Dark Thrill - Zwei Romane in einem Band: Sommergeheimnisse/Idylle (German Edition)
direkt in die Augen (waren das tatsächlich Augen?), nur allzu gut. Das ist unmöglich, du alter Narr, und das weißt du genau.
Noch während Arthur gebannt darauf starrte, war ein leises Summen zu hören, welches anstieg zu einem einz igen schrillen, ohrenbetäubendem Kreischen. Ein paar vereinzelte Bienen, die sich nicht als Bildhauer einer Teufelsfratze betätigten, kreisten um die Blüten des Baumes.
„Bienen stechen nicht einfach so. Hast du eine ang efasst?“ Oliver versuchte ruhig zu bleiben.
Kevin verzog weinerlich das Gesicht und schüttelte den Kopf. Melanie hielt ihn immer noch im Arm und wippte ihn, immerzu Beruhigungsworte flüsternd. Das Bild, das die beiden boten, erinnerte an eine Mutter, die ihr Kind in den Schlaf wiegen wollte.
Das Summen wurde lauter. Sallingers alte Ohren schienen dem Platzen nahe. Der Lärm bohrte sich mit spitzen Nadeln in sein Gehirn, quälender Schmerz umschloss seinen Verstand. Aber der schrille Ton war nicht der Grund seines Entsetzens. Es war etwas in dem Ton, etwas, das davon transportiert wurde. Ein lautes, höhnisches Lachen. Sallinger presste die Hände auf seine Ohren und verzog schmerzverzerrt das Gesicht.
Die Bienen wurden immer zahlreicher, mehr als in e inem einzelnen Bienestock Platz gefunden hätten. Eine riesige schwarze Wolke aus Milliarden Einzeltieren steuerte wie ein einziges lebendes Wesen auf sie zu.
„Los! Alle ins Haus. Schnell“, schrie Arthur. Seine Stimme wurde förmlich von dem Geräusch verschluckt. Es war als umzingelte der Schwarm die Worte, umschloss sie mit den kleinen haarigen Körpern und zerriss sie in unve rständliche Fetzen.
„Du lieber Himmel. Das darf doch nicht wahr sein.“ Oliver konnte nicht glauben, was er sah. Der Biene nschwarm ging zum Angriff über. Sallinger zerrte ihn und Melanie am Arm. Er gab ein erstaunliches Tempo vor. Schnell flüchteten sie in die Sicherheit des Hauses.
Die Bienen stoppten abrupt vor dem Fliegengitter. Doch anstatt abzudrehen, verharrten sie an der Stelle. Und lauerten. Minutenlang. Dann zogen sie ab.
Diesen Eindruck jedenfalls hatten Oliver, Melanie, Kevin und Arthur.
„Was zum Henker war das denn?“, keuchte Oliver.
„Keine Ahnung, Nachbar. Aber normal ist das nicht. Die Bienen hierzulande sind üblicherweise äußerst friedli ebend. So etwas wie das eben hab ich noch nie erlebt.“
Du weißt, dass das keine Bienen waren.
Melanie setzte Kevin ab. Sallinger kniete sich zu ihm hinunter.
„Zeig mal deine Hand her, Kleiner.“
Akribisch genau betrachtete der alte Mann Kevins Zeigefinger.
„Ah, da ist ja der Stachel. Siehst du? Ich werde ihn nun herausziehen. Keine Angst, du wirst nichts spüren“
Mit einer erstaunlich geschickten Bewegung zog Arthur mit seinen schwieligen Fingern den Stachel aus dem Finger.
„Hier ist er. Hat gar nicht weh getan, oder?“
Kevin war erstaunt. Es hatte kein bisschen weh getan. Wie der alte Mann versprochen hatte.
„Geben Sie ihm etwas Essig drauf und kühlen Sie den Finger“, wies Sallinger Melanie an, die sich daraufhin gleich an die Arbeit machte.
„Es wird bald dunkel, dann verschwinden die Biester. Morgen komme ich mit einem Hausmittelchen und wir räuchern sie aus.“
Oliver nickte zustimmend. Je früher desto besser, dac hte er.
Der Tag war für alle anstrengend gewesen. Vor allem aber für Kevin. Kurz nachdem Sallinger gegangen war, schlief er ein. Seinen einbandagierten Finger hatte er, bis ihn der Schlaf übermannt hatte, nicht losgelassen. Oliver brachte ihn zu Bett und schlief kurze Zeit später selbst vor dem Fernseher ein.
Melanie grinste, deckte ihren Mann zu. Jetzt hatte sie Zeit für sich. Sie ging ins Bad, ließ die Wanne vollaufen. Ihr Körper war verspannt. Wohliger Duft von Jasmin erfül lte das Badezimmer und löste augenblicklich Entspannung in ihrem ganzen Körper aus. Melanie zog sich die verschwitzte Kleidung aus. Vorsichtig testete sie die Temperatur des Schaumbades. Ihre Zehen zuckten reflexartig zurück, doch nach kurzer Eingewöhnungsphase stieg sie in die Wanne und glitt in das wohlig warme Wasser. Sie schloss die Augen, ließ sich berauschen von den dampfenden Aromaschwaden, als sie plötzlich eine Stimme vernahm. Kevins Stimme.
Interessiert lauschte sie, doch durch die fast geschlo ssene Tür konnte sie nur Gebrabbel verstehen. Erneut schloss sie die Augen. Wahrscheinlich sprach er im Traum, dachte sie.
Was war das? Eine zweite Stimme? Bildete sie sich das nur ein, oder führte ihr schlafender Sohn
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