm selbst tabu war.
Sam hörte sich in Gedanken sagen: »Ich hab mir nur fast in die Hosen gepinkelt, weil du so lange auf dem Thron gesessen bist und da hab ich mir gedacht, ich pinkle in den Holunderbusch von Mom.« Er schüttelte den Kopf.
»Du solltest dir die Füße waschen gehen, bevor deine Mutter das sieht und einen Anfall bekommt.«
Sam nickte.
»Willst du Speck und Eier?«
»Ja, Dad. Das wäre großartig.«
Es gab nur wenige Tage im Jahr, an denen Joe Coleman Frühstück machte. Independence Day war einer davon. Ansonsten gehörten noch der Memorial Day und der Veterans Day dazu. An ihrem Hochzeitstag hingegen rührte sein Dad keinen Finger.
Er zeigte die Liebe zu seiner Familie halt auf seine Weise. Statt zu sagen, dass er sie liebte, bereitete er ihnen eben dreimal im Jahr ein herzhaftes Frühstück. Das konnte zwar Zuneigungsbekundungen nicht restlos ersetzen, aber die Eier mit Speck seines Dads waren wirklich köstlich. Ein Gericht, das es wert war, sich darauf zu freuen. Vor allem, da er es ohnehin so selten zubereitete.
»Gut, dann mach ich uns welche. Dauert nur zehn Minuten.« Den barschen Ton hatte Joe Coleman noch aus seiner Zeit als Zugführer in Vietnam zurückbehalten und manchmal behandelte er auch seine Familie, als wären sie sein ehemaliges in Hanoi stationiertes Platoon.
Sams Dad gehörte nicht zu denjenigen, die jemals zugegeben hätten, in einen ungerechtfertigten Krieg gezogen zu sein. Er hatte es als seine Pflicht angesehen, seine Heimat und andere freie Länder vor dem Kommunismus zu schützen. Seiner Meinung nach war Freiheit kein selbstverständliches Gut, sondern musste hart erkämpft und verteidigt werden. Auch mit Waffengewalt, wenn nötig. Und in Vietnam war es nötig gewesen. Aber das Töten hatte ihm keinen Spaß gemacht, er war nur davon überzeugt, das Richtige zu tun.
Sam liebte den Independence Day wegen dem Feuerwerk und der Parade, sein Vater weil er ein Patriot war. Dieser Tag ehrte all jene, die für die Freiheit ihr Leben gegeben hatten. Ein Opfer, das niemals vergessen werden durfte.
Manchmal, vor allem dann, wenn er etwas getrunken hatte, erzählte Joe Coleman seinem Sohn wie es damals gewesen war, als er sein Platoon durch die grüne Hölle, wie er Vietnam selbst immer nannte, führte. Ohne Aussicht auf Erfolg.
Bei einem Tempel tief im Dschungel war er verwundet worden. Zwei Schüsse ins Bein, und ein Schrapnell blieb in seinem Helm stecken. Beinahe hätte es ihn erwischt, nur ordinäres Glück hatte ihn gerettet. Aber die Freiheit war das Risiko wert gewesen. Wenn man Überzeugungen hatte, musste man auch für sie eintreten. Für sein Land kämpfen zu dürfen, erachtete Sams Dad als ehrenhafte Aufgabe.
Für Freiheit zu kämpfen war in der Familie Coleman eine Art Tradition. Sams Großvater hatte im Zweiten Weltkrieg gekämpft, angeblich im selben Regiment wie der alte Farmer Jasper Sampson, und half mit Europa zu befreien. Sein Urgroßvater, hatte im Ersten Weltkrieg gefochten. Einer seiner Ahnen, nach dem Sam auch benannt war, soll sogar an der Seite von General Custer am Little Big Horn gekämpft haben. Sam hatte
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