Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
hatte keine Beweise und habe sie bis heute nicht. Halte dich von ihm fern, habe ich immer zu meinem Sohn Bart gesagt. Komm diesem alten Bastard nicht zu nahe. Wenigstens mein eigenes Kind konnte ich somit retten.«
Callahan schloss für einen Moment die Augen.
»In Flagstaff ging einst der Teufel um, Kinder.« Seine Stimme war nichts weiter als ein Flüstern. Geradeso als hätte er Angst, wenn er lauter sprechen würde, könne ihn der Teufel hören, von dem er gerade sprach.
Der Wind toste und ließ die Jalousien klapperten.
»Ich bin froh, dass ich die Beete noch zugedeckt habe«, sagte der alte Mann.
Sam wollte ihn gerade daran erinnern, nicht den Faden zu verlieren, als der Alte die Hände vor der Brust faltete und sich zurückrutschen ließ. Dann begann er mit seiner Geschichte.
Kapitel 39
Wahre Legenden
»Es war Ende der Sechziger. Weiß nicht mehr, ob es Achtundsechzig oder Neunundsechzig war. Keine Ahnung. Elvis Presley hat jedenfalls noch gelebt. Elly ist total auf den Jungen abgefahren. Ich konnte nichts mit ihm anfangen. War mir zu wild, zu obszön. Jedenfalls war da die Sache mit dem kleinen Jungen. Wie war doch gleich sein Name ... Olson, Paulsen ... irgendetwas skandinavisches, soviel ich noch weiß. Ha, Emmit Molson, genau, das war sein Name. Ein netter Junge. Kam Anfang Sechzig mit seinen Eltern nach Flagstaff. Ursprünglich waren sie irgendwo aus dem Norden. Maine, Baltimore, irgend so ein Yankee-Staat. Wie es früher üblich war - wir hatten ja alle miteinander kein Geld, auch ich nicht, obwohl ich gerade den Sprung vom Deputy zum Sheriff geschafft hatte - mussten sich alle über Wasser halten. Jeder hatte nicht so viel Glück, reiche Eltern zu haben. Der kleine Molson ganz bestimmt nicht. Hat den Farmern geholfen. Bei der Ernte, Kühe melken, Maschinen reinigen und lauter so Sachen. Was man halt so macht auf einer Farm. Die Farmer konnten es sich leisten, hatten damals genug Geld. Alle Farmer beschäftigten Arbeiter, so weit ich weiß. Besonders in der Erntezeit. Ryan Eden, Buster Kerrington, Jonesy Bradock und natürlich auch Jasper Sampson. Früher hätte man es Sklaverei genannt. War schon ungerecht mit wie wenig die Farmer ihre Hilfsarbeiter abgespeist haben. Aber es war nun mal gang und gäbe, und die Arbeiter waren froh, überhaupt ein paar Cents zu verdienen.
Emmit Molson arbeitete für Jasper Sampson. Sampson war damals schon ein wenig merkwürdig. Ein richtiger Eigenbrötler, das könnt ihr mir glauben. Es hat mich noch gewundert, dass der Alte jemand auf seiner Farm duldete und dass überhaupt jemand für ihn arbeiten wollte. Das mit dem Schrapnell stimmt übrigens. Jasper Sampson war tatsächlich in Europa stationiert und kämpfte gegen die Nazis. Er soll einmal - ich weiß nicht ob es stimmt, mein alter Herr hat es mir erzählt - ein richtig netter Kerl gewesen sein. Das war, bevor er in den Krieg zog. Er hatte sogar eine Frau. Aber die verließ ihn, als er irgendwann nach der Kapitulation Deutschlands zurückkehrte. Sie meinte, er habe sich verändert. Das ist nicht weiter ungewöhnlich. Die Grausamkeiten des Krieges bringen bei den meisten Veränderungen mit sich. Aber bei Sampson war das anders. Mit der Zeit genoss er das Töten und Abschlachten, fand Gefallen am Quälen der feindlichen Soldaten. Ein richtiger Sadist. Wie gesagt, ich weiß nicht, ob das stimmt. Vorstellen kann ich mir es aber allemal. Wo war ich noch? Ach ja ... ich schweife manchmal ab. Jedenfalls arbeitete der kleine Molson für Sampson. Seine Mutter sollte später erzählen, dass er manchmal nach der Arbeit verstört von der Farm nach Hause kam. Aus dem lebensfrohen jungen Kind wurde mit der Zeit ein verängstigter Bursche. Mich hat es nicht sonderlich gewundert, da ich Sampson ja kannte und wusste, dass er mit Menschen nicht sonderlich gut umgehen konnte.
Und dann war er eines Tages verschwunden. Emmit Molson, meine ich. Er ging zur Arbeit und tauchte nicht wieder auf. Natürlich war die ganze Stadt in heller Aufregung, wie ihr euch vorstellen könnt. Wenn in New York City oder Chicago, oder einer anderen Großstadt jemand spurlos verschwindet, dann ist das nicht außergewöhnlich. Doch in einer kleinen Stadt wie Flagstaff schon. Der Junge konnte nicht weit sein, dachten wir zumindest anfänglich. Also stellte ich Suchtrupps zusammen, klapperte selbst die Gegend ab, durchstöberte jedes Feld, durchsuchte jede verdammte Farm in der Umgebung. Natürlich lag mein
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