Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
Joshua grinsend.
»Gewesen«, besserte ihn der Alte aus.
»Das mag sein, aber Sie sind immer noch ein Ikone. Schon fast legendär. Aufrecht, ehrlich, unerbittlichen den Bösen gegenüber.« Sam schmierte dem alten Herrn soviel Honig ums Maul, dass er dessen Lippen schon süßlich glänzen glaubte.
Callahan lachte, laut und ehrlich erfreut über die Komplimente. »Jetzt übertreib bloß mal nicht, Junge. Also, wie kann ich dir bei deinem Buch helfen?«
»Na ja, ich dachte, sie könnten mir ein bisschen von ihrer Arbeit erzählen. Sie wissen schon, die aufregenden Sachen. Verhaftungen, Razzien, … Morde. Etwas mit realem Hintergrund. Es heißt doch, dass die besten Geschichten das Leben schreibt, nicht?«
Callahan nickte. Der Junge würde schon wissen, wovon er redete.
»Und hast du dabei an etwas Bestimmtes gedacht?« Die müden Augen des Alten blickten stechend, als er sich neugierig vorbeugte und die Arme auf die Oberschenkel legte.
Einmal Sheriff, immer Sheriff, dachte Sam. Neugierde und Misstrauen gehören wohl zu diesem Job, wie die Angel zum Fischer.
»Es sind doch vor einigen Jahren auf mysteriöse Art und Weise Kinder in Flagstaff verschwunden, richtig?«
Der Alte sah ihn schweigend an.
Bingo, dachte Sam. Er weiß genau, was ich meine.
»Sir? Ist da etwas Wahres dran? Ich meine, wir können uns noch erinnern, dass Luke Smitsky verschwunden ist. Er war ein Junge aus unserer Schule und mir ist zu Ohren gekommen, dass er das letzte der verschwundenen Kinder gewesen ist. Nach ihm hat es aufgehört. Stimmt das?«
Noch immer sah ihn der Sheriff scharfsinnig, aber schweigend an.
Sam fühlte sich unwohl und konnte sich nicht des Eindrucks verwehren Sheriff Callahan würde sie jeden Moment unter Wutgebrüll aus seinem Haus jagen. Doch zu seiner Überraschung ergriff George Callahan den Krug Eistee und goss ihnen allen noch mal nach.
Während er das tat, seufzte er und sagte: »Das wird eine lange Geschichte. Da ist es besser ihr habt ausreichend zu trinken. Er stellte den Krug ab. »Ich weiß nicht, wer deine Quelle ist, mein Junge. Und ich will es auch gar nicht wissen.« Er hielt inne, als wartete er darauf, dass Sam ihm den Namen doch verrate. »Es ist eine lange Geschichte, daher solltest du dir besser Notizen machen. Oder machen das Schreiberlinge heutzutage nicht mehr?«
Sam kramte in seiner Jackeninnentasche und holte Notizheft und Stift hervor. Natürlich, wie konnte er nur so blöd sein. Wenn schon vortäuschen, dann richtig.
Sam konnte keine Erklärung dafür finden, warum sich der Sheriff so mitteilsam gab. Vielleicht war es die Freude, dass seine Person den Protagonisten in einem Roman spielen sollte. Vielleicht wollte er sich auch alles nur von der Seele reden. Vielleicht genoss er einfach die Gesellschaft. Es war ohnehin egal, Hauptsache sie kamen zu Informationen.
»Wisst ihr, in meinem Alter fängt man an über den Tod nachzudenken. Man fragt sich was wohl danach kommt. Das Paradies?« Callahans Blick blieb an Isaac hängen. Er stellte ihm eine stumme Frage, doch Isaac vermochte sie nicht zu beantworten. Daher nickte er bloß nichts sagend. Callahan fuhr fort. »Ich denke, dass es das Paradies gibt. Doch manche von uns enden auf der anderen Seite. Der Hölle. Und wiederum andere trotzen Gott, dem Teufel und selbst dem Tod.«
Ein Blitz schoss in einer gezackten Linie aus den Wolken hernieder, zerschnitt die Dunkelheit wie ein gleißender Dolch, und beleuchtete das von Falten durchzogene und von Wind und Wetter gegerbte Gesicht des alten Sheriffs.
»Ich muss an das Paradies, den Himmel glauben. Und ich hoffe, dass ich eines Tages Elly dort wiedersehen werde. Aber vor allem hoffe ich, dass Gott mir dafür vergibt, dass ich diese Kinder nicht retten konnte. Ich habe es nicht geschafft.« Sein Kinn sackte gegen das Brustbein und in einer bedauerlichen Geste schüttelte er den Kopf. Als schäme er sich zutiefst für sein Versagen.
Sam und die anderen warfen sich fragende Blicke zu.
»Sheriff Callahan, Sie glauben an ein Verbrechen, nicht wahr? Was wissen Sie, was wir nicht wissen?«, fragte Sam und musste beim letzten Donnerschlag seine Stimme heben. Der Regen peitschte nun unablässig gegen die Fensterscheiben.
»Denkt ihr, die Kinder wären einfach so verschwunden? Glaubt ihr wirklich, das war eine Reihe von Unfällen? Herrgott, das passiert vielleicht in einer Metropole wie New York, doch nicht in einem Kuhdorf wie Flagstaff. Ich weiß, wer diese Kinder entführt hat. Doch ich
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